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Es gibt 12 Nummer in «Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer» deren Stichwort lautet Opus Dei  → Angehörige.

Wenn vom Laienstand die Rede ist, wird die Bedeutung der Frau und damit die Rolle, die ihr in der Kirche zukommt, oft außer acht gelassen. Ebenso pflegt man von einem "sozialen Aufstieg der Frau" nur hinsichtlich ihrer Tätigkeit im öffentlichen Leben zu sprechen. Worin sehen Sie die Aufgabe der Frau in der Kirche und in der Welt?

Für mich gibt es keinen einsichtigen Grund, weshalb man bezüglich der Frau Unterscheidungen treffen sollte, wenn vom Laienstand, von seiner apostolischen Aufgabe, seinen Rechten, seinen Pflichten usw. die Rede ist. Alle Getauften, ob sie nun Männer oder Frauen sind, besitzen ohne Unterschied die gleiche Würde, Freiheit und Verantwortung der Kinder Gottes. Wie bereits der heilige Paulus die ersten Christen lehrte, besteht in der Kirche eine radikale und grundlegende Einheit: Quicumque enim in Christo baptizati estis, Christum induistis. Non est Judaeus, neque Graecus; non est servus, neque liber; non est masculus, neque femina (GaI 3,27-28); da gilt nicht mehr Jude oder Heide, nicht mehr Knecht oder Freier, nicht mehr Mann oder Frau.

Abgesehen von der juristischen Fähigkeit zum Empfang der heiligen Weihen - hier ist meiner Meinung nach aus vielen Gründen, auch aus Motiven des positiven göttlichen Rechts, eine Unterscheidung aufrechtzuerhalten - müssen der Frau in der Gesetzgebung, im inneren Leben und apostolischen Wirken der Kirche die gleichen Rechte und Pflichten zuerkannt werden wie dem Mann: das Recht also, Apostolat auszuüben, Vereinigungen zu gründen und zu leiten, das Recht, in allem, was das Wohl der Kirche anbelangt, verantwortungsbewußt ihre Meinung zu äußern usw. Theoretisch ist das zwar alles leicht zu bejahen, wenn man die klaren theologischen Gründe betrachtet, die dafür sprechen; ich weiß jedoch, daß man damit in der Praxis bei einer gewissen Mentalität noch auf erheblichen Widerstand stößt. So erinnere ich mich noch gut an das Staunen, ja an die Kritik mancher gegenüber dem Bemühen des Opus Dei, auch den Frauen, die dem weiblichen Zweig unserer Vereinigung angehören, den Erwerb von akademischen Graden in den theologischen Fächern zu ermöglichen. Heute dagegen versucht man uns hierin wie in so vielen anderen Dingen nachzuahmen.

Meiner Ansicht nach werden diese Widerstände und dieses Zögern jedoch nach und nach verschwinden. Denn letztlich geht es nur um die Erfassung des ekklesiologischen Sachverhalts, daß die Kirche eben nicht nur aus Priestern und Ordensleuten besteht, sondern daß auch die Laien - Männer und Frauen - Volk Gottes sind und kraft göttlichen Rechts eine eigenständige Aufgabe und Verantwortlichkeit besitzen.

Jedoch möchte ich noch zu bedenken geben, daß gerade die wesenhafte Gleichheit zwischen Mann und Frau Verständnis für ihre sich gegenseitig ergänzende Rolle im Dienst an der Kirche und am Fortschritt der Gesellschaft verlangt, denn schließlich hat Gott den Menschen nicht umsonst als Mann und Frau erschaffen. Diese Verschiedenheit darf man nicht in einem patriarchalischen Sinn verstehen, sondern muß sie in ihrer ganzen Tiefe, mit all ihren Schattierungen und Konsequenzen begreifen lernen. So wird der Mann von der Versuchung befreit, der Kirche und der Gesellschaft ein rein männliches Gepräge zu geben, und die Frau vor der Gefahr bewahrt, ihre Aufgabe im Volk Gottes und in der Welt nur darin zu sehen, auf gewisse Tätigkeiten Anspruch zu erheben, die bisher dem Mann vorbehalten waren, obwohl die Frau sie ebensogut wahrnehmen kann. Mir scheint also, daß sich sowohl der Mann als auch die Frau - indem sie sich gegenseitig ergänzen - ganz zu Recht als Hauptfiguren in der Heilsgeschichte betrachten müssen.

Könnten Sie die Hauptaufgabe und die Ziele des Opus Dei umreißen? Haben Sie sich in Ihren Vorstellungen über die Vereinigung an bestimmten Vorbildern orientiert? Oder ist das Opus Dei etwas Einzigartiges und vollständig Neues innerhalb der Kirche und des Christentums? Könnte man es mit den Orden und den Säkularinstituten vergleichen oder mit katholischen Vereinigungen wie der Holy Name Society, den Columbusrittern oder der Christophorus-Bewegung?

Das Opus Dei will bei Menschen aller Gesellschaftsschichten das Verlangen nach christlicher Vollkommenheit mitten in der Welt fördern. Es will den Menschen in der Welt - dem gewöhnlichen Menschen, dem Mann auf der Straße - helfen, ein konsequent christliches Leben zu führen, ohne daß er seine normale Lebensweise oder seine gewöhnliche Arbeit oder seine Pläne und Hoffnungen ändern müßte.

