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Ihr wisst sehr gut, meine Kinder, dass unsere apostolische Arbeit keine spezialisierte Zielsetzung hat: Sie hat alle Spezialisierungen[5], denn sie wurzelt in der Verschiedenheit der Spezialisierungen des menschlichen Lebens selbst. Sie veredelt alle Dienste, die Menschen füreinander im Gefüge der menschlichen Gesellschaft leisten, erhebt sie zur übernatürlichen Ordnung und verwandelt sie in echte Arbeit an den Seelen.

In den letzten Jahrhunderten haben die Mitglieder der aktiven Orden in ihrem Bemühen, sich der Welt – wenn auch immer von außen her – zu nähern, versucht, ihr Apostolat zu spezialisieren und bestimmten menschlichen Aufgabenbereichen wie der Erziehung, Wohltätigkeit usw. christlichen Geist einzuhauchen. Das war eine verdienstvolle Arbeit, wenn sie auch oft nicht so sehr zum Ziel hatte, die eigene Berufung der Ordensleute auszugestalten oder zum Ausdruck zu bringen, als vielmehr den Mangel an Initiative seitens der katholischen Bürger wettzumachen. Vielleicht weil ihre christliche Bildung vernachlässigt worden war, fühlten sich diese nicht verantwortlich, die zeitlichen Einrichtungen zu verchristlichen.

Doch sahen sich die Ordensleute in dieser Bemühung – die für ihre Berufung nicht spezifisch ist, sondern durch die sie für andere einspringen –, auf der Suche nach der Spezialisierung also, eingeschränkt; denn es gibt viele menschliche Bereiche, die zwar edel und rein, mit dem Ordensstand aber gänzlich unvereinbar sind, weil dessen hauptsächliche Sendung darin besteht, der Welt – von der sie sich heiligmäßig getrennt haben – das Zeugnis ihres geweihten Lebens darzubieten. Zudem verdrängt der Laizismus in letzter Zeit in vielen, auch katholischen Ländern die Ordensleute aus den Schulen und Wohltätigkeitseinrichtungen oder schränkt zumindest ihre nicht ausschließlich religiösen Tätigkeiten ein.

Mit dem Apostolat des Werkes ergreifen nun die Laien, ohne in irgendeiner Weise für andere einzuspringen,[6] im vollen Bewusstsein ihrer Verantwortung von dem spezifischen Feld Besitz, das ihnen Gott als Ort ihrer Sendung in der Kirche zugewiesen hat, und sie widmen sich einem Apostolat, dessen Möglichkeiten der Spezialisierung nahezu unabsehbar sind. Denn zum einen fallen diese mit der ganzen Bandbreite der menschlichen Arbeit und ihren sozialen Funktionen zusammen, und zum anderen ist dieses Apostolat, ohne Bewegungseinschränkung, für alle Strukturveränderungen offen, die sich im Laufe der Zeit im Gesellschaftssystem ergeben können.

Ich komme jetzt nicht umhin zu erwägen, dass es sehr schwierig ist, dass die Ordensleute eine säkulare und gewöhnliche Berufung zur Arbeit verspüren – hätten sie diese gehabt, wären sie nicht Ordensleute –; und dass ihre Ausbildung für eine berufliche Arbeit schwierig, teuer, aufgesetzt und künstlich ist. Ich denke, dass nur relativ wenige von ihnen unter diesen Umständen das durchschnittliche Berufsniveau der allgemeinen Bevölkerung erreichen könnten.

[5] „sie hat alle Spezialisierungen“: Im Bereich des Laienapostolats wurde jahrelang debattiert, ob es besser ist, sich an das zentralisierte und traditionelle Modell der Katholischen Aktion zu halten, das auf die Mitarbeit der Laien an den pfarrlichen Aktivitäten abzielt, oder ob ein „spezialisiertes“ Modell vorzuziehen ist, das die Beteiligung des aktiven Katholiken an den gesellschaftlichen Problemen seiner Umgebung im Auge hat. Für das Opus Dei ist nach den Aussagen seines Gründers jede anständige Arbeit oder Tätigkeit Werkzeug des Apostolats, weshalb das Opus Dei „alle Spezialisierungen“ des Lebens selbst kennt. (Anm. d. Hrsg.)

[6] „ohne in irgendeiner Weise einzuspringen“: Der Autor möchte darauf aufmerksam machen, dass das Apostolat der Laien des Opus Dei in der Welt ihre „Sendung in der Kirche“ ist, der sie, wie er im nächsten Absatz sagen wird, durch ihre „säkulare und gewöhnliche berufliche Berufung“ nachkommen. Es verdrängt nicht das Apostolat, das die Ordensleute auf selbstlose Weise in der Welt verrichten – der heilige Josefmaria erhielt selbst den Impuls, sich Gott ganz hinzugeben, anlässlich des heroischen Beispiels eines Ordensmanns –, noch betrachtet es sich als besser; es ist schlicht und einfach verschieden, denn es beruht nicht auf einer Berufung zum geweihten Leben, sondern auf der Taufe, durch die Gott alle dazu bestimmt, missionarische Jünger Christi zu sein. (Anm. d. Hrsg.)

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