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Es gibt 12 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Jesus Christus  → Herz Jesu .

Wenn wir so leben, vollbringen wir in der Welt ein Werk des Friedens und machen den anderen Menschen den Weg zu Gott liebenswert, denn den fröhlichen Geber liebt Gott (2 Kor 9,7). Der Christ, einer unter den vielen Menschen in der Welt, gibt so die Freude weiter, die seiner mit Hilfe der Gnade errungenen Bereitschaft entstammt, den Willen des Vaters zu erfüllen. Er sieht sich nicht als Opfer, nicht gehemmt, nicht bevormundet, sondern als Mensch und als Kind Gottes trägt er den Kopf hoch.

Unser Glaube gibt den Tugenden, die wir natürlich nennen und die jeder Mensch pflegen soll, ihre volle Geltung. Niemand kann den Christen an Menschlichkeit übertreffen. Deshalb ist ein Jünger Christi fähig - nicht aus sich selbst, sondern durch die Gnade des Herrn -, den Mitmenschen eine Erkenntnis zu vermitteln, die viele ahnen, aber nicht begreifen: daß das wahre Glück, der wirkliche Dienst am Nächsten, durch das Herz unseres Erlösers geht: perfectus Deus, perfectus homo.

Wenden wir uns an Maria, unsere Mutter, das erhabenste Geschöpf, das aus den Händen Gottes hervorgegangen ist. Bitten wir sie, daß sie uns zu guten Menschen mache und daß die natürlichen Tugenden, in das Leben aus der Gnade eingelassen, all denen zur Hilfe gereichen, die sich mit uns um Frieden und um das Wohl der Menschen kümmern.

*Homilie, gehalten am 6. April 1967

Aus der Menge heraus hat ein Schriftgelehrter dem Herrn eine Frage gestellt; er gehört zu denen, die im Gestrüpp einer selbstentwickelten, sterilen Kasuistik die Moses geoffenbarte Lehre nicht mehr wahrzunehmen vermochten. Die göttliche Antwort Jesu an ihn, gemessen und von der sicheren Überzeugungskraft eines zutiefst Wissenden getragen, lautet: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Gemüt. Dies ist das erste und größte Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten (Mt 22,37-40).

Vergegenwärtigt euch jetzt den Meister, mit seinen Jüngern versammelt in der vertrauten Gemeinschaft des Abendmahlsaales. Die Stunde seines Leidens naht, der Herr ist umgeben von den Menschen, die Er liebt, und sein Herz ist ein einziger Feuerbrand. Er sagt zu seinen Jüngern: Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe. So sollt auch ihr einander lieben. Daran sollen alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt (Joh 13,34-35).

Um den Herrn durch die Lektüre des heiligen Evangeliums näher zu kommen, habe ich euch immer empfohlen, euch in die jeweilige Szene so hineinzuversetzen, als ob ihr eine der anwesenden Personen wäret. Dann werdet ihr wie Maria - und ich kenne viele ganz normale Menschen, die so leben - nur für Ihn da sein und an seinen Lippen hängen, oder wie Martha wagen, Ihm aufrichtig all eure Sorgen, auch die unbedeutendsten, anzuvertrauen (Vgl. Lk 10,39-40).

Herr, warum nennst Du dieses Gebot neu? Haben wir nicht soeben gehört, daß die Liebe zum Nächsten schon im Alten Bund geboten war? Und außerdem - ihr wißt es - hat Jesus zu Beginn seines öffentlichen Wirkens mit göttlicher Großherzigkeit diese Forderung erweitert: Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen, und betet für die, die euch verfolgen und verleumden (Mt 5,43-44).

Herr, gestatte also, daß wir Dich nochmals fragen: Warum nennst Du dieses Gebot auch jetzt noch neu? In jener Nacht, wenige Stunden vor Deinem Opfertod am Kreuz, während des herzlichen Gespräches mit denen, die Dich trotz ihrer persönlichen Schwäche und ihrer Armseligkeit - die ja auch uns so vertraut sind - nach Jerusalem begleitet hatten, hast Du uns ein unerwartetes Maß der Liebe geoffenbart: Wie ich euch geliebt habe. Sie werden Dich wohl verstanden haben, jene Apostel, die Zeugen Deiner unergründlichen Liebe gewesen waren!