Deshalb kann man sagen, wie ich vor vielen Jahren schon einmal schrieb, daß das Opus Dei so alt und so jung ist wie das Evangelium. Es will die Christen an das herrliche Wort der Genesis erinnern, daß Gott den Menschen schuf, damit er arbeite. Uns hat das Beispiel Christi ergriffen, der fast die ganze Zeit seines irdischen Lebens als Handwerker in einem kleinen Dorf gearbeitet hat. Die Arbeit ist nicht allein einer der höchsten menschlichen Werte und das Mittel menschlicher Mitwirkung am Fortschritt der Gesellschaft, sie ist auch ein Weg der Heiligung.

Mit welchen anderen Organisationen könnten wir das Opus Dei vergleichen? Die Antwort ist nicht leicht. Wenn man nämlich Organisationen geistlicher Ausrichtung untereinander vergleichen will, so läuft man Gefahr, in Äußerlichkeiten oder in juristischen Kategorien steckenzubleiben und dabei das Wichtigste zu übersehen: den Geist, der jedem Wirken erst den Daseinsgrund und das Leben gibt.

Ich möchte lediglich sagen, daß das Opus Dei, um bei den von Ihnen genannten Organisationen zu bleiben, von den Orden und Säkularinstituten weit entfernt ist, dagegen Vereinigungen wie der Holy Name Society etwas näher kommt.

Das Opus Dei ist eine internationale Laienorganisation, zu der auch Weltpriester gehören, die allerdings eine kleine Minderheit im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitglieder bilden. Die Mitglieder des Opus Dei sind Menschen, die mitten in der Welt leben und dort ihrem Beruf nachgehen. Sie schließen sich dem Opus Dei an, nicht weil sie diese Arbeit verlassen möchten, sondern weil sie geistlichen Rückhalt suchen, um ihre gewöhnliche Arbeit heiligen zu können und sie zugleich in ein Mittel der eigenen Heiligung und in eine Hilfe für die Heiligung anderer zu verwandeln. Ihr Stand ändert sich nicht, sie bleiben ledig oder verheiratet, verwitwet oder im Priesterstande. Sie wollen vielmehr Gott und den Mitmenschen in ihrem eigenen Stande dienen. Im Opus Dei interessieren uns weder Gelübde noch Versprechen; von seinen Mitgliedern wird erwartet, daß sie sich bemühen, trotz aller menschlichen Unzulänglichkeiten und Fehler die natürlichen und christlichen Tugenden zu leben, weil sie sich als Kinder Gottes wissen.

Will man sich schon auf Vergleiche stützen, so ist das Opus Dei am ehesten zu verstehen, wenn man sich das Leben der ersten Christen vergegenwärtigt. Sie lebten ihre christliche Berufung mit uneingeschränkter Hingabe; sie suchten ernsthaft jene Vollkommenheit, zu der sie durch die einfache und erhabene Tatsache der Taufe gerufen waren. Äußerlich unterschieden sie sich nicht von den anderen Leuten. Die Mitglieder des Opus Dei sind normale Menschen, die einer normalen Arbeit nachgehen und in der Welt als das leben, was sie sind: als christliche Staatsbürger, die den Forderungen ihres Glaubens ganz entsprechen wollen.

Könnten Sie uns sagen, wie sich das Opus Dei seit seiner Gründung in seiner Ausprägung und in seinen Zielen entwickelt hat, in einem Zeitraum, in dem sich so vieles innerhalb der Kirche selbst geändert hat?

Vom ersten Augenblick an ist, wie ich Ihnen eben geschildert habe, das einzige Ziel des Opus Dei gewesen, dazu beizutragen, daß mitten in der Welt Männer und Frauen aller Rassen und Gesellschaftsschichten danach trachten, in ihrer gewöhnlichen Arbeit und durch diese Arbeit Gott und allen Menschen in Liebe zu dienen. Seit dem Anfang des Werkes im Jahre 1928 predige ich, daß die Heiligkeit keine Sache für Privilegierte ist, sondern daß alle Wege der Erde, alle Stände, alle Berufe, alle rechtschaffenen menschlichen Aufgaben Wege Gottes sein können. Diese Botschaft ist von großer Tragweite, und die Erfahrung im Leben des Werkes hat mir geholfen, sie immer tiefer in der Vielfalt ihrer Aspekte zu sehen und zu verstehen. Das Werk wurde klein geboren und wuchs dann ganz selbstverständlich Schritt für Schritt wie ein lebendiger Organismus, wie alles, was sich in der Geschichte entwickelt.

Aber sein Ziel und sein Daseinsgrund haben sich nicht geändert und werden sich nicht ändern, so sehr sich auch die Gesellschaft wandeln mag; denn die Botschaft des Opus Dei besagt ja gerade, daß man jede ehrliche Arbeit heiligen kann, ganz gleich, wie die jeweiligen Umstände sind. Heute gehören Menschen aus allen Berufen zum Werk: nicht nur Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure oder Künstler, sondern ebenso Maurer, Bergleute, Bauern; von Filmregisseuren und Düsenjägerpiloten bis zur ersten Mode-Friseuse sind alle Berufe vertreten. Zeitgemäß sein, Verständnis haben für die moderne Welt ist für die Mitglieder des Opus Dei etwas ganz Natürliches und sozusagen Instinktives; denn sie sind es ja, die zusammen mit ihren Mitbürgern, mit ihresgleichen, diese Welt gestalten und ihr ihre Modernität verleihen.

