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Es gibt 8 Nummer in «Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer» deren Stichwort lautet Berufung des Christen, christliche Berufung  → Apostolat.

Die Aufgabe des Laien erstreckt sich nach der Lehre des Konzils gleichermaßen auf Kirche und Welt. Diese Tatsache wird häufig deshalb nicht richtig verstanden, weil man sich auf den einen oder den anderen der beiden Bereiche beschränkt. Wie würden Sie die Aufgaben umschreiben, die dem Laien einerseits in der Kirche und andererseits in der Welt zufallen?

Ich bin keineswegs der Ansicht, daß man hier von zwei verschiedenen Aufgaben sprechen kann; denn der spezifische Anteil des Laien an der Sendung der Kirche besteht ja gerade darin, die irdischen Dinge, die zeitliche Ordnung, mit einem Wort, die Welt von innen heraus, direkt und unmittelbar, zu heiligen.

Abgesehen von dieser Aufgabe, die dem Laien in spezifischer Weise eigen ist, besitzt er in seiner juristischen Eigenschaft als Gläubiger - genauso wie die Priester und Ordensleute - auch grundlegende Rechte, Pflichten und Fähigkeiten, die sich auf den innerkirchlichen Bereich beziehen. Hierher gehören zum Beispiel die aktive Teilnahme an der Liturgie der Kirche, die Fähigkeit, unmittelbar am Apostolat der Hierarchie mitzuwirken oder diese in ihren seelsorglichen Aufgaben zu beraten, wenn man dazu aufgefordert wird.

Aber die spezifische Aufgabe, die ihm in seiner Eigenschaft als Laie, und die generelle oder gemeinsame Aufgabe, die ihm als Gläubiger zukommt, sind keineswegs einander entgegengesetzt und miteinander unvereinbar, sondern sie überlagern und ergänzen sich gegenseitig. Nur die spezifische Aufgabe des Laien in den Vordergrund zu stellen, ohne gleichzeitig seine Eigenschaft als Gläubiger zu berücksichtigen, wäre ebenso widersinnig, wie wenn man sich einen grünen, blühenden Zweig vorstellen wollte, der zu keinem Baum gehört. Vergißt man dagegen die spezifische und eigentliche Aufgabe des Laien oder begreift man nicht die Eigenart seines weltlichen Apostolats und dessen ekklesialen Wert, so hat man den weitausladenden Baum der Kirche auf den Zustand eines monströsen, nackten Stammes reduziert.

Aufgrund der Tatsache, daß Laien, die dem Opus Dei angehören, einflußreiche Stellungen in der spanischen Gesellschaft bekleiden, spricht man ab und zu von einem Einfluß des Opus Dei in Spanien. Könnten Sie uns erklären, worin dieser Einfluß besteht?

Mich stört alles, was irgendwie nach Eigenlob aussehen könnte. Andrerseits segnet der Herr so großzügig unsere Arbeit, daß ich meine, es wäre keine Demut, sondern Blindheit und Undankbarkeit ihm gegenüber, wollte man nicht anerkennen, daß das Opus Dei tatsächlich einen Einfluß in der spanischen Gesellschaft ausübt. Es ist selbstverständlich, daß das Opus Dei in den Ländern, in denen es schon seit vielen Jahren arbeitet, einen Einfluß mit sozialen Auswirkungen hat, der mit der fortschreitenden Ausbreitung der Arbeit parallel geht. Und in Spanien arbeitet das Opus Dei schon seit neununddreißig Jahren, denn es war der Wille Gottes, daß es dort entstand.

Welcher Art ist nun dieser Einfluß? Das Opus Dei ist eine Vereinigung mit rein religiöser und apostolischer Zielsetzung, und sein Einfluß kann daher - in Spanien genauso wie in allen anderen Ländern auf den fünf Kontinenten, in denen wir arbeiten - offensichtlich ebenfalls nur religiöser und apostolischer Natur sein. Ebenso wie die Kirche als Ganzes die Welt beseelt, so hat auch der Einfluß des Opus Dei auf die Gesellschaft keinen zeitlichen - etwa sozialen, politischen oder wirtschaftlichen - Charakter, wenngleich er natürlich auf die ethischen Aspekte allen menschlichen Tuns ausstrahlt. Dieser Einfluß gehört vielmehr einer anderen, höheren Ebene an, und er läßt sich am besten mit dem Wort Heiligung bezeichnen.

