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Es gibt 12 Nummer in «Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer» deren Stichwort lautet Opus Dei  → korporative Apostolatswerke .

Aufgrund der Tatsache, daß Laien, die dem Opus Dei angehören, einflußreiche Stellungen in der spanischen Gesellschaft bekleiden, spricht man ab und zu von einem Einfluß des Opus Dei in Spanien. Könnten Sie uns erklären, worin dieser Einfluß besteht?

Mich stört alles, was irgendwie nach Eigenlob aussehen könnte. Andrerseits segnet der Herr so großzügig unsere Arbeit, daß ich meine, es wäre keine Demut, sondern Blindheit und Undankbarkeit ihm gegenüber, wollte man nicht anerkennen, daß das Opus Dei tatsächlich einen Einfluß in der spanischen Gesellschaft ausübt. Es ist selbstverständlich, daß das Opus Dei in den Ländern, in denen es schon seit vielen Jahren arbeitet, einen Einfluß mit sozialen Auswirkungen hat, der mit der fortschreitenden Ausbreitung der Arbeit parallel geht. Und in Spanien arbeitet das Opus Dei schon seit neununddreißig Jahren, denn es war der Wille Gottes, daß es dort entstand.

Welcher Art ist nun dieser Einfluß? Das Opus Dei ist eine Vereinigung mit rein religiöser und apostolischer Zielsetzung, und sein Einfluß kann daher - in Spanien genauso wie in allen anderen Ländern auf den fünf Kontinenten, in denen wir arbeiten - offensichtlich ebenfalls nur religiöser und apostolischer Natur sein. Ebenso wie die Kirche als Ganzes die Welt beseelt, so hat auch der Einfluß des Opus Dei auf die Gesellschaft keinen zeitlichen - etwa sozialen, politischen oder wirtschaftlichen - Charakter, wenngleich er natürlich auf die ethischen Aspekte allen menschlichen Tuns ausstrahlt. Dieser Einfluß gehört vielmehr einer anderen, höheren Ebene an, und er läßt sich am besten mit dem Wort Heiligung bezeichnen.

Und damit sind wir bei den Mitgliedern des Opus Dei, die Sie einflußreich nennen. Für eine Vereinigung mit politischer Zielsetzung sind diejenigen ihrer Mitglieder einflußreich, die einen Sitz im Parlament oder im Ministerrat einnehmen. Eine kulturelle Vereinigung wird diejenigen Mitglieder als einflußreich betrachten, die Philosophen von bedeutendem Ruf, Literaturpreisträger oder ähnliches sind. Wenn sich eine Vereinigung jedoch vornimmt, die gewöhnliche Arbeit, sei sie nun handwerklich oder intellektuell, zu heiligen - wie das beim Opus Dei der Fall ist -, dann muß sie offensichtlich alle ihre Mitglieder als einflußreich betrachten, weil alle arbeiten (im Opus Dei kommt der allgemeinen menschlichen Pflicht zur Arbeit eine besondere juristische und asketische Bedeutung zu) und weil sich alle bemühen, ihre Arbeit - welcher Art auch immer - heiligmäßig, mit christlicher Gesinnung und mit dem Streben nach Vollkommenheit, zu verrichten. Deshalb ist für mich das Zeugnis eines meiner Söhne, der Bergarbeiter ist, unter seinen Kollegen ebenso einflußreich, bedeutend und notwendig wie das Zeugnis des Rektors einer Universität unter den übrigen Professoren des akademischen Senats.

Woher stammt also der Einfluß des Opus Dei? Eine einfache soziologische Betrachtung macht das klar: Unserer Vereinigung gehören Menschen aller sozialen Schichten, Berufe, Altersstufen und Lebensstände an: Männer und Frauen, Kleriker und Laien, Alte und Junge, Ehelose und Verheiratete, Studenten, Arbeiter, Bauern, Angestellte, freiberuflich Tätige, Beamte usw. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, was für eine Ausstrahlungskraft des Christlichen von einem derart weiten und vielgestaltigen Personenkreis ausgeht, insbesondere wenn er mehrere zehntausend Menschen umfaßt, die - gleich in welchem sozialen Milieu sie sich bewegen - von demselben apostolischen Eifer beseelt sind, ihre Arbeit zu heiligen, sich in dieser Arbeit zu heiligen und andere durch die Arbeit zu heiligen?

Zu dem persönlichen Apostolat kommt die wachsende Zahl unserer apostolischen Einrichtungen hinzu: Studentenheime, Tagungshäuser, die Universität von Navarra, Bildungszentren für Arbeiter und Landwirte, technische Institute, Gymnasien, Hauswirtschaftsschulen usw. All diese Unternehmungen sind zweifellos Brennpunkte christlichen Geistes, von Laien ins Leben gerufen und geleitet. Dies ist ihre berufliche Arbeit als Staatsbürger, die ihren Berufskollegen in allem gleich sind. Solche Einrichtungen stehen Menschen aller sozialen Schichten offen und haben dazu beigetragen, daß weite Kreise der Gesellschaft sich deutlicher der Notwendigkeit bewußt werden, auf die Fragen von Arbeit und Beruf eine christliche Antwort zu geben.

All das verleiht dem Opus Dei in sozialer Hinsicht Gewicht und Bedeutung. Nicht darauf kommt es an, daß einige seiner Mitglieder menschlich gesehen einflußreiche Ämter bekleiden; dies interessiert uns nicht im geringsten und ist Sache der freien, persönlichen Entscheidung. Worauf es ankommt, ist, daß alle Mitglieder des Werkes - und dank der Güte Gottes sind es viele - sich einer Arbeit widmen, die, mag sie auch noch so bescheiden sein, in übernatürlicher Hinsicht einflußreich ist. Und das leuchtet ein, denn wer könnte etwa behaupten, daß der Einfluß der Kirche in den Vereinigten Staaten erst mit dem Tag begann, an dem der Katholik John F. Kennedy zum Präsidenten gewählt wurde?

