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Es gibt 5 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Übernatürliches Leben, Leben aus dem Glauben → Lebensplan.

Die Gegenwart Gottes suchen

Inneres Leben. Heiligkeit in den gewöhnlichen Aufgaben, Heiligkeit in den kleinen Dingen, Heiligkeit in der beruflichen Arbeit, in den Sorgen eines jeden Tages… Heiligkeit, damit wir andere heiligen können. Ich kenne jemanden - und doch kenne ich ihn eigentlich bis heute noch nicht richtig -, der einmal träumte, er flöge mit einem Flugzeug in großer Höhe, aber er befand sich nicht in der Kabine, sondern draußen, auf einer der Tragflächen hockend. Wie schauderte es ihn, welche Angst stand der Ärmste aus! Es war, als wollte der Herr ihm klarmachen, daß es so den Menschen mit apostolischem Drang ergeht, die kein inneres Leben haben oder es vernachlässigen, dabei aber den Höhenflug ins Göttliche wagen: schwankend und verstört, voll Ungewißheit, gequält und ständig der Gefahr des Absturzes ausgesetzt.

Genau so, scheint mir, ist es tatsächlich: Die Gefahr, in die Irre zu geraten, ist groß für die, die sich der Tat an sich verschreiben - dem Aktivismus - und die dabei die Hilfen verschmähen, die ihre Frömmigkeit festigen müßten: den regelmäßigen Empfang der Sakramente, das betrachtende Gebet, die Gewissenserforschung, die geistliche Lesung, den vertrauten Umgang mit der Mutter Gottes und mit den heiligen Schutzengeln… All das verhilft außerdem dazu, ja ist geradezu unersetzlich, um den Alltag eines Christen liebenswert zu machen: aus dem inneren Reichtum fließen dann Milde und Frieden Gottes wie Honig aus der Wabe.

Ob in der Intimität des Persönlichen oder im Handeln nach außen, ob im Umgang mit den anderen oder in der eigenen Arbeit: jeder muß bestrebt sein, sich ständig in der Gegenwart Gottes zu erhalten und das Gespräch - den Dialog - mit Ihm zu pflegen; nach außen bleibt diese Zwiesprache unhörbar, weil sie sich nicht im gesprochenen Wort artikuliert, aber dennoch wird sie wahrnehmbar in der Art, wie wir unsere Aufgaben, mögen sie groß oder klein sein, erfüllen: ausdauernd, liebevoll, gewissenhaft. Mangelte es uns an solcher Zähigkeit, so wäre das ein Zeichen dafür, daß wir unsere Gotteskindschaft wenig konsequent lebten und die Chancen verspielten, die Gott uns in seiner Vorsehung bietet, um uns zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Alters Christi (Eph 4,13)gelangen zu lassen.

Während des spanischen Bürgerkrieges habe ich viel reisen müssen, um zahlreiche junge Menschen an der Front priesterlich zu betreuen. Einmal hörte ich, in der Nähe von Teruel, Gesprächsfetzen aus einem Schützengraben, die sich mir tief eingeprägt haben. Ein junger Soldat sagte von einem anderen, der anscheinend etwas unentschlossen und kleinmütig war: Der ist nicht aus einem Guß! Traurig wäre es, könnte man auch von uns zu Recht sagen, wir wären halbherzig: Menschen also, die einerseits versichern, sie möchten echte Christen sein und sich wirklich heiligen, und die andererseits die Mittel dazu verschmähen, da sie sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht immer wieder in kindlicher Liebe Gott zuwenden. Stünde es mit dir und mit mir so, dann wären auch wir keine Christen aus einem Guß.

Lebensplan

Wenn ihr darüber nachdenkt, wie unsere Frömmigkeit jetzt ist, wie sie sein sollte, und in welcher Hinsicht wir unseren persönlichen Umgang mit Gott vertiefen müßten, dann werdet ihr - vorausgesetzt, ihr habt mich richtig verstanden - der Versuchung widerstehen, über großartige Taten zu phantasieren; ihr entdeckt dann, daß der Herr sich damit zufrieden gibt, wenn wir Ihm immer wieder kleine Erweise der Liebe darbringen.

Bemühe dich darum, immer einen Lebensplan einzuhalten: einige Minuten des stillen Gebetes; die heilige Messe - wenn möglich jeden Tag - und die häufige Kommunion; der regelmäßige Empfang des heiligen Sakraments der Versöhnung, auch wenn du dir keiner schweren Schuld bewußt bist; der Besuch beim Herrn, der im Tabernakel gegenwärtig ist; das Beten und Betrachten der Rosenkranzgeheimnisse, und viele andere gute Übungen, die du schon kennst oder die du lernen kannst.