Und damit sind wir bei den Mitgliedern des Opus Dei, die Sie einflußreich nennen. Für eine Vereinigung mit politischer Zielsetzung sind diejenigen ihrer Mitglieder einflußreich, die einen Sitz im Parlament oder im Ministerrat einnehmen. Eine kulturelle Vereinigung wird diejenigen Mitglieder als einflußreich betrachten, die Philosophen von bedeutendem Ruf, Literaturpreisträger oder ähnliches sind. Wenn sich eine Vereinigung jedoch vornimmt, die gewöhnliche Arbeit, sei sie nun handwerklich oder intellektuell, zu heiligen - wie das beim Opus Dei der Fall ist -, dann muß sie offensichtlich alle ihre Mitglieder als einflußreich betrachten, weil alle arbeiten (im Opus Dei kommt der allgemeinen menschlichen Pflicht zur Arbeit eine besondere juristische und asketische Bedeutung zu) und weil sich alle bemühen, ihre Arbeit - welcher Art auch immer - heiligmäßig, mit christlicher Gesinnung und mit dem Streben nach Vollkommenheit, zu verrichten. Deshalb ist für mich das Zeugnis eines meiner Söhne, der Bergarbeiter ist, unter seinen Kollegen ebenso einflußreich, bedeutend und notwendig wie das Zeugnis des Rektors einer Universität unter den übrigen Professoren des akademischen Senats.

Woher stammt also der Einfluß des Opus Dei? Eine einfache soziologische Betrachtung macht das klar: Unserer Vereinigung gehören Menschen aller sozialen Schichten, Berufe, Altersstufen und Lebensstände an: Männer und Frauen, Kleriker und Laien, Alte und Junge, Ehelose und Verheiratete, Studenten, Arbeiter, Bauern, Angestellte, freiberuflich Tätige, Beamte usw. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, was für eine Ausstrahlungskraft des Christlichen von einem derart weiten und vielgestaltigen Personenkreis ausgeht, insbesondere wenn er mehrere zehntausend Menschen umfaßt, die - gleich in welchem sozialen Milieu sie sich bewegen - von demselben apostolischen Eifer beseelt sind, ihre Arbeit zu heiligen, sich in dieser Arbeit zu heiligen und andere durch die Arbeit zu heiligen?

Zu dem persönlichen Apostolat kommt die wachsende Zahl unserer apostolischen Einrichtungen hinzu: Studentenheime, Tagungshäuser, die Universität von Navarra, Bildungszentren für Arbeiter und Landwirte, technische Institute, Gymnasien, Hauswirtschaftsschulen usw. All diese Unternehmungen sind zweifellos Brennpunkte christlichen Geistes, von Laien ins Leben gerufen und geleitet. Dies ist ihre berufliche Arbeit als Staatsbürger, die ihren Berufskollegen in allem gleich sind. Solche Einrichtungen stehen Menschen aller sozialen Schichten offen und haben dazu beigetragen, daß weite Kreise der Gesellschaft sich deutlicher der Notwendigkeit bewußt werden, auf die Fragen von Arbeit und Beruf eine christliche Antwort zu geben.

All das verleiht dem Opus Dei in sozialer Hinsicht Gewicht und Bedeutung. Nicht darauf kommt es an, daß einige seiner Mitglieder menschlich gesehen einflußreiche Ämter bekleiden; dies interessiert uns nicht im geringsten und ist Sache der freien, persönlichen Entscheidung. Worauf es ankommt, ist, daß alle Mitglieder des Werkes - und dank der Güte Gottes sind es viele - sich einer Arbeit widmen, die, mag sie auch noch so bescheiden sein, in übernatürlicher Hinsicht einflußreich ist. Und das leuchtet ein, denn wer könnte etwa behaupten, daß der Einfluß der Kirche in den Vereinigten Staaten erst mit dem Tag begann, an dem der Katholik John F. Kennedy zum Präsidenten gewählt wurde?

Wie ist demnach die ekklesiale Wirklichkeit des Opus Dei in das seelsorgliche Wirken der Gesamtkirche einzuordnen? Wie steht das Opus Dei zum Ökumenismus?