Da dies der Geist unseres Werkes ist, werden Sie verstehen, wie groß unsere Freude war, als das Konzil feierlich erklärte, daß die Kirche die Welt, in der sie lebt, ihren Fortschritt und ihre Entwicklung nicht ablehnt, sondern versteht und liebt. Außerdem ist es ein entscheidendes Merkmal jener Spiritualität, die die Mitglieder des Werkes seit fast vierzig Jahren zu leben sich bemühen, daß sie sich gleichzeitig der Kirche und dem Staat zugehörig wissen und daher jeder einzelne von ihnen in voller Freiheit seine persönliche Verantwortung als Christ und als Staatsbürger unverkürzt wahrnimmt.

Welche Unterschiede bestehen zwischen der Form, in der das Opus Dei als Vereinigung seine Aufgabe erfüllt, und der Art und Weise, in der die Mitglieder des Opus Dei als einzelne arbeiten? Was spricht zum Beispiel dafür, daß bestimmte Einrichtungen (etwa eine höhere Schule oder ein Tagungszentrum) von der Vereinigung betreut, andere hingegen (beispielsweise ein Verlag oder eine Firma) von Einzelpersonen betrieben werden?

Die Haupttätigkeit des Opus Dei besteht darin, seinen Mitgliedern und allen Menschen, die es wünschen, die notwendigen geistlichen Mittel an die Hand zu geben, damit sie als gute Christen inmitten der Welt leben können. Es macht sie vertraut mit der Lehre Christi und mit der Verkündigung der Kirche und verleiht ihnen eine Geisteshaltung, die sie dazu führt, aus Liebe zu Gott und im Dienste aller Menschen gut und wirksam zu arbeiten. Mit einem Wort, es geht darum, mit dem Christsein Ernst zu machen: mit allen in Aufgeschlossenheit zusammenzuleben, die legitime Freiheit aller zu achten und mit dafür zu sorgen, daß unsere Welt gerechter wird.

Jeder im Werk verdient sich seinen Lebensunterhalt und dient der Gesellschaft in dem Beruf, den er schon hatte, bevor er zum Opus Dei kam, und den er auch ausüben würde, wenn er nicht dem Opus Dei angehörte. So sind die einen Bergarbeiter, andere lehren in Schulen oder Universitäten, wieder andere sind Kaufleute oder Hausfrauen oder Sekretärinnen oder Bauern. Es gibt keine rechtschaffene menschliche Tätigkeit, die ein Mitglied des Opus Dei nicht ausüben könnte. Wer zum Beispiel vor seiner Zugehörigkeit zum Werk in einem Verlagshaus oder in einem Handelsgeschäft arbeitete, tut das hernach genauso. Und wenn jemand im Rahmen dieser seiner Arbeit oder weil er sich einer anderen zuwenden will, eine neue Stelle sucht oder etwa beschließt, mit Berufskollegen zusammen ein Unternehmen zu gründen, so ist das eine Angelegenheit, in der er selbst frei zu entscheiden hat; und für die Folgen seiner Entscheidung und die Ergebnisse seiner Arbeit hat er selbst einzustehen und sie persönlich zu verantworten.

Für die ganze Tätigkeit der Leiter des Opus Dei ist die sorgsame Achtung der beruflichen Freiheit der Mitglieder von derartig grundlegender Bedeutung, daß die Existenz des Werkes selbst davon abhängt; für alle ist es daher eine Selbstverständlichkeit, diesem lebenswichtigen Wesenszug unseres Geistes mit absoluter Treue zu entsprechen. Jeder kann beruflich überall dort arbeiten, wo er auch arbeiten würde, wenn er nicht vom Opus Dei wäre. Mit der beruflichen Arbeit eines einzelnen Mitgliedes haben weder das Opus Dei als solches noch die anderen Mitglieder etwas zu tun. Wozu die Mitglieder des Opus Dei sich verpflichten, wenn sie sich dem Werk anschließen, ist dies: keine Anstrengung zu scheuen, um in ihrer Arbeit und durch ihre Arbeit die christliche Vollkommenheit zu suchen und sich immer deutlicher bewußt zu werden, daß das Leben eines Christen Dienst an den Menschen sein muß.

Wie bereits gesagt, besteht die Hauptaufgabe des Werkes also darin, seinen Mitgliedern und allen Menschen, die es wünschen, christliche Bildung zu vermitteln. Außerdem entwickelt das Opus Dei einige korporative Tätigkeiten und Initiativen; durch sie will es beitragen zur Lösung der anstehenden gesellschaftlichen Probleme, für die der christliche Geist so reiche Möglichkeiten anbietet. Da das Opus Dei ausschließlich geistliche Ziele verfolgt, kann es sich bei diesen korporativen Initiativen nur um solche Tätigkeiten handeln, die eindeutig und unmittelbar einen christlichen Dienst, ein Apostolat darstellen. Absurd wäre die Vorstellung, das Opus Dei als solches könne sich etwa der Kohleförderung oder irgendeiner Art von Wirtschaftsunternehmen widmen. Alle seine korporativen Tätigkeiten haben einen unmittelbar apostolischen Inhalt: so zum Beispiel Fortbildungsschulen für Landarbeiter, ärztliche Hilfsstationen in unterentwickelten Gebieten oder in Entwicklungsländern, Bildungszentren zur sozialen Förderung der Frau. Es handelt sich also um Erziehungs- oder Wohlfahrtseinrichtungen, wie sie in der ganzen Welt von Vereinigungen der verschiedenen religiösen Bekenntnisse betrieben werden. Um solche Aufgaben zu verwirklichen, rechnen wir in erster Linie mit dem persönlichen Einsatz der Mitglieder, die sich gelegentlich diesen Initiativen hauptberuflich widmen. Eine erhebliche Bedeutung kommt aber auch der großzügigen Hilfe vieler anderer, sowohl Christen als auch Nichtchristen, zu. Die einen arbeiten aus religiösen Gründen mit, andere, die vielleicht das apostolische Ziel nicht teilen, sehen ein, daß diese Initiativen, die ohne Unterschied von Rasse, Religion oder Weltanschauung allen offenstehen, dem Wohl der Gesellschaft dienen und daher unterstützungs- und förderungswürdig sind2.

