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Es gibt 5 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Kreuz → das Kreuz Christi, Weg .

Der Weg des Christen

Wie durchsichtig ist doch die Lehre Jesu Christi! Wir wollen unserer Gewohnheit folgen und das Neue Testament aufschlagen, diesmal das elfte Kapitel des Matthäus-Evangeliums: Lernet von mir, denn ich bin sanft und demütig von Herzen (Mt 11,29). Begreifst du? Wir müssen von Ihm, von Jesus, lernen. Er ist das einzige Vorbild. Wenn du ohne zu stolpern und ohne vom Pfade abzuirren voranschreiten willst, genügt es, daß du den Weg gehst, den Er ging, daß du deine Füße in seine Fußstapfen setzt, dich in sein demütiges, geduldiges Herz hineintraust, daß du aus der Quelle seiner Gebote und seiner anziehenden Worte trinkst. Kurz, du mußt dich darum bemühen, mit Christus gleichförmig zu werden und unter den Menschen, deinen Brüdern, selbst ein anderer Christus zu sein.

Damit niemand sich etwas vormacht, wollen wir eine andere Stelle aus dem Matthäus-Evangelium betrachten: Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und so folge er mir (Mt 16,24). Der Weg Gottes ist ein Weg des Verzichtes, der Abtötung, der Hingabe, nicht aber ein Weg der Traurigkeit oder der Verzagtheit.

Blicke auf das Beispiel Christi, das Er uns gegeben hat, von der Krippe im Stall zu Bethlehem bis hin zu seinem Thron auf Golgotha. Sieh, wie selbstlos Er Entbehrungen auf sich nimmt: Hunger, Durst, Erschöpfung, Hitze, Müdigkeit, Mißhandlungen, Unverständnis, Tränen… (Vgl. Mt 4,1-11; Mt 8,20; Mt 8,24; Mt 12,1; Mt 21,18-19; Lk 2,6-7; Lk 4,15-30; Lk 11,53-54; Joh 4,6; Joh 11,33-35) - doch auch die Freude ist da, weil Er allen Menschen das Heil bringt. Ich wünschte sehr, du prägtest dir in Verstand und Herz die Aufforderung des heiligen Paulus an die Epheser ein, unverzagt den Schritten Christi zu folgen; ich möchte, daß du das oft betrachtest, um praktische Konsequenzen daraus zu ziehen. Paulus schreibt: Nehmt Gott zum Vorbild als seine geliebten Kinder. Wandelt in der Liebe, wie auch Christus euch geliebt und sich für uns als Opfergabe hingegeben hat, Gott zum lieblichen Wohlgeruch (Eph 5,1-2).

Jesus hat sich selbst hingegeben, Er wurde zu einem Sühnopfer aus Liebe. Und du, sein Jünger; du, zu einem Sohn Gottes auserwählt; du, um den Preis des Kreuzes erkauft - auch du mußt bereit sein, dich zu opfern. Deshalb darf unser Verhalten, einerlei in welcher konkreten Situation, niemals egoistisch, lahm, spießbürgerlich, leichtsinnig… oder blöde - entschuldige die etwas derbe Aufrichtigkeit - sein. Wenn du nur die Wertschätzung der Menschen erstrebst und nur den Wunsch hast, beliebt und angesehen zu sein, dann bist du vom Wege abgekommen ()Allein, die den rauhen, steilen und schmalen Weg der Drangsale gehen, werden in die Stadt der Heiligen eintreten und sich dort ausruhen und mit dem König in alle Ewigkeit herrschen (Pseudo-Makarius, Homiliae, 12, 5 (PG 34, 559]).

Du mußt dich aus freien Stücken für das Tragen des Kreuzes entscheiden. Sonst legst du nur ein Lippenbekenntnis zu Christus ab, das du mit deinen Taten Lügen strafst; so wirst du niemals mit dem Meister zu einem vertrauten Umgang voll wahrer Liebe gelangen. Wir Christen sollten uns ein für allemal vor Augen halten: wir sind Christus nicht nah, wenn wir es nicht fertigbringen, auf dieses ganze Knäuel unserer Launen, unserer Eitelkeit, unseres Wohlergehens, unserer Interessen spontan zu verzichten. Kein einziger Tag darf vergehen, den wir nicht mit der Gnade und dem Salz der Abtötung gewürzt hätten. Doch gib nicht der Vorstellung in dir Raum, du wärest dann zu einem glücklosen Dasein verurteilt; denn dein Glück wird recht armselig sein, wenn du nicht Selbstüberwindung lernst und dich von deinen Leidenschaften und Launen tyrannisieren läßt, statt aufrecht das Kreuz zu tragen.

