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Es gibt 2 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Asketischer Kampf, Kampf im inneren Leben → Wachsen in der Liebe.

Wie sich die Liebe ausdrückt

Mir gefällt das Wort, das der Heilige Geist durch den Propheten Isaias spricht: Discite benefacere (Jes 1,17), lernt Gutes tun. Ich pflege diesen Rat auf die verschiedenen Aspekte unseres inneren Kampfes zu beziehen, denn niemals kann man das christliche Leben als vollendet betrachten: das Wachsen in den Tugenden ist ja Frucht einer wirklichen Arbeit an sich selbst, Tag für Tag.

Im täglichen Leben, wie lernen wir da eigentlich, eine Arbeit zu verrichten? Zuerst fragen wir uns nach dem Ziel, das wir erreichen wollen, und nach den dazu erforderlichen Mittel; dann setzen wir diese Mittel ein, immer wieder, solange, bis wir jene aus eingefleischter Übung resultierende Leichtigkeit in unserem Tun erreichen. Und kaum sind wir soweit, entdecken wir auch schon andere, bis dahin uns unbekannte Aspekte; sie spornen uns an, weiter zu arbeiten und niemals aufzuhören.

Die Liebe zum Nächsten ist Ausdruck der Liebe zu Gott. Wenn wir uns daher bemühen, in dieser Tugend zu wachsen, dürfen wir uns keine Grenzen setzen: Ihn ohne Maß lieben ist das einzige Maß, das dem Herrn gegenüber gilt. Denn einerseits werden wir nie genug für alles danken können, was Er für uns getan hat; und andererseits offenbart sich seine Liebe zu den Geschöpfen eben als ein Übermaß, jenseits aller Berechnungen und Grenzen.

Uns alle, die wir bereit sind, die Seele seinem Wort zu öffnen, lehrt der Herr in der Bergpredigt das göttliche Gebot der Liebe. Gleichsam zusammenfassend, sagt Er am Schluß: Liebet eure Feinde, tut Gutes und leiht, ohne etwas zurückzuerwarten. Dann wird euer Lohn groß sein; denn auch Er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid also barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist (Lk 6,35-36).

Barmherzigkeit ist mehr als bloßes Mitleid: Sie ist Überfluß der Liebe und bringt Überfluß an Gerechtigkeit hervor. Der Barmherzige hat ein Herz, das feinfühlig empfindet und mit einer starken, opferbereiten, großzügigen Liebe antwortet. Paulus preist diese Liebe hoch: Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, die Liebe ist nicht eifersüchtig. Sie prahlt nicht, überhebt sich nicht, sie handelt nicht unschicklich, sucht nicht das Ihre, kennt keine Erbitterung, trägt das Böse nicht nach. Am Unrecht hat sie keinen Gefallen, mit der Wahrheit freut sie sich. Alles erträgt sie, alles glaubt sie, alles hofft sie, alles duldet sie (1 Kor 13,4-7).

Eine der ersten Ausdrucksformen der Liebe ist die Hinführung der Seele auf die Wege der Demut. Wenn uns in ehrlicher Selbsterkenntnis aufgeht, daß wir nichts sind; wenn wir begreifen, daß das armseligste Geschöpf, hätten wir die Hilfe Gottes nicht, besser wäre als wir; wenn wir uns zu allen Irrtümern und Verirrungen fähig wissen; wenn wir trotz des entschiedenen Kampfes gegen die Untreue die Sünde in uns erfahren - wie werden wir dann noch Böses von den anderen denken können, wie Fanatismus, Intoleranz oder Überheblichkeit in unserem Herzen aufkommen lassen?

Die Demut ist es, die uns sacht und wie selbstverständlich die beste Art des Umgangs mit unseren Mitmenschen lehrt: jeden verstehen, annehmen, entschuldigen; weder Spaltungen herbeiführen noch Schranken aufrichten, sondern - immer! - die Eintracht fördern. Nicht umsonst ist der starke Drang nach Frieden, nach Zusammenhalt und gegenseitiger Achtung der Rechte der Person tief im Menschen verwurzelt; so kann aus Rücksichtnehmen Brüderlichkeit werden, und hierin wird eine Spur des Wertvollsten im Menschen sichtbar: wenn wir alle Kinder Gottes sind, dann ist die Brüderlichkeit weder ein Schlagwort noch eine Utopie, sondern ein wohl schwieriges, aber erreichbares Ziel.

Den Spöttern, den Skeptikern, den Gleichgültigen und denen, die sich von der eigenen Feigheit bestimmen lassen, müssen wir Christen zeigen, daß eine solche Liebe möglich ist. Das mag bisweilen recht schwierig sein, denn der Mensch wurde frei erschaffen und er hat es in der Hand, sich in sinnloser Verbitterung gegen Gott aufzulehnen - aber möglich ist es; und nicht nur möglich, es ist eine notwendige Folge der Liebe Gottes und der Liebe zu Gott. Wenn du und ich wollen, dann will Christus auch. Und dann erkennen wir tiefer, wie fruchtbar der Schmerz, das Opfer und die uneigennützige Hingabe im täglichen Umgang miteinander sind.