Sie haben ab und zu gesagt, das Opus Dei sei eine "desorganisierte Organisation". Können Sie unseren Lesern den Sinn dieser Formulierung erklären?

Damit will ich sagen, daß für uns die persönliche apostolische Spontaneität und die freie und verantwortliche, vom Wirken des Heiligen Geistes geleitete Initiative von grundlegender und erstrangiger Bedeutung sind. Das ist uns wichtiger als durchstrukturierte Organisation, taktische Weisungen und Pläne von oben.

Ein Mindestmaß an Organisation besteht selbstverständlich: Es gibt eine zentrale Leitung mit Sitz in Rom, die immer kollegial ist, und in den einzelnen Ländern ebenfalls kollegial handelnde Leitungsorgane, an deren Spitze ein Consiliarius2 steht. Aber die gesamte Tätigkeit dieser Organe beschränkt sich praktisch darauf, den Mitgliedern des Werkes die notwendige geistliche Hilfe für ihr religiöses Leben sowie eine angemessene geistliche, theologische und menschliche Formung zu vermitteln. Dann aber gilt der Spruch: Enten ins Wasser!, den ich gern benutze: Christen, heiligt alle Wege der Menschen, denn alle sind gezeichnet von den Spuren Gottes.

An diesem Punkt hat die Vereinigung als solche ihre Aufgabe beendet, das heißt jene Tätigkeit, um deretwillen sich die Mitglieder des Opus Dei dem Werk anschließen. Sie braucht keine weitere Anweisung mehr zu geben, noch soll und darf sie das tun; denn hier beginnt das freie, eigenverantwortliche, persönliche Wirken jedes einzelnen Mitglieds. Jeder einzelne handelt mit apostolischer Spontaneität und absoluter persönlicher Freiheit und bildet sich, angesichts der konkreten Entscheidungen, die er zu treffen hat, vor seinem Gewissen sein unabhängiges, eigenständiges Urteil. Und indem er seine Berufsarbeit, sei sie nun intellektueller oder handwerklicher Art, zu heiligen sucht, bemüht er sich, nach der christlichen Vollkommenheit zu streben und in seiner Umgebung ein christliches Zeugnis zu geben. Wenn ein jeder in seinem weltlichen Lebensbereich und in den zeitlichen Angelegenheiten autonom seine persönlichen Entscheidungen trifft, ergeben sich selbstverständlich Unterschiede in den Ansichten, Handlungsweisen und Entscheidungen der verschiedenen Mitglieder, mit einem Wort: es resultiert jene gesegnete Desorganisation, ein gerechter und notwendiger Pluralismus, der für das Opus Dei ein Wesensmerkmal guten Geistes darstellt und mir immer als die einzig rechte und angemessene Auffassung vom Laienapostolat erschienen ist.

Diese desorganisierte Organisation zeigt sich sogar in den korporativen apostolischen Einrichtungen, die das Opus Dei mit der Absicht gründet, auch als Vereinigung christliche Lösungen für die drängenden Probleme der Gesellschaft in den verschiedenen Ländern anzubieten. Solche Tätigkeiten und Unternehmungen des Opus Dei haben immer eine unmittelbar apostolische Zielsetzung, das heißt, es handelt sich um Bildungs- oder sonstige Wohlfahrtseinrichtungen. Da aber unsere Arbeitsweise gerade darin besteht, von der Basis ausgehende Initiativen anzuregen, und da zudem die Umstände, Erfordernisse und Möglichkeiten in jedem Land und jedem sozialen Milieu anders geartet sind, überläßt es die zentrale Leitung des Werkes den Leitungsorganen in den einzelnen Ländern, die praktisch über eine absolute Autonomie verfügen, in eigener Verantwortung diejenigen konkreten apostolischen Unternehmungen zu organisieren und zu fördern, die ihnen angebracht erscheinen: Hochschulen oder Studentenheime, Sanitätsstationen oder Landwirtschaftsschulen. Als logisches Ergebnis haben wir ein buntes und abwechslungsreiches, eben organisiert desorganisiertes Mosaik von Tätigkeiten.

Welche Unterschiede bestehen zwischen der Form, in der das Opus Dei als Vereinigung seine Aufgabe erfüllt, und der Art und Weise, in der die Mitglieder des Opus Dei als einzelne arbeiten? Was spricht zum Beispiel dafür, daß bestimmte Einrichtungen (etwa eine höhere Schule oder ein Tagungszentrum) von der Vereinigung betreut, andere hingegen (beispielsweise ein Verlag oder eine Firma) von Einzelpersonen betrieben werden?

Die Haupttätigkeit des Opus Dei besteht darin, seinen Mitgliedern und allen Menschen, die es wünschen, die notwendigen geistlichen Mittel an die Hand zu geben, damit sie als gute Christen inmitten der Welt leben können. Es macht sie vertraut mit der Lehre Christi und mit der Verkündigung der Kirche und verleiht ihnen eine Geisteshaltung, die sie dazu führt, aus Liebe zu Gott und im Dienste aller Menschen gut und wirksam zu arbeiten. Mit einem Wort, es geht darum, mit dem Christsein Ernst zu machen: mit allen in Aufgeschlossenheit zusammenzuleben, die legitime Freiheit aller zu achten und mit dafür zu sorgen, daß unsere Welt gerechter wird.