Mir fällt da eine Erzählung ein, von einem Klassiker des spanischen Goldenen Jahrhunderts, die einige von euch wahrscheinlich schon bei anderen Betrachtungen gehört haben. Der Autor schildert einen Traum, den er hatte: Vor ihm öffnen sich zwei Wege; der eine ist breit und leicht begehbar, mit zahlreichen Wirtshäusern und einladenden Raststätten. Menschen zu Pferde oder in Kutschen ziehen auf ihm dahin, musizierend und lachend, albern lärmend. Es sind viele, sehr viele. Alle scheinen wie trunken von einem Rausch des Wohlgefühls, einem Rausch, der trügt und rasch verfliegt - denn jene Straße führt zu einem tiefen Abgrund. Das ist der Weg des verweltlichten Menschen, des unverbesserlichen Spießers. Diese Leute tragen eine Freude zur Schau, die sie gar nicht besitzen; unersättlich suchen sie neue Annehmlichkeiten und Vergnügungen. Schmerz, Verzicht und Opfer ängstigen sie. Vom Kreuz Christi wollen sie nichts wissen; das sei etwas für Verrückte. Aber die wirklichen Toren sind sie: Sklaven des Neids, der Schwelgerei, der Sinnlichkeit; am Ende kommen sie mit sich selbst nicht mehr zurecht und merken - wenn auch spät -, daß sie ihr irdisches und ihr ewiges Glück wegen ein paar fader Lappalien verscherzt haben. Der Herr mahnt uns: Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. Denn was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber dabei seine Seele verliert? (Mt 16,25-26)

Unser Träumer in der Novelle erblickt noch einen anderen Weg. Der geht in die entgegengesetzte Richtung und ist so schmal und steil, daß man auf ihm nicht reiten kann; zu Fuß klimmen die Wanderer langsam empor; mit heiterer Miene klettern sie über Felsengeröll und überqueren Stellen voller Disteln; hier und dort bleiben Kleidungsfetzen an den Dornen hängen, die manchmal sogar Wunden ins Fleisch reißen. Aber am Ende der Wanderung erwartet sie ein herrlicher Garten, das ewige Glück, der Himmel. Das ist der Weg der heiligmäßigen Menschen, die bereit sind, sich aus Liebe zu Christus zu demütigen und sich für die anderen zu opfern. Hier kennen die Wanderer keine Angst vor dem mühsamen Anstieg; sie tragen in Liebe ihr Kreuz, mag es auch schwer sein, weil sie wissen, daß sie trotz der drückenden Last aufrecht werden weitergehen können, denn ihre Stärke ist Christus.

Vielleicht hatten wir bis zu diesem Augenblick noch nicht den Drang empfunden, ganz nahe Christi Schritten zu folgen. Vielleicht hatten wir noch nicht wahrgenommen, daß wir unseren Verzicht im Kleinen mit seinem erlösenden Opfer verbinden können: als Sühne für unsere Sünden, für die Sünden der Menschen aller Zeiten, für das verderbliche Wirken des Teufels, der fortfährt, sich Gott mit seinem non serviam! ich will nicht dienen, zu widersetzen… Wie sollten wir es wagen, ohne Heuchelei zu rufen: Herr, mich schmerzen die Beleidigungen, die Deinem liebenswerten Herzen zugefügt werden, wenn wir es nicht über uns bringen, auf eine Kleinigkeit zu verzichten oder ein winziges Opfer zum Lobpreis der göttlichen Liebe darzubringen? Die Buße - sie ist Sühne - läßt uns den Weg der Hingabe und der Liebe schnellen Schrittes gehen: Hingabe, weil wir wiedergutmachen wollen, und Liebe, weil wir den anderen helfen wollen, so wie Christus uns geholfen hat.