Berechtigt die Tatsache, daß es Mitglieder des Opus Dei in jedem gesellschaftlichen Milieu gibt und daß einige von ihnen in bedeutenden Unternehmen und einflußreichen Gruppen arbeiten oder sie leiten, zu der Annahme, das Opus Dei suche diese Tätigkeiten nach einem bestimmten politischen oder wirtschaftlichen Programm zu koordinieren?

Keinesfalls! Das Opus Dei engagiert sich nicht im geringsten in der Politik. Jedes Engagement für eine ideologische, kulturelle, wirtschaftliche oder politische Tendenz, Gruppierung oder Regierungsform ist ihm absolut fremd. Ich wiederhole: Seine Ziele sind ausschließlich geistlicher und apostolischer Natur. Von seinen Mitgliedern verlangt das Opus Dei nichts anderes, als daß sie sich als Christen verhalten und sich bemühen, ihr Leben nach dem Vorbild des Evangeliums auszurichten. In keiner Weise mischt sich das Opus Dei in die rein zeitlichen Belange ein.

Wenn jemand dies nicht versteht, dann vielleicht deshalb, weil er die persönliche Freiheit nicht begreift oder weil es ihm an Unterscheidungsvermögen fehlt, um die rein geistlichen Ziele, um deretwillen sich die Mitglieder des Opus Dei zusammenschließen, und das weite Feld menschlicher Betätigung - Wirtschaft, Politik, Kultur, Kunst, Philosophie usw. - auseinanderzuhalten. In diesen Bereichen genießen die Mitglieder des Opus Dei völlige Freiheit und arbeiten in eigener Verantwortung. Die Realität der individuellen Freiheit ist den Mitgliedern vom ersten Augenblick an, da sie zum Werk kommen, bekannt. Sollte einmal irgend jemand im Werk versuchen, auf andere Mitglieder Druck auszuüben, um ihnen seine eigene Meinung in politischen Fragen aufzudrängen oder sich ihrer um menschlicher Interessen willen zu bedienen, so würden sich die anderen dagegen auflehnen und ihn sofort ausschließen. Die Achtung vor der Freiheit der Mitglieder ist eine wesentliche Lebensbedingung des Opus Dei selbst. Ohne sie würde niemand zum Werk kommen. Mehr noch: Sollte es einmal - bisher ist es nie geschehen, es geschieht heute nicht, und mit der Hilfe Gottes wird es auch niemals geschehen -, sollte es also einmal zu einer Einmischung des Opus Dei in die Politik oder in irgendeinen anderen Bereich innerweltlicher Betätigung kommen, dann wäre ich selbst der erste Feind des Opus Dei.

In Spanien rühmt sich das Opus Dei, in allen Schichten der Bevölkerung vertreten zu sein. Gilt diese Behauptung auch für die übrige Welt, oder ist es richtig, daß in anderen Ländern die Mitglieder des Opus Dei vorwiegend aus den oberen Schichten stammen, aus den führenden Kreisen der Industrie, der Verwaltung, der Politik und der freien Berufe?

In Spanien und auf der ganzen Welt gehören dem Opus Dei Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft an: Männer, Frauen, Alte und Junge, Arbeiter und Industrielle, Beamte, Bauern, Vertreter der freien Berufe usw. Gott ist es, der ihnen die Berufung schenkt, und bei Gott gibt es kein Ansehen der Person. Aber das Opus Dei rühmt sich weder dieser Tatsache noch einer anderen. Ein apostolisches Werk wächst nicht dank menschlicher Anstrengung, sondern durch den Atem des Heiligen Geistes. In einer Vereinigung, die sich irdischen Zielen widmet, wäre es nur logisch, eindrucksvolle Statistiken über Zahl, Art und Qualifikation der Mitglieder zu veröffentlichen. Tatsächlich geschieht das bei Organisationen, die auf Prestige Wert legen. Wenn es aber um die Heiligung der Menschen geht, fördert eine solche Haltung nur den kollektiven Hochmut: Christus aber will die Demut des einzelnen und die der Gemeinschaft.

Manche Leser Ihres Buches "Der Weg" stoßen sich an dem Punkt 28: "Die Ehe ist für den Großteil des Heeres Christi, nicht aber für seinen Führungsstab." Bedeutet das eine Geringschätzung der Ehe, die dann dem Wunsch des Werkes, in der lebendigen Realität der modernen Welt gegenwärtig zu sein, widersprechen würde?

Lesen Sie den vorausgehenden Punkt im "Weg"! Dort steht, daß die Ehe eine göttliche Berufung ist. Das war um 1925 nicht oft zu hören. Den Schluß zu ziehen, zu dem Sie eben kamen, heißt meine Worte gründlich mißverstehen. Mit diesem Bild wollte ich genau das ausdrücken, was die Kirche immer über die Würde und den übernatürlichen Wert der apostolischen Ehelosigkeit gelehrt hat. Ich wollte dadurch gleichzeitig alle Christen daran erinnern, daß sie sich nach den Worten des heiligen Paulus als milites Christi, als Kämpfer Christi, fühlen müssen. Denn als Glieder des Volkes Gottes führen sie auf der Erde einen göttlichen Kampf für Verständnis, Frieden und Heiligkeit. In der ganzen Welt gibt es Tausende von Eheleuten, die zum Opus Dei gehören oder nach seinem Geiste leben. Sie alle wissen, daß ein Soldat in der gleichen Schlacht Auszeichnungen erwerben kann, in der der General feige geflohen ist.

