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Macht euch klar, meine Kinder, dass wir keinem Beruf und keiner gesellschaftlichen Stellung den anderen gegenüber einen Vorrang einräumen[3]. Der Wert, auf den es uns – ohne Diskriminierungen, ohne Klassendenken – in ihnen allen ankommt, ist ihr Dienst an der Gemeinschaft. Deshalb schätzen und würdigen wir selbst jene beruflichen Tätigkeiten, die in den Augen einiger Menschen wenig gesellschaftliches Prestige haben. Alle diese Arbeiten tragen zum zeitlichen Wohl der gesamten Menschheit bei und, wenn sie mit Vollkommenheit und aus einem übernatürlichen Beweggrund heraus verrichtet werden – wenn sie auf eine übernatürliche Ebene gehoben werden –, auch zum göttlichen Werk der Erlösung; sie fördern die Geschwisterlichkeit unter allen Menschen und stärken ihr Bewusstsein, Mitglieder der großen Familie der Kinder Gottes zu sein.

Wir nehmen niemanden von seinem Platz weg. Dort, unter den Umständen, unter welchen er den Ruf Gottes vernommen hat, soll sich jeder heiligen und seine eigene Umgebung heiligen, die menschliche Parzelle, der er sich verbunden fühlt und die sein Dasein in der Welt rechtfertigt. Auch darin denken wir wie die ersten Christen.

Erinnert euch an die Worte, die Paulus an die Christen von Korinth richtete: Jeder soll in dem Stand bleiben, in dem er berufen wurde. Wenn du zur Knechtschaft berufen wurdest, soll dich das nicht bedrücken; auch wenn du frei werden kannst, nütze lieber deine Knechtschaft aus![4] Denn wer im Herrn als Knecht berufen wurde, ist Freigelassener des Herrn. Ebenso ist einer, der als Freier berufen wurde, Knecht Christi. Um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Macht euch nicht zu Sklaven der Menschen! Brüder, jeder soll vor Gott in dem Stand bleiben, in dem er von Ihm berufen wurde.31

[3] „dass wir keinem Beruf und keiner gesellschaftlichen Stellung den anderen gegenüber einen Vorrang einräumen“: Es ist richtig, dass der heilige Josefmaria als ein spezifisches Ziel des Opus Dei – wegen der Rückwirkung auf die übrige Gesellschaft – den christlichen Einfluss auf die „Intellektuellen“ genannt hat, womit er vor allem Journalisten, Politiker oder Lehrbeauftragte an den Universitäten meinte. Daneben zeigt sich aber bereits in den ältesten Dokumenten, die wir besitzen, sein Bestreben, Arbeiter, Angestellte, Künstler, Krankenschwestern usw. zu erreichen, also Personen aller Berufe und gesellschaftlichen Positionen, unter denen er Menschen finden wird, die bereit sind, sich dem Opus Dei anzuschließen. In seinen Aufzeichnungen, Nr. 373 vom 3.11.1931, liest man: „Mit Gottes Hilfe und der Billigung des Beichtvaters werde ich versuchen, bald eine kleine eigene Gruppe von ausgewählten Arbeitern zu versammeln.“ (Anm. des Hrsg.)

[4] „auch wenn du frei werden kannst, nütze lieber deine Knechtschaft aus“: Eine andere mögliche Lesart, die auch die deutsche Einheitsübersetzung (2016) bietet, lautet: aber wenn du frei werden kannst, mach lieber Gebrauch davon. (Anm. d. Hrsg. und d. Übers.)

Anmerkungen
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1 Kor 7,20-24.

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