Jeder im Werk verdient sich seinen Lebensunterhalt und dient der Gesellschaft in dem Beruf, den er schon hatte, bevor er zum Opus Dei kam, und den er auch ausüben würde, wenn er nicht dem Opus Dei angehörte. So sind die einen Bergarbeiter, andere lehren in Schulen oder Universitäten, wieder andere sind Kaufleute oder Hausfrauen oder Sekretärinnen oder Bauern. Es gibt keine rechtschaffene menschliche Tätigkeit, die ein Mitglied des Opus Dei nicht ausüben könnte. Wer zum Beispiel vor seiner Zugehörigkeit zum Werk in einem Verlagshaus oder in einem Handelsgeschäft arbeitete, tut das hernach genauso. Und wenn jemand im Rahmen dieser seiner Arbeit oder weil er sich einer anderen zuwenden will, eine neue Stelle sucht oder etwa beschließt, mit Berufskollegen zusammen ein Unternehmen zu gründen, so ist das eine Angelegenheit, in der er selbst frei zu entscheiden hat; und für die Folgen seiner Entscheidung und die Ergebnisse seiner Arbeit hat er selbst einzustehen und sie persönlich zu verantworten.

Für die ganze Tätigkeit der Leiter des Opus Dei ist die sorgsame Achtung der beruflichen Freiheit der Mitglieder von derartig grundlegender Bedeutung, daß die Existenz des Werkes selbst davon abhängt; für alle ist es daher eine Selbstverständlichkeit, diesem lebenswichtigen Wesenszug unseres Geistes mit absoluter Treue zu entsprechen. Jeder kann beruflich überall dort arbeiten, wo er auch arbeiten würde, wenn er nicht vom Opus Dei wäre. Mit der beruflichen Arbeit eines einzelnen Mitgliedes haben weder das Opus Dei als solches noch die anderen Mitglieder etwas zu tun. Wozu die Mitglieder des Opus Dei sich verpflichten, wenn sie sich dem Werk anschließen, ist dies: keine Anstrengung zu scheuen, um in ihrer Arbeit und durch ihre Arbeit die christliche Vollkommenheit zu suchen und sich immer deutlicher bewußt zu werden, daß das Leben eines Christen Dienst an den Menschen sein muß.

Wie bereits gesagt, besteht die Hauptaufgabe des Werkes also darin, seinen Mitgliedern und allen Menschen, die es wünschen, christliche Bildung zu vermitteln. Außerdem entwickelt das Opus Dei einige korporative Tätigkeiten und Initiativen; durch sie will es beitragen zur Lösung der anstehenden gesellschaftlichen Probleme, für die der christliche Geist so reiche Möglichkeiten anbietet. Da das Opus Dei ausschließlich geistliche Ziele verfolgt, kann es sich bei diesen korporativen Initiativen nur um solche Tätigkeiten handeln, die eindeutig und unmittelbar einen christlichen Dienst, ein Apostolat darstellen. Absurd wäre die Vorstellung, das Opus Dei als solches könne sich etwa der Kohleförderung oder irgendeiner Art von Wirtschaftsunternehmen widmen. Alle seine korporativen Tätigkeiten haben einen unmittelbar apostolischen Inhalt: so zum Beispiel Fortbildungsschulen für Landarbeiter, ärztliche Hilfsstationen in unterentwickelten Gebieten oder in Entwicklungsländern, Bildungszentren zur sozialen Förderung der Frau. Es handelt sich also um Erziehungs- oder Wohlfahrtseinrichtungen, wie sie in der ganzen Welt von Vereinigungen der verschiedenen religiösen Bekenntnisse betrieben werden. Um solche Aufgaben zu verwirklichen, rechnen wir in erster Linie mit dem persönlichen Einsatz der Mitglieder, die sich gelegentlich diesen Initiativen hauptberuflich widmen. Eine erhebliche Bedeutung kommt aber auch der großzügigen Hilfe vieler anderer, sowohl Christen als auch Nichtchristen, zu. Die einen arbeiten aus religiösen Gründen mit, andere, die vielleicht das apostolische Ziel nicht teilen, sehen ein, daß diese Initiativen, die ohne Unterschied von Rasse, Religion oder Weltanschauung allen offenstehen, dem Wohl der Gesellschaft dienen und daher unterstützungs- und förderungswürdig sind2.

Wie erklären Sie den beachtlichen Erfolg des Opus Dei und nach welchen Maßstäben messen Sie ihn?

Wenn eine Unternehmung auf das Übernatürliche ausgerichtet ist, dann bedeutet Erfolg oder Mißerfolg, so wie sie gewöhnlich aufgefaßt werden, recht wenig. Schon der heilige Paulus sagte zu den Christen von Korinth, daß es im geistlichen Leben nicht auf das Urteil der anderen, auch nicht auf das eigene, sondern nur auf das Urteil Gottes ankommt.

Gewiß ist das Werk heute in der ganzen Welt verbreitet. Ihm gehören Männer und Frauen aus rund siebzig Nationen an. Wenn ich an diese Tatsache denke, bin ich selbst überrascht. Ich finde keine menschliche Erklärung dafür; die einzige Erklärung ist für mich der Wille Gottes, denn der Geist weht, wo er will, und er bedient sich, wessen er will, um die Menschen zu heiligen. All das ist für mich Grund zur Danksagung, zur Demut und zur Bitte an Gott, ihm immer in der rechten Weise dienen zu können. Sie fragen mich auch, nach welchem Maßstab ich diese Dinge beurteile. Die Antwort ist sehr einfach: nach der Heiligkeit, nach den Früchten der Heiligkeit.