Wie entwickelt sich das Opus Dei außerhalb Spaniens? Welchen Einfluß hat es in den Vereinigten Staaten, England, Italien usw.?

Dem Opus Dei gehören gegenwärtig Menschen aus achtundsechzig Ländern an. Sie arbeiten in allen amerikanischen und westeuropäischen Ländern und in einigen Ländern Afrikas, Asiens und Australiens. Der Einfluß des Opus Dei in all diesen Ländern ist geistlicher Natur .Er besteht wesentlich darin, daß wir allen, die sich bereit finden, zu helfen suchen, in ihrem Alltag tiefer den Geist des Evangeliums zu leben. Es sind Leute der verschiedensten Berufe und Milieus; angefangen bei den Bauern in abgelegenen Dörfern der Anden bis hin zu den Bankiers von der Wall Street. Ihnen allen zeigt das Opus Dei, daß ihre gewöhnliche Arbeit, sei sie nun menschlich bescheiden oder glanzvoll, einen großen Wert hat und ein sehr wirksames Mittel sein kann, um ihrer Liebe zu Gott und zu den Menschen in einem beständigen Dienst Gestalt zu geben. Es lehrt sie, alle Menschen zu lieben, ihre Freiheit zu achten, durch ihre in persönlicher Verantwortung verrichtete Arbeit Unverständnis und Intoleranz unter den Menschen überwinden zu helfen und sich für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen. Dies ist der einzige Einfluß des Opus Dei, wo immer es arbeitet.

Um noch kurz auf die sozialen und erzieherischen Initiativen einzugehen, die das Werk korporativ ins Leben ruft, ist festzuhalten, daß sie sich überall je nach den konkreten Gegebenheiten und gesellschaftlichen Notwendigkeiten richten. Über alle diese Tätigkeiten kann ich Ihnen keine Einzelheiten angeben, da unsere Organisation, wie ich schon vorher bemerkte, sehr dezentralisiert ist. Als ein Beispiel unter vielen könnte ich Midtown Sports and Cultural Center in Chicago erwähnen, das den Bewohnern des Viertels Near West Side Bildungs- und Sportprogramme bietet. Eine der Hauptaufgaben, die es sich gestellt hat, besteht darin, ein besseres gegenseitiges Verständnis und ein aufgeschlosseneres Zusammenleben der verschiedenen dort wohnenden Volksgruppen zu fördern. Interessant ist auch die Arbeit des Instituts The Heigths in Washington, wo Kurse zur Berufsorientierung, Spezialprogramme für besonders begabte Schüler und Studenten usw. durchgeführt werden.

In England könnte man die Arbeit der Studentenwohnheime hervorheben, die den Studenten nicht nur Wohnung, sondern zugleich reiche Möglichkeiten kultureller sowie menschlich-geistlicher Bildung anbieten. Seines internationalen Charakters wegen verdient Netherhall House in London besondere Beachtung. In diesem Studentenheim haben bisher Studenten aus mehr als fünfzig Ländern gewohnt. Viele von ihnen sind keine Christen, denn die Häuser des Opus Dei stehen offen für jedermann, ohne Unterschied von Rasse und Religion. Um diese Liste nicht noch zu verlängern, möchte ich nur noch das Centro Internazionale della Gioventu lavoratrice in Rom erwähnen. Dieses Berufsschulzentrum für junge Arbeiter wurde von Papst Johannes XXIII. dem Opus Dei anvertraut und vor einem knappen Jahr von Paul VI. eingeweiht.

Welche Aufgabe hat das Opus Dei bisher verwirklicht und welche verwirklicht es heute? In welcher Form arbeiten die Mitglieder mit anderen Vereinigungen auf diesem Gebiet zusammen?

Es steht mir nicht zu, ein historisches Urteil über das abzugeben, was das Opus Dei bisher mit der Gnade Gottes gewirkt hat. Ich möchte nur betonen, daß das ganze Bemühen des Opus Dei dahin geht, das Streben nach Heiligkeit und die Ausübung des Apostolates durch die Christen, die in der Welt leben, zu fördern, gleich welchem Stande oder Beruf sie angehören.

Diese Christen sind durch ihre familiären, freundschaftlichen und beruflichen Bande sowie durch ihr berechtigtes Streben in der Gesellschaft verwurzelt. Um zu dem Verständnis beizutragen, daß ihr Leben, so wie es ist, Anlaß zu einer Begegnung mit Christus, das heißt zu einem Weg der Heiligkeit und des Apostolates werden kann - dazu ist das Werk entstanden. Christus ist in jeder rechtschaffenen menschlichen Tätigkeit zugegen. Das Leben eines einfachen Christen, das manchem gewöhnlich und mittelmäßig vorkommen mag, kann und muß ein heiliges und heiligendes Leben sein.