Von nun an habt es eilig damit, zu lieben. Die Liebe wird Klage und Protest zum Schweigen bringen. Denn manchmal ertragen wir wohl die Widerwärtigkeiten, aber wir stöhnen und klagen über sie; und dabei vertun wir die Gnade Gottes und binden Ihm die Hände für sein weiteres Schenkenwollen. Hilarem enim datorem diligit Deus (2 Kor 9,7), Gott liebt den, der freudig gibt, den, der echt zu geben versteht, mit der Spontaneität eines liebenden Herzens und nicht mit dem Getue eines Menschen, der meint, er erweise durch seine Hingabe anderen einen Gefallen.

Wirf noch einmal einen Blick auf dein Leben zurück. Bitte um Vergebung für diese und jene Kleinigkeit - dein Gewissen hat sie ja sofort wahrgenommen: dafür, daß du deine Zunge nicht im Zaum gehalten hast; dafür, daß du deine Gedanken allzusehr nur um dich selbst kreisen läßt; dafür, daß du diesem voreiligen Urteil zugestimmt hast und dich nun unbehaglich und besorgt fühlst… Ihr könnt sehr glücklich sein! Der Herr will uns froh, will uns freudetrunken haben! Er will, daß auch wir die Wege der Freude gehen, die Er ging! Nur dann kommen wir uns bedauernswert vor, wenn wir unbedingt seinen Weg verlassen und dafür unsere Pfade des Egoismus und der Sinnlichkeit einschlagen wollen, oder wenn wir - viel schlimmer noch - den Weg der Heuchler wählen.

Der Christ muß authentisch, wahrhaft, aufrichtig in all seinen Werken sein. Sein Verhalten muß den Geist Christi durchscheinen lassen. Wenn überhaupt jemand in dieser Welt sich als konsequent erweisen soll, dann der Christ, denn ihm ist die befreiende, die heilswirkende Wahrheit anvertraut worden (Vgl. Lk 19,13), damit er diese Gabe fruchtbringend einsetzt (Vgl. Joh 8,32). Vielleicht fragt ihr: Vater, wie kann ich zu dieser Aufrichtigkeit des Lebens gelangen? Jesus Christus hat seiner Kirche alle notwendigen Mittel übergeben: Er hat uns beten gelehrt, uns den Umgang mit dem himmlischen Vater nahegebracht; Er hat uns seinen Geist gesandt, den Großen Unbekannten, der in unserer Seele wirkt; Er hat uns die Sakramente als sichtbare Zeichen der Gnade hinterlassen. Nutze diese Mittel. Vertiefe dein Frömmigkeitsleben. Bete jeden Tag. Und laß niemals das Kreuz Christi von deinen Schultern fallen, diese gern getragene Last.

Jesus selbst hat dich dazu aufgefordert, Ihm als ein guter Jünger zu folgen, damit du auf deinem Weg durch das Irdische den Frieden und die Freude säst, die die Welt nicht geben kann. Und dazu - ich wiederhole es - müssen wir ohne Angst vor dem Leben und ohne Angst vor dem Tod vorwärtsgehen, ohne dem Schmerz angstvoll auszuweichen, denn für einen Christen ist der Schmerz ein Mittel der Läuterung und eine Gelegenheit, im Rahmen des alltäglichen Geschehens seine Mitmenschen aufrichtig zu lieben.

Unsere Zeit ist abgelaufen. Mit dieser Betrachtung, die ich jetzt abschließe, habe ich versucht, deinen Geist anzuregen, damit du einige Vorsätze faßt, nicht viele, aber konkrete Vorsätze. Bedenke, daß Gott deine Freude will: Wenn du im Rahmen deiner Möglichkeiten dein Bestes tust, dann wirst du glücklich, sehr, sehr glücklich sein, auch wenn dir das Kreuz niemals fehlen wird. Aber das Kreuz ist kein Schafott mehr, sondern der Herrscherthron Jesu Christi. Neben unserem Herrn steht Maria, seine Mutter, die auch unsere Mutter ist. Sie möge dir die Kraft erwirken, die du brauchst, um entschlossen den Schritten ihres Sohnes zu folgen.