Das wichtigste Apostolat des Opus Dei ist dasjenige, das jedes Mitglied durch das Zeugnis seines Lebens und durch sein Wort im täglichen Umgang mit seinen Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen ausübt. Wer will da die übernatürliche Wirksamkeit dieses stillen und demütigen Apostolates messen? Das Beispiel eines loyalen und aufrichtigen Freundes oder der Einfluß einer guten Mutter in der Familie - so etwas kann in seiner Auswirkung kaum gemessen werden.

Aber vielleicht bezieht sich Ihre Frage mehr auf die korporativen Apostolate des Opus Dei, bei denen man die Ergebnisse von einem rein natürlichen, sozusagen technischen Standpunkt aus messen könnte: etwa ob eine Arbeiterfachschule tatsächlich dem sozialen Fortschritt derer dient, die sie besuchen, oder ob eine Universität ihren Studenten die angemessene berufliche und kulturelle Ausbildung gibt. Wenn ich Ihre Frage in diesem Sinne verstehen darf, dann möchte ich sagen, daß der Erfolg sich zum Teil dadurch erklären läßt, daß diejenigen, die in diesen apostolischen Einrichtungen arbeiten, darin ihre spezifische berufliche Aufgabe sehen, auf die sie sich entsprechend vorbereiten wie jeder, der etwas Ernsthaftes leisten will. Das bedeutet unter anderem, daß diese Initiativen nicht nach einem vorgefaßten Schema konzipiert werden, sondern daß man in jedem Fall die besonderen gesellschaftlichen Bedürfnisse des Landes oder der Gegend berücksichtigt, wo eine bestimmte Tätigkeit begonnen werden soll, um sie den wirklichen Erfordernissen anzupassen.

Aber ich betone nochmals, daß das Opus Dei sich nicht in erster Linie für die rein menschliche Wirksamkeit interessiert. Der wirkliche, ausschlaggebende Erfolg oder Mißerfolg dieser korporativen Werke - das menschliche Niveau immer vorausgesetzt - hängt entscheidend davon ab, ob jene, die in ihnen arbeiten, wie auch die, denen diese Arbeit zugute kommt, dort wirksam Hilfe und Ansporn finden oder nicht, Gott mehr zu lieben, sich immer klarer bewußt zu werden, daß sie Brüder ihrer Mitmenschen sind, und dies in einem selbstlosen Dienst an der Menschheit bezeugen.

Wären Sie mit der Behauptung einverstanden, die gelegentlich aufgestellt worden ist, daß das besondere Milieu Spaniens während der letzten dreißig Jahre das Wachstum des Werkes in diesem Land erleichtert hat?

In wenigen Ländern haben wir ungünstigere Voraussetzungen gefunden als in Spanien. Es tut mir leid, so sprechen zu müssen, da ich meine Heimat liebe; aber Spanien ist das Land, wo es am meisten Arbeit und Leid gekostet hat, bis das Werk Wurzeln schlug. Kaum war das Werk geboren, da stieß es schon auf die Opposition der Feinde der persönlichen Freiheit und mancher anderer, die so sehr in traditionellen Vorstellungen befangen waren, daß sie das Leben der Mitglieder des Opus Dei nicht begreifen konnten: das Leben ganz normaler Leute, die sich Mühe geben, ihre christliche Berufung mit uneingeschränkter Hingabe zu leben, ohne die Welt zu verlassen. Auch die korporativen apostolischen Einrichtungen haben in Spanien keine besonders günstigen Bedingungen gefunden. In manchen Ländern mit mehrheitlich nichtkatholischer Bevölkerung haben Regierungen die Bildungs- und Sozialeinrichtungen, die von Mitgliedern des Opus Dei ins Leben gerufen wurden, viel großzügiger unterstützt als der spanische Staat. Dabei ist die Hilfe, die eine solche Regierung den korporativen Werken des Opus Dei genauso wie anderen ähnlichen Einrichtungen gewährt, keine Bevorzugung, sondern einfach die Anerkennung einer sozialen Funktion, die den Staatshaushalt entlastet.

Der Geist des Opus Dei hat bei seiner Verbreitung in allen Ländern sofort bereitwillige, tiefe Aufnahme gefunden. Wenn das Opus Dei auf Schwierigkeiten stieß, dann wegen falscher Behauptungen, die gerade aus Spanien kamen und von Spaniern erfunden wurden, und zwar aus ganz bestimmten Bereichen der spanischen Gesellschaft. In erster Linie war jene internationale Organisation, die ich vorhin erwähnte, daran beteiligt; aber dieses Kapitel scheint nun der Vergangenheit anzugehören, und ich trage niemandem etwas nach. Sodann gibt es dort einige Leute, die den Pluralismus nicht verstehen, stets massiv als Gruppe auftreten oder gar einer engen, totalitären Denkweise verfallen sind und sich des katholischen Namens bedienen, um Politik zu machen. Aus mir unerklärlichen Gründen - vielleicht aus eigentlich gegenstandslosen, allzumenschlichen Überlegungen - scheinen manche von ihnen besonderes Gefallen daran zu finden, das Opus Dei anzugreifen. Und da sie finanziell mächtig sind - verfügen sie doch über das Geld der spanischen Steuerzahler -, werden ihre Angriffe von bestimmten Zeitungen verbreitet.

Ich sehe, daß Sie konkrete Namen von Personen und Institutionen erwarten. Ich möchte Ihnen jedoch keine Namen nennen und hoffe, daß Sie den Grund verstehen. Weder meine Aufgabe noch die des Werkes ist politisch. Meine Aufgabe ist: beten. Und ich möchte nichts sagen, was als Einmischung in die Politik gedeutet werden könnte. Ja, es schmerzt mich, überhaupt über diese Dinge zu sprechen. Fast vierzig Jahre lang habe ich geschwiegen. Wenn ich jetzt spreche, dann nur, weil ich die Pflicht habe, die verzerrenden Mißdeutungen, durch die einige Leute eine ausschließlich geistliche Arbeit in ein schiefes Licht zu bringen versuchen, als von Grund auf falsch zu entlarven. Deshalb will ich in Zukunft sprechen und, sollte es nötig sein, immer deutlicher werden, auch wenn ich bisher geschwiegen habe.