Mit anderen Worten: Um Christus zu folgen, um der Kirche zu dienen, um den anderen Menschen zu helfen, daß sie ihre ewige Bestimmung erkennen, braucht man nicht die Welt zu verlassen oder sich von ihr zu entfernen. Es ist auch nicht nötig, sich einer kirchlichen Aufgabe zu widmen. Die notwendige und hinreichende Bedingung dafür ist, die Aufgaben, die Gott für jeden einzelnen vorgesehen hat, an der von Ihm gewollten Stelle und in der von Ihm bestimmten Umgebung zu erfüllen.

Da nun die Mehrzahl der Christen von Gott den Auftrag empfängt, die Welt von innen her zu heiligen und dabei in den zeitlichen Gegebenheiten zu verbleiben, hilft das Opus Dei ihnen, diesen göttlichen Auftrag zu entdecken, indem es ihnen zeigt, daß die menschliche Berufung - im Beruf, in der Familie und in der Gesellschaft - der übernatürlichen Berufung nicht entgegensteht, sondern ganz im Gegenteil deren fester Bestandteil ist.

Einzige und ausschließliche Aufgabe des Opus Dei ist die Verbreitung dieser Botschaft des Evangeliums unter allen Menschen, die in der Welt leben und arbeiten, gleich in welcher Umgebung und in welchem Beruf. Allen, die dieses Ideal der Heiligkeit verstehen, gibt das Werk die geistlichen Mittel und die lehrmäßige, asketische und apostolische Ausbildung, die notwendig sind, um es dann im eigenen Leben zu verwirklichen.

Die Mitglieder des Opus Dei handeln nicht gruppenweise, sondern einzeln, in persönlicher Freiheit und Verantwortung. Gerade aus diesem Grunde ist das Werk keine geschlossene Organisation, und es vereinigt in keiner Weise seine Mitglieder, um sie von den anderen Menschen abzukapseln. Die korporativen Werke, übrigens die einzigen Unternehmungen, die das Opus Dei leitet, stehen allen Menschen offen, ohne daß Unterschiede gesellschaftlicher, kultureller oder religiöser Art gemacht würden. Und gerade weil die Mitglieder sich in der Welt heiligen müssen, arbeiten sie mit allen Menschen zusammen, mit denen sie durch ihre Arbeit oder durch ihre Teilnahme am bürgerlichen Leben verbunden sind.

Wesentlicher Bestandteil des christlichen Geistes ist nicht allein die Einheit mit der Hierarchie - mit dem Papst und den Bischöfen -, sondern auch die Verbundenheit mit den übrigen Brüdern im Glauben. Seit langem bin ich der Meinung, daß eines der größten Übel der Kirche unserer Zeit in der Unkenntnis vieler Katholiken darüber besteht, was die Katholiken anderer Länder und anderer gesellschaftlicher Schichten denken und tun. Es tut not, diese Brüderlichkeit, die von den ersten Christen so tief gelebt wurde, wieder zu erneuern. Auf diese Weise werden wir uns vereint wissen und gleichzeitig die Vielfalt der persönlichen Berufungen lieben. Und so werden viele ungerechte und beleidigende Urteile vermieden werden, die bestimmte kleine Gruppen im Namen des Katholizismus gegen andere Glaubensbrüder verbreiten, die in ihrem Land unter den besonderen Umständen rechtschaffen und opferbereit handeln.

Es ist wichtig, daß jedermann dem an ihn ergangenen göttlichen Ruf treu zu folgen bemüht ist und so der Kirche die Früchte seines von Gott empfangenen Charismas nicht vorenthält. Die besondere Aufgabe der Mitglieder des Opus Dei, die gewöhnliche Christen sind, ist die Heiligung der Welt von innen her, indem sie an den verschiedensten menschlichen Tätigkeiten teilnehmen. Da ihre Zugehörigkeit zum Werk ihre Stellung in der Welt nicht ändert, beteiligen sie sich in der jeweils geeigneten Form an gemeinschaftlichen religiösen Feiern, am Leben der Pfarrei usw. Auch in dieser Hinsicht sind sie normale Bürger, die gute katholische Christen sein wollen.

In der Regel widmen sich die Mitglieder des Werkes allerdings nicht den konfessionellen Tätigkeiten. Nur in außergewöhnlichen Fällen und auf ausdrücklichen Wunsch der Hierarchie arbeitet das eine oder andere Mitglied des Werkes in kirchlichen Einrichtungen. Hinter dieser Haltung steckt weder der Wunsch, anders zu sein, und noch viel weniger eine Geringschätzung der konfessionellen Tätigkeiten. Es ist vielmehr ganz einfach der Entschluß, sich dem zu widmen, was der Berufung zum Opus Dei eigen ist. Es gibt ja viele Ordensleute und Kleriker und auch viele Laien, die diese Tätigkeiten voll Eifer betreiben und ihnen ihre ganze Kraft widmen.

Die besondere Aufgabe der Mitglieder des Opus Dei, zu der sie sich von Gott berufen wissen, ist anderer Art. Im Rahmen des allgemeinen Rufes zur Heiligkeit empfangen die Mitglieder des Opus Dei noch den besonderen Ruf, frei und selbstverantwortlich der Heiligkeit und dem Apostolat mitten in der Welt nachzugehen. Sie verpflichten sich dabei, nach einem spezifischen Geist zu leben und zeit ihres Lebens eine besondere Formung zu empfangen. Wenn die Mitglieder ihre Arbeit in der Welt vernachlässigten, um kirchlichen Arbeiten nachzugehen, würden sie die von Gott empfangenen Gaben brach liegen lassen. Durch den Trugschluß einer unmittelbaren seelsorglichen Wirksamkeit würden sie der Kirche tatsächlich einen Schaden zufügen; denn dann gäbe es weniger Christen, die sich der Heiligung in allen Berufen und Beschäftigungen der Gesellschaft auf dem unendlichen Feld der weltlichen Arbeit widmen würden.