Es scheint mir wichtig, hier eine Klarstellung vorauszuschicken: Es wäre falsch, das Opus Dei mit dem Entwicklungsprozeß des Standes der Vollkommenheit in der Kirche in Zusammenhang zu bringen, denn das Werk ist keineswegs eine moderne Form oder ein aggiornamento dieses Standes. Weder der theologische Begriff des status perfectionis - wie ihn der heilige Thomas, Suarez und andere Autoren in der Kirche ausgebildet haben - noch die verschiedenen juristischen Ausprägungen, die dieser theologische Begriff erfahren hat oder erfahren kann, haben irgend etwas mit der Spiritualität und der apostolischen Zielsetzung gemein, die Gott für unsere Vereinigung gewollt hat. Eine vollständige theologische Darlegung dieser Frage würde hier zu weit führen, aber es genügt, sich vor Augen zu halten, daß das Opus Dei weder an Gelübden noch an Versprechen, noch an irgendeiner anderen Form von Weihe seiner Mitglieder Interesse hat, die über jene Weihe hinausginge, welche alle Christen bereits in der Taufe empfangen haben. Unsere Vereinigung will unter keinen Umständen, daß sich der Stand ihrer Mitglieder verändert und daß sie aufhören, einfache Gläubige wie alle anderen zu sein, um dem besonderen status perfectionis anzugehören. Im Gegenteil, das Opus Dei wünscht und bemüht sich darum, daß seine Mitglieder innerhalb ihres eigenen Standes an dem konkreten Platz, den sie in der Kirche und in der Gesellschaft einnehmen, nach Heiligkeit streben und apostolisch wirksam sind. Wir holen niemanden von dort weg, wo er steht, und entfernen niemanden von seiner Arbeit, von seinem Engagement und seiner Verflechtung in die zeitliche Ordnung.

Das gesellschaftliche Phänomen, die Spiritualität und das Wirken des Opus Dei fügen sich in einen ganz anderen Bereich im Leben der Kirche ein, und zwar gehören sie in jenen Entfaltungsprozeß der Theologie und des Lebens, der die Laien immer mehr zur vollen Übernahme ihrer ekklesialen Verantwortung und ihrer spezifischen Teilnahme an der Sendung Christi und seiner Kirche führt. Darin besteht heute, wie in der ganzen, fast vierzigjährigen Geschichte des Werkes, die beständige, gelassene, aber zugleich dringende Sorge, durch die Gott in mir und in allen Mitgliedern des Werkes dem Wunsch, Ihm zu dienen, Ausdruck verleihen wollte.

Welchen Beitrag das Opus Dei zu diesem Prozeß geleistet hat? Vielleicht ist jetzt nicht der rechte geschichtliche Augenblick, um eine derart umfassende Wertung vorzunehmen. Obwohl sich das Zweite Vatikanische Konzil zu meiner großen Freude dieser Fragen ausführlich angenommen hat und obwohl zahlreiche Begriffe und Gegebenheiten im Zusammenhang mit dem Leben und der Sendung des Laien bereits durch das Lehramt ausreichend geklärt und bestätigt worden sind, bleibt trotzdem noch ein erheblicher Kern von Fragen übrig, die für die Theologie im ganzen gesehen noch echte Grenzprobleme darstellen. Was uns betrifft, so scheint uns innerhalb des Geistes, den Gott dem Opus Dei gegeben hat und dem wir trotz unserer persönlichen Unvollkommenheiten in Treue zu folgen suchen, der größte Teil dieser umstrittenen Fragen bereits in wunderbarer Art und Weise gelöst. Wir versuchen jedoch nicht, diese Lösungen als die einzig möglichen hinzustellen.

In eben diesem ekklesiologischen Entwicklungsprozeß gibt es andererseits eine ganze Reihe von Aspekten, die eine herrliche Bereicherung der christlichen Lehre darstellen und zu denen zusammen mit den wertvollen Beiträgen anderer gleichermaßen verdienter apostolischer Initiativen und Vereinigungen - nach Gottes Willen - auch das Zeugnis und das Leben des Opus Dei nicht wenig beigetragen hat. Allerdings wird wahrscheinlich noch eine geraume Zeit vergehen, bis diese neuen theologischen Erkenntnisse im Leben der Gesamtheit des Volkes Gottes Wurzel schlagen. Sie selbst haben in Ihren vorausgehenden Fragen auf einige dieser Aspekte hingewiesen: die Entwicklung einer authentischen Laienspiritualität, das Verständnis für die besonderen, nicht kirchlich-offiziellen, sondern ekklesialen Aufgaben, die dem Laien eigen sind, die Herausarbeitung der Rechte und Pflichten, die ihm in seiner spezifischen Stellung als Laie zukommen, die Beziehungen zwischen Laie und Hierarchie, die Gleichheit der Würde von Mann und Frau in der Kirche und die gegenseitige Ergänzung in ihren Aufgaben, die Notwendigkeit einer angemessenen öffentlichen Meinung innerhalb des Volkes Gottes usw.