Um aber auf das Hauptthema Ihrer Frage zurückzukommen: Wenn viele Menschen aller Gesellschaftsschichten, auch in Spanien, sich entschieden haben, mit Hilfe des Werkes und nach seinem Geiste Christus zu folgen, kann die Erklärung nicht im spanischen Milieu oder in anderen äußeren Bedingungen gesucht werden. Dafür liefern gerade diejenigen einen Beweis, die leichtfertig so etwas behaupten und dabei zusehen müssen, wie ihre eigenen Gruppen zusammenschrumpfen. Dabei sind die äußeren Bedingungen für alle gleich. Menschlich gesprochen fällt es vielleicht auch ins Gewicht, daß sie einen Gruppengeist pflegen, während wir niemandem die persönliche Freiheit nehmen.

Wenn das Opus Dei sich in Spanien, wie auch in einigen anderen Ländern, so stark entwickelt hat, so mag das zum Teil daran liegen, daß unser geistliches Wirken dort vor vierzig Jahren begann und, wie ich schon vorher ausführte, der spanische Bürgerkrieg und danach der Weltkrieg eine Verzögerung des Beginns in anderen Ländern erzwangen. Es bleibt aber festzuhalten, daß seit Jahren schon die Spanier eine Minderheit im Werk sind.

Denken Sie nicht, ich wiederhole es, daß ich mein Land nicht liebe oder daß ich mich nicht aufrichtig über die Arbeit des Werkes in Spanien freue. Aber es ist traurig, daß es Leute gibt, die Fehlinformationen und Zweideutigkeiten über das Opus Dei und Spanien verbreiten.

Wie ist die augenblickliche Lage des Werkes in Frankreich?

Wie ich bereits sagte, ist die Leitung des Werkes in jedem Lande autonom. Die beste Information über die Arbeit des Opus Dei in Frankreich können Sie von den Leitern des Opus Dei dort erhalten. Unter den Aufgaben, die das Werk korporativ wahrnimmt und verantwortet, finden Sie Studentenheime (zum Beispiel die Résidence Internationale de Rouvray in Paris oder die Résidence Universitaire de l`Ile-Verte in Grenoble), Tagungszentren (wie das Centre de Rencontres de Couvrelles im Departement Aisne) usw. Ich möchte Sie aber daran erinnern, daß diese korporativen Tätigkeiten des Opus Dei nicht das Wichtigste sind. Die Hauptsache ist das unmittelbare persönliche Zeugnis der Mitglieder in ihrer täglichen Arbeit. Und dabei sind Zahlen unwesentlich. Denken Sie dabei aber nicht wieder an das Schreckbild des "Geheimnisses". Nein. Die Vögel am Himmel sind auch kein Geheimnis, und niemand kommt auf die Idee, sie zu zählen.

Wie ist die Lage des Werkes in den übrigen Teilen der Welt, besonders in den angelsächsischen Ländern?

Das Opus Dei fühlt sich überall zu Hause, in England wie in Kenia, in Nigeria wie in Japan, in den Vereinigten Staaten wie in Österreich, Mexiko oder Argentinien. Überall finden wir das gleiche theologische und pastorale Phänomen in den Menschen des Landes verwurzelt. Es ist weder an eine bestimmte Kultur noch an irgendeine bestimmte geschichtliche Epoche gebunden. In der angelsächsischen Welt hat das Opus Dei dank der Hilfe Gottes und der Mitarbeit zahlreicher Menschen apostolische Einrichtungen verschiedener Art: Netherhall House in London schenkt den afroasiatischen Studenten besondere Aufmerksamkeit; Hudson Center in Montreal bemüht sich um die menschliche und intellektuelle Bildung der weiblichen Jugend; Nairana Cultural Center steht den Studenten von Sidney offen. In den Vereinigten Staaten, wo das Opus Dei 1949 seine Tätigkeit begonnen hat, erwähne ich Midtown, ein Arbeiterzentrum im Herzen Chicagos; Stonecrest Community Center in Washington mit Kursen für Frauen ohne berufliche Fachausbildung; Trimont House, ein Studentenheim in Boston usw. Noch eine letzte Bemerkung: Der Einfluß des Werkes ist in jedem einzelnen Fall immer spiritueller und religiöser, nie zeitlicher Natur.

Viele sind der Meinung, daß das Opus Dei als Organisation über beträchtliche finanzielle Mittel verfügt. Und tatsächlich betreibt das Opus Dei vielerlei Tätigkeiten im erzieherischen und sozialen Bereich. Könnten Sie uns erklären, wie es solche Einrichtungen verwaltet, das heißt, wie die Finanzmittel aufgebracht, koordiniert und eingesetzt werden?

Es stimmt, daß das Opus Dei in allen Ländern, in denen es arbeitet, Einrichtungen erzieherischer und sozialer Zielsetzung unterhält. Solche Tätigkeiten bilden jedoch nicht die Hauptaufgabe des Werkes. Das einzige Ziel des Opus Dei ist es, dazu beizutragen, daß viele und ständig mehr Männer und Frauen alles in ihren Kräften Stehende tun, um mitten in ihren Alltagsbeschäftigungen als echte Christen und so als Zeugen Christi zu leben. Die Einrichtungen, auf die Sie sich beziehen, dienen sämtlich diesem Ziel. Darum beruht die Wirksamkeit unserer ganzen Tätigkeit auf der Gnade Gottes und auf einem Leben des Gebetes, der Arbeit und des Opfers. Aber selbstverständlich kommt keine Unternehmung erzieherischen oder sozialen Charakters ohne wirtschaftliche Mittel aus.