Die Verkündigung und das Beispiel des Meisters sind klar, eindeutig. Er hat seine Lehre durch Taten bekräftigt. Und doch muß ich oft daran denken, daß dieses Gebot auch nach zwanzig Jahrhunderten immer noch neu ist, weil sich sehr wenige Menschen um seine Verwirklichung bemüht haben. Die anderen - die meisten - haben es vorgezogen, es nicht zur Kenntnis zu nehmen. Ihr überspannter Egoismus flüstert ihnen zu: Warum so kompliziert? Ich habe an meinen eigenen Sorgen genug.

Eine solche Haltung darf es für einen Christen nicht geben. Wenn wir den Glauben an Ihn bekennen, wenn wir wirklich den Weg gehen wollen, den Christus uns während seines irdischen Lebens so deutlich vorgezeichnet hat, dann dürfen wir uns nicht damit zufriedengeben, von den anderen die Übel, die wir für uns nicht wünschen, fernzuhalten. Das mag schon viel sein, ist aber doch recht wenig, sobald wir begreifen, daß das Maß unserer Liebe von der Handlungsweise Jesu bestimmt sein muß. Und diese stellt Er uns vor Augen, nicht als ein weit entferntes Ziel oder als die abschließende Krönung eines lebenslangen Kampfes, sondern als den Ausgangspunkt; das Beispiel seiner Liebe ist - ich wiederhole es, damit du konkrete Vorsätze faßt - der Ausgangspunkt, denn unser Herr sieht in dieser Liebe das von Anfang an aufgerichtete Zeichen: Daran sollen alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid.

Christus, unser Herr, hat Fleisch angenommen, um sich der Menschheit als Vorbild aller Tugenden zu zeigen. Er sagt: Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen (Mt 11,29).

Später aber, wenn Er den Aposteln erklärt, woran man sie als Christen erkennen wird, sagt Er nicht: daran, daß ihr demütig seid. Er ist die Reinheit selbst, das unbefleckte Lamm; nichts konnte seine vollkommene, makellose Heiligkeit verdunkeln (Vgl. Joh 8,46). Aber Er sagt nicht: Sie werden merken, daß ihr meine Jünger seid, weil ihr keusch und rein seid.

Er ging durch unsere Welt in vollständiger Loslösung von den irdischen Gütern. Er, der Schöpfer und der Herr des Alls, besaß nichts, wohin Er sein Haupt legen konnte (Vgl. Mt 8,20). Aber Er sagt nicht: Sie werden wissen, daß ihr zu mir gehört, weil euer Herz nicht an Reichtümern hängt. Vierzig Tage und Nächte verbringt Er unter strengem Fasten in der Wüste (Vgl. Mt 4,2), bevor Er sich der Verkündigung des Evangeliums zuwendet. Und doch sagt Er seinen Jüngern nicht: Sie werden begreifen, daß Ihr Gott dient, weil ihr keine Schlemmer und Trinker seid.

Das ausgezeichnete Merkmal der Apostel und der echten Christen aller Zeiten ist, wie wir bereits vernommen haben, dies: Daran - gerade daran - werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt (Joh 13,35).

Es scheint mir nur natürlich, daß eine solche Eindringlichkeit des Meisters die Kinder Gottes zu allen Zeiten - und dich und mich in diesem Augenblick - aufgewühlt hat. Der Herr erhebt nicht die unerhörten Zeichen und Wunder seiner Jünger zum Erkennungsmerkmal ihrer Treue, obschon Er ihnen die Macht übertragen hat, sie im Heiligen Geist zu wirken. Was sagt Er ihnen? Daß ihr meine Jünger seid, werden sie erkennen, weil ihr einander liebt (Basilius, Regulae fusius tractatae, 3, 1 (PG 31, 918]).