Außerdem nimmt die Notwendigkeit einer dauernden Weiterbildung im Beruf und im Glauben neben der Zeit, die dem geistlichen Leben, dem Gebet und der opferbereiten Erfüllung der Standespflichten gewidmet ist, das ganze Leben in Anspruch; es gibt keine unausgefüllten Stunden.

Warum gibt es Priester in einer so betont laikaIen Vereinigung wie dem Opus Dei? Kann jedes Mitglied des Opus Dei Priester werden oder nur diejenigen, die die Leiter auswählen?

Die Berufung zum Opus Dei kann jeder empfangen, der sich in seinem eigenen Stand heiligen will, sei er nun ledig, verheiratet oder verwitwet, sei er Laie oder Kleriker.

Daher kommen zum Opus Dei auch Diözesanpriester, die dann weiterhin Diözesanpriester bleiben, denn das Werk hilft ihnen, durch die Heiligung ihrer alltäglichen Arbeit nach der christlichen Vollkommenheit in ihrem Stand zu streben. Diese Arbeit ist nun genau ihr priesterliches Amt im Dienst ihres Bischofs, der Diözese und der ganzen Kirche. Auch in ihrem Fall ändert die Zugehörigkeit zum Opus Dei nichts an ihrem Stand: Sie widmen sich weiterhin ganz den Aufgaben, die der Bischof ihnen anvertraut hat, und allen apostolischen Tätigkeiten, die ihnen obliegen, ohne daß sich das Werk je in diese Tätigkeiten einmischen würde; und sie heiligen sich, indem sie die Tugenden, die einem Priester eigen sind, so vollkommen wie möglich ausüben.

Außer den Priestern, die zum Opus Dei kommen, nachdem sie die Priesterweihe schon empfangen haben, gibt es im Werk andere Weltpriester, die das Sakrament der Priesterweihe empfangen, nachdem sie bereits dem Opus Dei zuvor als Laien, als normale Christen, angehörten. Es handelt sich dabei um eine sehr kleine Zahl im Vergleich zur Gesamtheit der Mitglieder, es sind weniger als zwei Prozent. Sie widmen sich in ihrem Priesteramt den apostolischen Zielen des Opus Dei und verzichten, je nachdem in stärkerem oder geringerem Maße, auf die Ausübung ihres früheren bürgerlichen Berufes. Es sind also Berufstätige, die zum Priestertum berufen werden, nachdem sie ihre Qualifikation als Arzt, Ingenieur, Schlosser, Landarbeiter, Lehrer, Journalist usw. erlangt haben und jahrelang beruflich tätig gewesen sind. Sie widmen sich obendrein gründlich und ohne Übereilung den kirchlichen Studien bis zur Erlangung eines Doktorgrades. Dabei büßen sie nicht jene Geisteshaltung ein, die durch ihren bürgerlichen Beruf vorgegeben war, so daß sie, wenn sie zum Priester geweiht werden, Ärzte und Priester, Rechtsanwälte und Priester, Arbeiter und Priester sind.

Sie sind für das Apostolat des Opus Dei notwendig. Dieses Apostolat wird, wie gesagt, hauptsächlich von Laien ausgeübt. Jedes Mitglied versucht in seiner eigenen beruflichen Umgebung apostolisch zu wirken und die Menschen Christus näherzubringen durch Beispiel und Wort: durch den Dialog. Doch im Apostolat, bei der Anleitung auf den Wegen des christlichen Lebens, stößt man auf die sakramentale Mauer. Die heiligende Aufgabe des Laien bedarf der heiligenden Aufgabe des Priesters, der das Sakrament der Buße spendet, die Eucharistie feiert und das Wort Gottes im Namen der Kirche verkündet. Und da das Apostolat des Opus Dei eine spezifische Spiritualität voraussetzt, ist es nötig, daß auch der Priester lebendiges Zeugnis von diesem besonderen Geiste ablegt.

Außer dem Dienst an den Mitgliedern des Werkes können diese Priester auch vielen anderen Menschen dienen, und sie tun es in der Tat. Der priesterliche Eifer, der ihr Leben prägt, soll sie dazu führen, daß jeder, der ihnen begegnet, etwas vom Licht Christi empfängt. Darüber hinaus drängt sie der Geist des Opus Dei, dem Gruppendenken und dergleichen fern liegt, sich eng und auf wirksame Weise mit ihren Brüdern, den anderen Weltpriestern, verbunden zu fühlen. In allen Diözesen, in denen sie wirken und tatkräftige Unterstützung leisten, fühlen sie sich als Diözesanpriester und sind es auch.

Ich möchte noch betonen, weil es sehr wichtig ist, daß sich die Berufung der Laien des Opus Dei, die die Priesterweihe empfangen, nicht ändert. Wenn sie in freier Entscheidung der Einladung der Leiter des Werkes folgen und Priester werden, tun sie es nicht in der Meinung, sie kämen auf diese Weise Gott näher oder sie könnten nun wirksamer nach der Heiligkeit streben. Sie wissen genau, daß die Berufung eines Laien in sich vollkommen ist und keiner Hinzufügung bedarf und daß die Hingabe an Gott im Opus Dei vom ersten Augenblick an ein deutlicher Weg zur Erlangung der christlichen Vollkommenheit ist. Die Priesterweihe ist daher keineswegs so etwas wie die "Krönung" der Berufung zum Opus Dei, sie ist ein Ruf, der an einige ergeht, damit sie auf eine neue Weise den anderen dienen. Im Werk gibt es keine zwei Klassen von Mitgliedern, etwa die Klasse der Laien und die der Priester. Sie alle sind und fühlen sich gleich, sie alle leben denselben Geist, nämlich den der Heiligung im eigenen Stand2.