Unsere Einrichtungen dieser Art werden auf ganz normale Weise finanziert. So beziehen zum Beispiel die Studentenheime Einkünfte aus der Miete der Heimbewohner, die höheren Schulen aus dem Unterrichtsgeld der Schüler, die Landwirtschaftsschulen aus dem Verkauf ihrer Erzeugnisse. Aber natürlich reichen diese Einnahmen fast nie aus, um die Ausgaben dieser Einrichtungen zu decken, vor allem auch deshalb nicht, weil alle Tätigkeiten des Opus Dei unter dem Gesichtspunkt des Apostolates konzipiert sind und sich in der Mehrzahl an Leute mit geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten wenden, die oftmals für das Bildungsangebot nur einen symbolischen Betrag zahlen. Um solche Tätigkeiten zu ermöglichen, rechnen wir auch mit den Beiträgen der Mitglieder des Opus Dei, die diesen Werken einen Teil des Geldes zuführen, das sie durch ihre berufliche Arbeit verdienen. Vor allem aber rechnen wir mit der Hilfe vieler, die nicht dem Opus Dei angehören, aber an Aufgaben von sozialer oder erzieherischer Bedeutung mitarbeiten wollen. Diejenigen, die in einer solchen Einrichtung arbeiten, sprechen viele Hilfswillige an, fördern unter ihnen apostolischen Eifer, soziales Gespür und Gemeinschaftssinn und gewinnen so manchen aktiven Mitarbeiter und Helfer für ihr jeweiliges Unternehmen. Eben weil diese Unternehmen, die von qualifizierten Kräften mit Sachkenntnis geleitet werden, echten Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechen, finden sie im allgemeinen ein weites Echo. So wird Ihnen beispielsweise bekannt sein, daß die Vereinigung der Förderer der Universität von Navarra rund 12 000 Mitglieder zählt. Jede dieser Einrichtungen ist in ihrer Finanzierung und Verwaltung autonom, unabhängig, und stützt sich, um die nötigen Geldmittel aufzubringen, auf die Hilfe derer, die an ihrer konkreten Arbeit interessiert sind.

Wie entwickelt sich das Opus Dei außerhalb Spaniens? Welchen Einfluß hat es in den Vereinigten Staaten, England, Italien usw.?

Dem Opus Dei gehören gegenwärtig Menschen aus achtundsechzig Ländern an. Sie arbeiten in allen amerikanischen und westeuropäischen Ländern und in einigen Ländern Afrikas, Asiens und Australiens. Der Einfluß des Opus Dei in all diesen Ländern ist geistlicher Natur .Er besteht wesentlich darin, daß wir allen, die sich bereit finden, zu helfen suchen, in ihrem Alltag tiefer den Geist des Evangeliums zu leben. Es sind Leute der verschiedensten Berufe und Milieus; angefangen bei den Bauern in abgelegenen Dörfern der Anden bis hin zu den Bankiers von der Wall Street. Ihnen allen zeigt das Opus Dei, daß ihre gewöhnliche Arbeit, sei sie nun menschlich bescheiden oder glanzvoll, einen großen Wert hat und ein sehr wirksames Mittel sein kann, um ihrer Liebe zu Gott und zu den Menschen in einem beständigen Dienst Gestalt zu geben. Es lehrt sie, alle Menschen zu lieben, ihre Freiheit zu achten, durch ihre in persönlicher Verantwortung verrichtete Arbeit Unverständnis und Intoleranz unter den Menschen überwinden zu helfen und sich für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen. Dies ist der einzige Einfluß des Opus Dei, wo immer es arbeitet.

Um noch kurz auf die sozialen und erzieherischen Initiativen einzugehen, die das Werk korporativ ins Leben ruft, ist festzuhalten, daß sie sich überall je nach den konkreten Gegebenheiten und gesellschaftlichen Notwendigkeiten richten. Über alle diese Tätigkeiten kann ich Ihnen keine Einzelheiten angeben, da unsere Organisation, wie ich schon vorher bemerkte, sehr dezentralisiert ist. Als ein Beispiel unter vielen könnte ich Midtown Sports and Cultural Center in Chicago erwähnen, das den Bewohnern des Viertels Near West Side Bildungs- und Sportprogramme bietet. Eine der Hauptaufgaben, die es sich gestellt hat, besteht darin, ein besseres gegenseitiges Verständnis und ein aufgeschlosseneres Zusammenleben der verschiedenen dort wohnenden Volksgruppen zu fördern. Interessant ist auch die Arbeit des Instituts The Heigths in Washington, wo Kurse zur Berufsorientierung, Spezialprogramme für besonders begabte Schüler und Studenten usw. durchgeführt werden.

In England könnte man die Arbeit der Studentenwohnheime hervorheben, die den Studenten nicht nur Wohnung, sondern zugleich reiche Möglichkeiten kultureller sowie menschlich-geistlicher Bildung anbieten. Seines internationalen Charakters wegen verdient Netherhall House in London besondere Beachtung. In diesem Studentenheim haben bisher Studenten aus mehr als fünfzig Ländern gewohnt. Viele von ihnen sind keine Christen, denn die Häuser des Opus Dei stehen offen für jedermann, ohne Unterschied von Rasse und Religion. Um diese Liste nicht noch zu verlängern, möchte ich nur noch das Centro Internazionale della Gioventu lavoratrice in Rom erwähnen. Dieses Berufsschulzentrum für junge Arbeiter wurde von Papst Johannes XXIII. dem Opus Dei anvertraut und vor einem knappen Jahr von Paul VI. eingeweiht.