Göttliche Pädagogik

Den Feind nicht hassen, Böses nicht mit Bösem vergelten, auf Rache verzichten, verzeihen und nicht nachtragen: damals, aber auch - täuschen wir uns nicht - heute, sah man darin ein ungewohntes, allzu heroisches und beinahe unnormales Verhalten. Soweit reicht die Mittelmäßigkeit der Geschöpfe. Jesus Christus, der zum Heil aller gekommen ist und die Christen an seinem Erlösungswerk teilhaben lassen möchte, wollte seine Jünger - dich und mich - eine große und aufrichtige, weit edlere und stärkere Liebe lehren: Wir müssen einander lieben, wie Christus jeden von uns geliebt hat. Nur auf diese Weise, indem wir - unbeholfen, wie wir sind - die göttliche Liebe nachahmen, wird es uns gelingen, unser Herz allen Menschen zu öffnen und sie auf eine ganz neue, höhere Weise zu lieben.

Wie sehr haben die ersten Christen diese brennende Liebe verwirklicht, die so weit über bloße menschliche Solidarität oder Gutmütigkeit hinausragt. Sie liebten einander, zärtlich und stark, mit der Liebe, die aus dem Herzen Christi kommt. Tertullian, ein Schriftsteller des zweiten Jahrhunderts, überliefert uns die Reaktion der Heiden, die, bewegt durch die übernatürlich und menschlich so anziehende Art der Gläubigen jener Zeit, zueinander sagten: Seht, wie sie einander lieben (Tertulian, Apologeticus, 39 (PL 1, 471]).

Wenn du merkst, daß du jetzt oder sonst so oft in deinem Alltag dieses Lob nicht verdienst und daß dein Herz nur schwerfällig auf die göttlichen Anregungen eingeht, dann erkenne auch, daß jetzt die Zeit gekommen ist, den Kurs zu begradigen. Beherzige die Aufforderung des heiligen Paulus: Laßt uns denn allen Gutes tun, besonders jenen, die durch den Glauben derselben Familie wie wir angehören (Gal 6,10), dem mystischen Leib Christi.

Findet ihr es nicht ergreifend, wie der Apostel Johannes - schon ein Greis - den Hauptteil eines seiner Briefe darauf verwendet, uns zur Befolgung dieser göttlichen Lehre anzuspornen? Die Liebe, die unter den Christen herrschen soll, kommt von Gott, der die Liebe ist. Geliebte, laßt uns einander lieben. Denn die Liebe stammt von Gott. Wer Liebe hat, hat sein Leben aus Gott und erkennt Gott. Wer keine Liebe hat, kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe (1 Joh 4,7-8). Er spricht lange von der brüderlichen Liebe, da wir durch Christus zu Kindern Gottes geworden sind: Seht, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat: wir heißen Kinder Gottes und wir sind es (1 Joh 3,1).

Während er uns hart ins Gewissen redet, damit wir für die göttliche Gnade empfänglicher werden, schärft er uns ein, daß wir einen herrlichen Beweis der Liebe des Vaters zu den Menschen besitzen: Gottes Liebe hat sich uns darin geoffenbart, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn das Leben haben. Der Herr hat die Initiative ergriffen. Er ist uns entgegengekommen. Er hat uns dieses Beispiel gegeben, damit wir mit Ihm zusammen den anderen dienen und - wie gern wiederhole ich das - großzügig unser Herz auf den Boden hinbreiten, damit die anderen weich auftreten können und ihnen der Kampf leichter fällt. Wir sollen so handeln, weil wir zu Kindern des einen Vaters geworden sind, der nicht gezögert hat, seinen vielgeliebten Sohn für uns dahinzugeben.