Sie dürfen freilich nicht zu starren Regeln oder in sich abgeschlossenen Schubfächern werden. Sie zeigen dir einen Weg, der deiner Situation als Mensch in der Welt gemäß ist und sich deiner anstrengenden beruflichen Arbeit, deinen Standespflichten, deinen gesellschaftlichen Verpflichtungen anpaßt; denn all diese Aufgaben darfst du nicht vernachlässigen, weil sich in ihnen deine Begegnung mit Gott fortsetzt. Dein Lebensplan soll wie ein elastischer Gummihandschuh sein, der sich hauteng der jeweiligen Hand anschmiegt.

Mach dir auch klar, daß es nicht darum geht, vieles zu tun; beschränke dich, mit Großzügigkeit, auf die Aufgaben, die du - mit oder ohne Lust - jeden Tag wirklich erfüllen kannst. Dies wird dich, fast wie von selbst, zum beschaulichen Leben führen. Aus deiner Seele werden dann Stoßgebete, geistige Kommunionen, Akte der Liebe, des Dankes und der Sühne viel reicher hervorgehen, und zwar während der Zeit, die du der Erfüllung deiner Pflichten widmest: beim Telefonieren, beim Einsteigen in ein Verkehrsmittel, beim Schließen oder Öffnen einer Tür, im Vorbeigehen an einer Kirche, zu Beginn einer neuen Arbeit, während dieser, und später, wenn du sie abschließt; alles wirst du auf deinen Vater Gott beziehen.

Ruht in der Gotteskindschaft. Gott ist ein Vater voll von Zartgefühl und unendlicher Liebe. Nenne Ihn Vater oftmals während des Tages. Sage Ihm - du allein, in deinem Herzen -, daß du Ihn liebst, Ihn anbetest, daß du dich stolz und stark fühlst, weil du sein Sohn bist. All dies bildet ein authentisches Programm des inneren Lebens, das du dann durch die wenigen, aber, ich wiederhole es, beständigen Frömmigkeitsübungen im Umgang mit Gott auch tatsächlich erfüllen kannst. So machst du dir das Empfinden und das Betragen eines guten Kindes zu eigen.

Warnen muß ich dich noch vor der Gefahr der Routine, der Gewöhnung, denn sie ist wahrhaft das Grab der Frömmigkeit. Manchmal erscheint sie verkleidet als Ehrgeiz, Großtaten vollbringen zu wollen, indes man leichtfertig die Alltagspflichten vernachlässigt. Wenn du solche Einflüsterungen wahrnimmst, tritt aufrichtig vor den Herrn hin. Überlege, ob du dieses immer gleichbleibenden Kampfes nicht deshalb so überdrüssig bist, weil du Gott nicht suchtest; prüfe dich, ob mangelnde Großmut oder erlahmender Opfergeist zu einem Nachlassen in der beharrlichen Treue bei deiner Arbeit geführt haben. In einer solchen inneren Verfassung erscheinen Frömmigkeitsübungen, Abtötungen und apostolische Tätigkeiten, die nicht sofort Frucht bringen, als schrecklich nutzlos. Wir sind leer, und vielleicht fangen wir an, von neuen Plänen zu träumen, um die Stimme unseres Vaters im Himmel zu ersticken, die uneingeschränkte Treue verlangt. Mit einem größenwahnsinnigen Alptraum in der Seele haben wir keine Augen mehr für die einzig sichere Wirklichkeit, für den Weg, der uns zuverlässig und gerade zur Heiligkeit führt. Das ist ein klares Zeichen dafür, daß uns etwas abhanden gekommen ist: die übernatürliche Sicht, die Überzeugung, kleine Kinder zu sein, und die Gewißheit, daß unser Vater Wunder an uns wirken wird, wenn wir demütig von neuem anfangen.

Die rotgestrichenen Pflöcke

Ich muß oft an die Wegmarkierungen denken, die ich als Kind in den Bergen meiner Heimat gesehen habe. Es waren lange Holzpflöcke, meistens rot angestrichen. Damals erklärte man mir, daß sie den Wanderern sichere Orientierungspunkte gäben, um nicht vom Weg abzukommen, wenn der hohe Schnee die Pfade und Felder, Wälder und Weiden, Felsen und Schluchten bedeckt.

Auch im inneren Leben gibt es ähnliches: Frühling und Sommer, aber auch Winter, Tage ohne Sonne und mondlose Nächte. Wir dürfen nicht zulassen, daß unser Umgang mit dem Herrn von der augenblicklichen Laune oder von Gemütsschwankungen abhängig wird. Denn das wäre ein Zeichen von Egoismus und Bequemlichkeit, und selbstverständlich mit der Liebe unvereinbar.

Deshalb werden also einige Frömmigkeitsübungen, die - ohne Sentimentalität - in uns fest begründet, tief verwurzelt und der jeweiligen konkreten Situation angepaßt sind, bei Schnee und Sturm wie die rotgestrichenen Pflöcke unserem Weg die Richtung weisen, bis die Sonne wieder scheint, das Eis schmilzt und das Herz von neuem vibriert und brennt. Das Feuer war ja niemals erloschen; es war nur unter der Asche einer Zeit der Bewährung, nachlassenden Einsatzes oder geschwächten Opfergeistes verborgen.

Verzeichnis der Schriftstellen