Können Sie uns als Großkanzler der Universität von Navarra einiges zu den Gründen sagen, die Sie bewogen haben, diese Universität ins Leben zu rufen, und welche Bedeutung ihr heute im Rahmen der übrigen spanischen Universitäten zukommt?

Jahre vor ihrer Gründung hatte ich, und viele mit mir, für diese Universität gebetet. Es freut mich, das jetzt sagen zu können. 1952 wurde sie dann ins Leben gerufen aus dem Wunsch heraus, eine Hochschuleinrichtung zu schaffen, in der die kulturellen und apostolischen Ideale einer Gruppe von Professoren, die sich der tiefen Verantwortung ihrer Lehraufgabe bewußt waren, gedeihen könnten. Es ging damals und es geht heute darum, zusammen mit den übrigen Universitäten einen Beitrag zur Lösung des großen Bildungsproblems in Spanien und in vielen anderen Ländern zu leisten, wo man Menschen benötigt, die befähigt sind, am Aufbau einer gerechteren Gesellschaft mitzuwirken.

Die Dozenten, die mit der Arbeit in der Universität von Navarra begannen, waren in der spanischen Hochschullandschaft keine Fremden; sie hatten in Madrid, Barcelona, Santiago, Granada und in vielen anderen Universitäten zuerst studiert und dann dort gelehrt. Diese enge Zusammenarbeit - ich wage zu sagen, daß sie enger ist als die übliche Zusammenarbeit selbst unter benachbarten Universitäten - hat sich fortgesetzt im häufigen Austausch, in Besuchen von Professoren, auf nationalen Kongressen im Dienste des gemeinsamen Forschens usw. Ein ähnlicher Kontakt bestand und besteht zu den besten Universitäten anderer Länder, wie die gerade erfolgte Ernennung von Professoren der Sorbonne, aus Harvard, Coimbra, München und Löwen zu Ehrendoktoren der Universität von Navarra bestätigt.

Die Universität von Navarra hat es auch verstanden, die Hilfsbereitschaft vieler Menschen nutzbar zu machen, die ein von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des einzelnen unabhängiges Studium als wesentliche Grundlage für den Fortschritt des Landes ansehen. Und so ist die Vereinigung der Freunde der Universität von Navarra Wirklichkeit geworden, die dank ihrer großzügigen Hilfe bereits eine große Zahl von Stipendien und Freiplätzen verteilen konnte. Diese Zahl wird weiter wachsen, wie auch die Zahl der afroasiatischen und lateinamerikanischen Studenten weiter zunehmen wird.

Man hat geschrieben, die Universität von Navarra sei eine Universität für Reiche, und trotzdem erhalte sie auch noch umfangreiche Subventionen vom Staat. In Bezug auf den ersten Punkt wissen wir selbst, daß diese Behauptung nicht stimmt, denn schließlich sind wir selbst Studenten und kennen auch unsere Kommilitonen von Navarra. Wie verhält es sich jedoch mit den staatlichen Subventionen?

Es gibt konkrete Angaben, die von der Presse veröffentlicht wurden und daher jedermann zugänglich sind, aus denen ersichtlich ist, daß - bei etwa gleichhohen Gebühren wie in den übrigen Universitäten - der Prozentsatz der Studenten, die eine finanzielle Beihilfe für ihr Studium erhalten, an der Universität von Navarra höher ist als an jeder anderen Universität des Landes. Und ich darf Ihnen sagen, daß diese Zahl noch weiter zunehmen wird, bis ein höherer oder zumindest ähnlicher Prozentsatz erreicht wird wie an jenen Universitäten außerhalb Spaniens, die sich am meisten durch ihre soziale Förderungsarbeit auszeichnen.

Es ist begreiflich, daß es Staunen hervorruft und an die Existenz großer wirtschaftlicher Mittel denken läßt, wenn man den lebendigen Organismus der Universität von Navarra so bewundernswert funktionieren sieht. Aber bei diesen Überlegungen läßt man leicht außer acht, daß nicht allein die wirtschaftlichen Hilfsquellen dafür ausschlaggebend sind, wenn ein Unternehmen gut vorangeht. Der Grund für die Vitalität dieser Hochschule ist vor allem in dem Einsatz, der Begeisterung und der Arbeitsintensität zu suchen, die alle, angefangen von den Professoren über die Studenten und Angestellten bis hin zu den Pförtnern und den Frauen, die sich um die Reinigung kümmern, in die Universität investiert haben. Ohne diese Hilfe wäre die Universität nicht lebensfähig gewesen.

Was die wirtschaftliche Seite angeht, so wird die Universität durch ganz verschiedenartige Subventionen unterhalten. An erster Stelle steht dabei die Unterstützung, welche die "Diputacion Foral" (der Landschaftsverband von Navarra) für den Unterhalt leistet. Ferner hat die Stadtverwaltung von Pamplona, wie es in vielen Universitätsstädten anderer Länder üblich ist, Gelände für die neuen Universitätsgebäude zur Verfügung gestellt. Sie werden aus Erfahrung wissen, welches geistige und wirtschaftliche Interesse ein Land wie Navarra und ganz konkret Pamplona daran besitzt, über eine moderne Universität zu verfügen, die allen die Möglichkeit einer guten Hochschulbildung erschließt.