Die Liebe ist nicht unser eigenes Werk, sie strömt in uns ein durch Gottes Gnade: denn Er hat uns zuerst geliebt (1 Joh 4,10). Wir sollten von dieser großartigen Wahrheit ganz eingenommen sein: Wenn wir Gott lieben können, dann deshalb, weil wir von Gott geliebt worden sind (Origines, Commentarii in Epistolam ad Romanos, 4, 9 (PG 14, 997]). Du und ich, wir sind imstande, den anderen mit verschwenderischer Liebe zu begegnen, weil wir durch die Liebe des Vaters zum Glauben geboren wurden. Bittet den Herrn mit Kühnheit um diesen Schatz, um die natürliche Tugend der Liebe, damit ihr sie dann auch bis in die winzigste Kleinigkeit hinein weiterschenken könnt.

Oft haben wir Christen es nicht verstanden, dieser Gabe zu entsprechen; manchmal haben wir sie verwässert, als wäre sie nichts als ein seelenloses, unbeteiligtes Almosengeben; manchmal auch haben wir sie auf eine mehr oder weniger formelhafte Wohltätigkeit verkürzt. Resigniert beklagte eine Kranke diese Verirrung mit den Worten: Ja, hier behandelt man mich mit Nächstenliebe, meine Mutter aber umsorgte mich mit Herzenswärme. Die Liebe, die im Herzen Christi wurzelt, verträgt solche Unterscheidungen nicht.

Um euch diese Wahrheit unverlierbar einzuprägen, habe ich tausendmal dasselbe Bild gebraucht: Wir haben nicht ein Herz, um damit Gott, und ein anderes, um damit die Geschöpfe zu lieben: mit diesem unserem einen armen Herzen aus Fleisch lieben wir menschlich und, wenn sich diese Liebe mit der Liebe Christi vereint, zugleich übernatürlich. Diese, und keine andere, ist die Liebe, die in uns wachsen muß und die uns in den Mitmenschen die Gestalt unseres Herrn erkennen lassen wird.

Alle lieben

Als unseren Nächsten, sagt der heilige Leo der Große, sollen wir nicht nur betrachten, der mit uns durch die Bande der Freundschaft oder der Verwandtschaft verknüpft ist, sondern alle Menschen, mit denen uns ja dieselbe Natur verbindet (…) Ein und derselbe Schöpfer hat uns die Seele gegeben. Alle erfreuen wir uns an demselben Himmel und an derselben Luft, an denselben Tagen und an denselben Nächten, und obwohl die einen gut und die anderen böse, die einen gerecht und die anderen ungerecht sind, ist Gott trotzdem zu allen großzügig und gütig (Leo der Große, Sermo, 12, 2 (PL 54, 170]).

Durch die Übung dieses neuen Gebotes gewinnen wir - Kinder Gottes - Form und Gestalt, lernen wir in der Kirche zu dienen und uns nicht bedienen zu lassen (Vgl. Mt 20,28), und finden so die Kraft, alle Menschen auf eine neue Art zu lieben, die als Frucht der Gnade Christi sichtbar wird. Unsere Liebe ist weder Sentimentalität noch bloße Kameradschaft, noch der fragwürdige Eifer, anderen zu helfen, um die eigene Überlegenheit zu genießen. Sie bedeutet vielmehr, den Nächsten anzunehmen und - sagen wir es noch einmal - in jedem Menschen das Bild Gottes zu ehren, darum bemüht, daß auch der andere dieses Bild betrachtet und sich dadurch Christus zuwenden kann.

Alle lieben heißt daher das Apostolat zu allen tragen, heißt tatkräftig und ehrlich - soweit es an uns liegt - den göttlichen Impuls aufnehmen, denn Gott will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1 Tim 2,4).

Wenn wir sogar die Feinde lieben müssen - ich meine jene, die uns für solche halten, denn von mir aus kenne ich keine Feinde -, dann schulden wir erst recht jenen Liebe, die uns bloß fern sind oder die wir nicht so sympathisch finden oder die aufgrund von Sprache, Bildung oder Erziehung uns fremdartig erscheinen.