Das alles ist noch im Fluß, und die Entwicklung ist manchmal recht paradox. Die gleiche Aussage, an der noch vor vierzig Jahren fast alle oder, besser gesagt, alle Anstoß nahmen, wird heute praktisch als normal empfunden; und dennoch haben nur sehr wenige sie wirklich ganz begriffen und bemühen sich, auch ihr alltägliches Leben danach auszurichten.

Vielleicht läßt sich das besser an einem Beispiel erläutern: Um den Mitgliedern unserer Vereinigung einige Aspekte und Konsequenzen jener besonderen Würde und Verantwortung darzulegen, die sich aus der Taufe für den Christen ergeben, schrieb ich im Jahre 1932: "Man muß mit dem Vorurteil aufräumen, die gewöhnlichen Gläubigen könnten nichts anderes tun, als dem Klerus in kirchlichen Apostolatswerken zu helfen. Es gibt keinen Grund, warum sich das Apostolat der Laien auf eine bloße Teilnahme am hierarchischen Apostolat beschränken sollte, denn ihnen selbst kommt die ureigene Pflicht zu, apostolisch wirksam zu sein; und zwar nicht, weil sie etwa eine missio canonica erhalten haben, sondern ganz einfach, weil sie Teil der Kirche sind. Diese Aufgabe verwirklichen sie in ihrem Beruf, in ihrer Arbeit, in ihrer Familie, unter ihren Kollegen und Freunden." Aufgrund der feierlich verkündeten Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils wird wahrscheinlich niemand mehr die Rechtgläubigkeit dieser Aussage in Zweifel ziehen. Aber wie viele haben denn tatsächlich bereits ihren bisherigen Begriff vom Laienapostolat revidiert und betrachten es nicht mehr als eine von oben nach unten durchorganisierte Seelsorgetätigkeit? Wer hat denn wirklich schon die alte monolithische Auffassung vom Apostolat der Laien überwunden und begriffen, daß es auch ohne streng zentralisierte Strukturen, ohne missio canonica und genaue Anweisungen der Hierarchie gehen kann und muß? Verwechseln denn alle jene, die den Laien als die longa manus Ecclesiae betrachten, nicht den Begriff der Kirche als Volk Gottes mit dem viel engeren Begriff der Hierarchie? Und wie viele Laien haben denn andererseits wirklich verstanden, daß sie kein Recht haben, ihrem legitimen Anspruch auf Unabhängigkeit im Apostolat Geltung zu verleihen, wenn sie nicht bereit sind, in feinfühliger Art und Weise die Verbundenheit mit der Hierarchie zu wahren?

Ähnliche Überlegungen ließen sich auch im Zusammenhang mit anderen Problemen anstellen; denn sowohl in der notwendigen theologischen Darstellung wie auch in der Gewissensbildung und in der Erneuerung der kirchlichen Gesetzgebung ist noch viel, sehr viel zu tun. Ich bitte den Herrn oft darum - das Gebet ist immer meine mächtigste Waffe gewesen -, daß der Heilige Geist seinem Volk und insbesondere der Hierarchie bei der Bewältigung dieser Aufgaben beisteht. Und zugleich bete ich dafür, daß sich der Herr auch weiterhin des Opus Dei bedienen möge, damit wir in allem, was uns betrifft, zu diesem schwierigen, aber zugleich wundervollen Prozeß der Entfaltung und des Wachstums in der Kirche unseren Beitrag leisten.

Wie erklären Sie den beachtlichen Erfolg des Opus Dei und nach welchen Maßstäben messen Sie ihn?

Wenn eine Unternehmung auf das Übernatürliche ausgerichtet ist, dann bedeutet Erfolg oder Mißerfolg, so wie sie gewöhnlich aufgefaßt werden, recht wenig. Schon der heilige Paulus sagte zu den Christen von Korinth, daß es im geistlichen Leben nicht auf das Urteil der anderen, auch nicht auf das eigene, sondern nur auf das Urteil Gottes ankommt.