Sie fragen nach Subventionen vonseiten des Staates. Der spanische Staat leistet keinen Beitrag zum Unterhalt der Universität von Navarra. Er hat einige Zuschüsse zur Schaffung neuer Studienplätze gewährt, welche die großen wirtschaftlichen Lasten vermindern, die durch die neuen Einrichtungen entstehen.

Weitere Einnahmequellen sind im Falle der Technischen Hochschule für Maschinenbau Beiträge verschiedener Körperschaften dieser Provinz, insbesondere der Provinzsparkasse Guipuzcoas.

Seit den Anfängen der Universität kommt der Hilfe von spanischen und ausländischen, staatlichen und privaten Stiftungen eine ganz besondere Bedeutung zu: So erhielt die Universität eine bedeutende offizielle Spende der Vereinigten Staaten für die Ausrüstung der Technischen Hochschule mit wissenschaftlichen Instrumenten, einen Beitrag des deutschen Hilfswerks Misereor für die neuen Gebäude, Beiträge der Stiftung Huarte für die Krebsforschung, der Stiftung Gulbenkian usw.

Die wohl erfreulichste Hilfe kommt von vielen tausend Einzelnen aller sozialen Schichten aus dem In- und Ausland - viele von ihnen leben in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen -, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beitragen, die Universität zu unterhalten.

Schließlich sind auch die Firmen nicht zu vergessen, die an den Forschungsarbeiten interessiert sind und mitarbeiten oder auf andere Weise helfen.

Vielleicht meinen Sie, mit all dem müßte mehr als genug Geld vorhanden sein. Leider nicht: Die Universität von Navarra ist weiterhin nicht in der Lage, sich wirtschaftlich zu tragen. Ich wünschte nur, daß uns noch mehr Menschen und Stiftungen helfen würden, damit diese Arbeit im Dienste und zum Nutzen der Gesellschaft in noch größerem Umfang fortgesetzt werden kann.

Sie sind der Gründer des Opus Dei und Initiator zahlreicher Hochschuleinrichtungen in der ganzen Welt. Können Sie uns sagen, welche Gründe das Opus Dei bewogen haben, diese Einrichtungen ins Leben zu rufen? Was sind die besonderen Merkmale der Arbeit des Opus Dei im Hochschulbereich?

Das Ziel des Opus Dei besteht darin, vielen Menschen auf der ganzen Welt in der Theorie und durch die Praxis bewußt zu machen, daß man die gewöhnliche Tätigkeit, die alltägliche Berufsarbeit heiligen und sich mitten im Alltag um die christliche Vollkommenheit bemühen kann, ohne die Arbeit, zu der uns der Herr gerufen hat, zu verlassen. Die wichtigste apostolische Arbeit des Opus Dei ist daher das persönliche Apostolat, das seine Mitglieder als einzelne durch ihre berufliche Arbeit verwirklichen, indem sie diese - trotz der persönlichen Fehler, die ein jeder haben mag - mit der größtmöglichen menschlichen Vollkommenheit zu verrichten suchen. Das geschieht in jedem Milieu und überall auf der Welt, denn dem Opus Dei gehören Menschen aller Rassen und sozialen Schichten aus etwa siebzig Ländern an.

Außerdem gründet das Opus Dei als Vereinigung in Zusammenarbeit mit vielen anderen Menschen, die ihm nicht angehören und oft nicht einmal Christen sind, korporative Einrichtungen, mit denen es einen Beitrag zur Lösung aktueller Probleme unserer Gesellschaft leisten möchte: Bildungszentren, Einrichtungen der Sozialhilfe, Berufsschulen usw. Die Initiativen im Hochschulbereich, von denen Sie sprachen, sind nur ein Aspekt unter vielen innerhalb dieser Tätigkeiten. Ihre charakteristischen Züge lassen sich etwa so zusammenfassen: Erziehung zu persönlicher Freiheit und Eigenverantwortung. Wo Freiheit und Verantwortung herrschen, arbeitet man gern und besser, Kontrolle oder Überwachung erübrigt sich, weil sich jeder zu Hause fühlt, und es genügt einfach ein Stundenplan. Hinzu kommt ein Geist des Zusammenlebens ohne jedwede Diskriminierung: In der Gemeinschaft formt sich die Persönlichkeit, denn dort lernt man, daß die Freiheit der anderen respektiert werden muß, wenn man die eigene Freiheit respektiert sehen will. Und schließlich ist eine Haltung wirklicher Brüderlichkeit notwendig. Die eigenen Talente müssen in den Dienst der Mitmenschen gestellt werden, sonst nützen sie wenig. Die korporativen Einrichtungen, die das Opus Dei in der ganzen Welt unterhält, sind immer für alle da, weil sie ein christlicher Dienst sind.

Anmerkungen
2

Es sei an die Einleitung zu diesem Buch erinnert: Einige Antworten, die sich auf juristische und organisatorische Aspekte beziehen, konnten noch nicht die Begrifflichkeit benutzen, die die Errichtung als Personalprälatur im Jahre 1982 mit sich brachte.

Anmerkungen
2

Wie Msgr. Escrivá aufzeigt, entwickeln die Mitglieder des Opus Dei diese körperschaftlichen Tätigkeiten und Initiativen rein apostolischen Charakters zusammen mit anderen Personen. Die Prälatur Opus Dei ist ausschließlich für die religiöse und geistliche Betreuung verantwortlich; sie hat weder Eigentumsrechte an diesen Initiativen noch an den entsprechenden Vermögenswerten. Die Mitglieder des Opus Dei, die in diesen Einrichtungen arbeiten, tun dies in persönlicher Freiheit und Verantwortung und in Übereinstimmung mit den Gesetzen des jeweiligen Landes; sie erwerben dieselbe staatliche Anerkennung wie ähnliche Aktivitäten anderer Bürger.