Und was für eine Liebe ist gemeint? Die Heilige Schrift spricht von dilectio, um zu verdeutlichen, daß es sich nicht nur um eine gefühlsmäßige Zuneigung handelt; das Wort weist vielmehr auf eine feste Entscheidung, auf einen Willensakt hin. Dilectio kommt von electio, "erwählen". Ich würde noch hinzufügen, daß Liebe für einen Christen lieben wollen bedeutet, sich in Christus dazu entschließen, ohne irgendeinen Unterschied das Wohl aller Menschen zu suchen, damit ihnen die beste aller Gaben zuteil wird: Christus kennenzulernen und Ihn innig zu lieben.

Der Herr drängt uns: Tut Gutes denen, die euch hassen, und betet für die, die euch verfolgen und verleumden (Mt 5,44). Es mag wohl sein, daß wir für die, die unsere Nähe zurückweisen würden, menschlich gesehen keine Zuneigung empfinden; aber Jesus verlangt, daß wir ihnen nicht Böses mit Bösem vergelten, daß wir keine Gelegenheit versäumen, ihnen von Herzen, auch wenn es uns schwerfällt, zu dienen, daß wir sie immer wieder in unser Gebet einschließen.

Diese dilectio, diese Liebe, wird noch herzlicher, wenn sie sich auf unsere Brüder im Glauben richtet und insbesondere auf jene, die - weil Gott es so gefügt hat - uns sehr nahe stehen: die Eltern, der Ehemann oder die Ehefrau, die Kinder oder die Geschwister, die Freunde und Kollegen, die Nachbarn. Ohne diese spürbare Herzlichkeit einer reinen und edlen menschlichen Liebe, die auf Gott hingeordnet und in Ihm begründet ist, gäbe es die göttliche Tugend der Liebe nicht.

Wie die Liebe verwirklicht wird

Die Forderungen der christlichen Liebe sind nicht leicht erfüllbar; es wäre naiv, dies zu meinen. Die tägliche Erfahrung im Umgang mit unseren Mitmenschen, leider auch innerhalb der Kirche, zeigt uns das. Die Liebe verpflichtet uns zum Schweigen - sonst: Wieviel könnte jeder berichten über Spaltungen, Aggressivität, Ungerechtigkeiten, üble Nachrede, Intrigen. Wir wollen dies nur einfach feststellen, damit wir dann unsererseits das passende Heilmittel anwenden, das vor allem in unserem persönlichen Bemühen bestehen wird, niemanden zu verletzen, niemanden zu mißhandeln und eine Zurechtweisung so zu erteilen, das sie niemals erdrückend wirkt.

Solch traurige Erfahrungen sind nicht neu. Bereits wenige Jahre nach der Himmelfahrt Christi, als noch die Apostel die Gemeinden bereisten und überall Glaube und Hoffnung herrschten, begannen manche, vom Wege abzuirren und die Liebe des Meisters nicht mehr zu leben.

Solange Eifersucht und Zwietracht unter euch herrschen, schreibt Paulus an die Korinther, seid ihr da nicht irdisch gesinnt und wandelt nach recht menschlicher Art? Denn wenn der eine sagt: Ich halte es mit Paulus, der andere: Ich mit Apollo, seid ihr da nicht allzu menschlich? (1 Kor 3,3-4) Begreifen sie also nicht, daß Christus gekommen ist, um alle diese Spaltungen zu überwinden? Was ist denn Apollo? Was ist Paulus? Weiter nichts als Diener, die euch zum Glauben geführt haben, jeder, wie es der Herr ihm verliehen hat (1 Kor 3,4-5).

Der Apostel verwirft nicht die Vielfalt; jeder hat von Gott seine eigene Gabe erhalten, der eine von dieser, der andere von jener Art (Vgl. 1 Kor 7,7). Aber diese Vielfalt soll dem Wohl der Kirche dienen. Ich bitte jetzt den Herrn - und wenn ihr wollt, könnt ihr euch mit meinem Gebet vereinigen -, Er möge nicht zulassen, daß in seiner Kirche die Seelen durch mangelnde Liebe vergiftet werden. Die Liebe ist das Salz im Apostolat der Christen. Wenn dieses Salz schal wird, wie werden wir dann vor der Welt laut sagen können: Hier ist Christus?