Zusammen mit mir, einem sündigen Menschen, sind viele andere Christus nachgefolgt: Ein geringer Prozentsatz von Priestern, die früher als Laien im Berufsleben gestanden haben; dann eine große Zahl von Weltpriestern aus vielen Diözesen der ganzen Welt, die auf diese Weise ihren Gehorsam gegenüber dem zuständigen Bischof, ihre Liebe und die Wirksamkeit ihrer diözesanen Arbeit festigen und bekräftigen; sie halten die Arme weit geöffnet wie die Arme des Gekreuzigten, damit alle Menschen in ihrem Herzen Platz finden. Wie ich leben sie mitten in der Welt und mitten unter den Menschen, die sie lieben. Und schließlich jene große Schar von Männern und Frauen der verschiedenen Nationalitäten, Sprachen und Rassen, die - in der Mehrzahl verheiratet, viele andere unverheiratet - von ihrer beruflichen Arbeit leben und aktiv an der wichtigen Aufgabe mitarbeiten, die Gesellschaft menschlicher und gerechter zu machen. Seite an Seite mit ihren Mitmenschen gehen sie in persönlicher Verantwortung - ich betone es - ihrer täglichen Arbeit nach, haben Erfolge und Mißerfolge, bemühen sich, ihre Rechte und Pflichten in der Gesellschaft ernst zu nehmen. Sie betrachten sich nicht als etwas Besonderes, sondern verhalten sich, mit Natürlichkeit, wie jeder andere verantwortungsbewußte Christ, wie einer unter ihren Berufskollegen. Aber sie bemühen sich, jenes göttliche Leuchten zu entdecken, das selbst aus den ganz alltäglichen Wirklichkeiten hervorbricht.

Auch die Einrichtungen, die das Opus Die als Vereinigung unterhält, besitzen diese durch und durch säkularen, welthaften Merkmale. Es handelt sich nicht um kirchliche Unternehmungen, die im Namen und Auftrag der kirchlichen Hierarchie verwirklicht werden, sondern einfach um Stätten menschlicher, kultureller und sozialer Bildung, die von Laien ins Leben gerufen und geleitet werden, von Laien, die sich allerdings darum bemühen, in diesen Einrichtungen das Licht des Evangeliums und die Wärme der Liebe Christi zu verbreiten. So ist es zum Beispiel nicht Aufgabe des Opus Dei, noch wird es dies jemals sein, Priesterseminare zu leiten, in denen die Bischöfe, vom Heiligen Geist eingesetzt (Apg 20,28), ihre zukünftigen Priester ausbilden. Hingegen fördert das Opus Dei in der ganzen Welt Bildungszentren für Industrie und Landarbeiter, Grundschulen, Mittelschulen und Hochschulen, sowie vielfältige andere Einrichtungen, denn sein apostolisches Arbeitsfeld - so schrieb ich vor vielen Jahren - ist wie ein Meer ohne Ufer.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
2

Wie Msgr. Escrivá aufzeigt, entwickeln die Mitglieder des Opus Dei diese körperschaftlichen Tätigkeiten und Initiativen rein apostolischen Charakters zusammen mit anderen Personen. Die Prälatur Opus Dei ist ausschließlich für die religiöse und geistliche Betreuung verantwortlich; sie hat weder Eigentumsrechte an diesen Initiativen noch an den entsprechenden Vermögenswerten. Die Mitglieder des Opus Dei, die in diesen Einrichtungen arbeiten, tun dies in persönlicher Freiheit und Verantwortung und in Übereinstimmung mit den Gesetzen des jeweiligen Landes; sie erwerben dieselbe staatliche Anerkennung wie ähnliche Aktivitäten anderer Bürger.

Anmerkungen
2

Msgr. Escrivá spricht hier von zwei Formen, wie Weltpriester dem Opus Dei angehören können:

a) Sie gehen aus den Laienmitgliedern des Opus Dei hervor, werden vom Prälaten zum Priestertum berufen, sind in der Prälatur inkardiniert und bilden deren Presbyterium. Sie betreuen seelsorglich hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, die zum Opus Dei gehörenden Gläubigen. Mit ihnen zusammen widmen sie sich dem spezifischen apostolischen Bemühen, in allen Gesellschaftsschichten das Bewußtsein von der universalen Berufung zur Heiligkeit und zum Apostolat zu verbreiten (vgl. Einleitung).

b) Es können auch Weltpriester, die in einer Diözese inkardiniert sind, am geistlichen Leben des Opus Dei teilnehmen, wie Msgr. Escrivá zu Beginn dieser Antwort sagt. Sie schließen sich der Priesterlichen Gesellschaft vom Heiligen Kreuz an, die mit der Prälatur verbunden ist und deren Generalpräsident der Prälat des Opus Dei ist. Man vergleiche auch den Text der Einleitung, Seite 15, der diese priesterliche Vereinigung in der neuen kirchenrechtlichen Terminologie kurz erläutert. Diese Begrifflichkeit stand Msgr. Escrivá zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht zur Verfügung.

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