Deshalb sage ich mit dem Apostel Paulus: Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen redete, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nur tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich die Prophetengabe hätte und durchschaute alle Geheimnisse und besäße alle Erkenntnis und wenn ich allen Glauben hätte, so daß ich Berge versetzte, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen austeilte und wenn ich meinen Leib den Flammen preisgäbe, hätte aber die Liebe nicht, so nützte es mir nichts (1 Kor 13,1-3).

Diese Worte des Apostels lösen bisweilen die gleiche Reaktion aus wie die des Herrn bei den Jüngern, als Er ihnen das Sakrament seines Leibes und Blutes ankündigte: Hart ist diese Rede, wer kann sie hören (Joh 6,61). Ja, sie ist hart. Denn die Liebe, die Paulus schildert, erschöpft sich nicht in Mitmenschlichkeit, Humanismus oder Mitgefühl mit dem Leiden anderer: Hier wird die Übung der höchsten Tugend, der Gottesliebe und der Nächstenliebe um Gottes willen verlangt. Deshalb heißt es: Die Liebe hört niemals auf; Prophetengaben verschwinden, Sprachengaben hören auf, Erkenntnis vergeht (…). Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Am größten aber ist die Liebe (1 Kor 13,8; 13).

Der einzige Weg

Wir wissen längst, daß die Tugend der Nächstenliebe, die die Mitte des christlichen Lebens ausmacht, nichts zu tun hat mit jenen Karikaturen von ihr, die man uns bisweilen aufschwatzen möchte. Warum ist es aber notwendig, immer wieder über sie zu predigen? Ist das bloß eine Pflichtübung? Handelt es sich um eine Lehre, die man nur selten in eine konkrete Tat umsetzen kann?

Ein Blick in unsere Umgebung könnte uns zu der Annahme führen, die Tugend der Liebe sei nur eine Illusion. Aber ein tieferer Blick mit übernatürlicher Perspektive wird dir die Ursache zeigen, weshalb jene Tugend oft so unfruchtbar dahinkümmert: weil der innige und beständige Umgang mit Jesus Christus, das Du-zu-Du-Verhältnis mit dem Herrn fehlt und weil die Seele das Wirken des Heiligen Geistes in ihr, jenes Geistes, dessen erste Frucht gerade die Liebe ist, verkennt.

Unter Hinweis auf den Rat des Apostels - Einer trage des anderen Last: so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen (Gal 6,2) - bemerkt ein Kirchenvater: Wenn wir Christus lieben, wird es uns leichtfallen, die Schwäche der anderen zu ertragen, auch die Schwäche dessen, den wir noch nicht lieben, weil er keine guten Werke aufzuweisen hat (Augustinus, De diversis quaestionibus, 83, 71, 7 (PL 40, 83]).

Dies ist der ansteigende Weg des Wachsens in der Liebe. Es wäre ein Irrtum zu meinen, wir müßten uns zuerst in Werken der Humanität und der sozialen Hilfe einüben und dabei die Liebe zu Gott ausklammern. Vernachlässigen wir nicht Christus wegen der Sorge um den kranken Nächsten, denn um Christi willen müssen wir den Kranken lieben (Augustinus, Ebd.).

Blickt immerfort auf Christus, seht, wie Er, ohne sein Gottsein preiszugeben, sich erniedrigte und Knechtsgestalt annahm (Vgl. Phil 2,6-7), um uns dienen zu können; denn nur von dieser Perspektive her eröffnen sich uns die Zielsetzungen, die wirklich der Mühe wert sind. Liebe sucht die Vereinigung, das Einswerden mit dem Geliebten; wenn wir uns mit Christus vereinigen, werden wir ganz und gar von dem Drang erfüllt werden, sein Leben der Hingabe, der unermeßlichen Liebe und des Opfers bis zum Tod nachzuahmen. Christus stellt uns vor die fundamentale Entscheidung: entweder die eigene Existenz in Egoismus und Einsamkeit verkümmern zu lassen, oder sich mit ganzem Herzen einem Leben des Dienstes zu verschreiben.