Gewiß ist das Werk heute in der ganzen Welt verbreitet. Ihm gehören Männer und Frauen aus rund siebzig Nationen an. Wenn ich an diese Tatsache denke, bin ich selbst überrascht. Ich finde keine menschliche Erklärung dafür; die einzige Erklärung ist für mich der Wille Gottes, denn der Geist weht, wo er will, und er bedient sich, wessen er will, um die Menschen zu heiligen. All das ist für mich Grund zur Danksagung, zur Demut und zur Bitte an Gott, ihm immer in der rechten Weise dienen zu können. Sie fragen mich auch, nach welchem Maßstab ich diese Dinge beurteile. Die Antwort ist sehr einfach: nach der Heiligkeit, nach den Früchten der Heiligkeit.

Das wichtigste Apostolat des Opus Dei ist dasjenige, das jedes Mitglied durch das Zeugnis seines Lebens und durch sein Wort im täglichen Umgang mit seinen Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen ausübt. Wer will da die übernatürliche Wirksamkeit dieses stillen und demütigen Apostolates messen? Das Beispiel eines loyalen und aufrichtigen Freundes oder der Einfluß einer guten Mutter in der Familie - so etwas kann in seiner Auswirkung kaum gemessen werden.

Aber vielleicht bezieht sich Ihre Frage mehr auf die korporativen Apostolate des Opus Dei, bei denen man die Ergebnisse von einem rein natürlichen, sozusagen technischen Standpunkt aus messen könnte: etwa ob eine Arbeiterfachschule tatsächlich dem sozialen Fortschritt derer dient, die sie besuchen, oder ob eine Universität ihren Studenten die angemessene berufliche und kulturelle Ausbildung gibt. Wenn ich Ihre Frage in diesem Sinne verstehen darf, dann möchte ich sagen, daß der Erfolg sich zum Teil dadurch erklären läßt, daß diejenigen, die in diesen apostolischen Einrichtungen arbeiten, darin ihre spezifische berufliche Aufgabe sehen, auf die sie sich entsprechend vorbereiten wie jeder, der etwas Ernsthaftes leisten will. Das bedeutet unter anderem, daß diese Initiativen nicht nach einem vorgefaßten Schema konzipiert werden, sondern daß man in jedem Fall die besonderen gesellschaftlichen Bedürfnisse des Landes oder der Gegend berücksichtigt, wo eine bestimmte Tätigkeit begonnen werden soll, um sie den wirklichen Erfordernissen anzupassen.

Aber ich betone nochmals, daß das Opus Dei sich nicht in erster Linie für die rein menschliche Wirksamkeit interessiert. Der wirkliche, ausschlaggebende Erfolg oder Mißerfolg dieser korporativen Werke - das menschliche Niveau immer vorausgesetzt - hängt entscheidend davon ab, ob jene, die in ihnen arbeiten, wie auch die, denen diese Arbeit zugute kommt, dort wirksam Hilfe und Ansporn finden oder nicht, Gott mehr zu lieben, sich immer klarer bewußt zu werden, daß sie Brüder ihrer Mitmenschen sind, und dies in einem selbstlosen Dienst an der Menschheit bezeugen.

Diese Gedanken vermitteln eine tiefere Einsicht in das Wesen der Kirche, die sich darstellt als eine durch alle Gläubigen gebildete Gemeinschaft, so daß wir alle Mitträger einer gemeinsamen Aufgabe sind, ein jeder nach seinen persönlichen Bedingungen. Dank dem Antrieb des Heiligen Geistes werden sich die Laien immer mehr dessen bewußt, daß sie Kirche sind, daß sie eine spezifische, erhabene und notwendige - da gottgewollte - Aufgabe haben. Sie wissen auch, daß diese Aufgabe von ihrem Christsein selbst abhängt und nicht notwendigerweise von einem Auftrag der Hierarchie, auch wenn es selbstverständlich ist, daß die Laien diese Aufgabe in Einheit mit der kirchlichen Hierarchie und in Übereinstimmung mit dem Lehramt erfüllen müssen. Ohne Einheit mit dem Bischofskollegium und mit seinem Haupt, dem Papst, kann es nämlich für einen katholischen Christen keine Einheit mit Christus geben.

Die spezifische Art der Laien, ihren Beitrag zur Heiligkeit und zum Apostolat der Kirche zu leisten, besteht im freien und verantwortlichen Wirken inmitten der zeitlichen Gegebenheiten, so daß sie den Sauerteig der christlichen Botschaft überall hintragen können. Das Zeugnis, das ein Christ durch sein Leben gibt, sein Wort, das im Namen Gottes Licht bringt, und sein verantwortliches Handeln im Dienst der Mitmenschen, mit dem er zur Lösung der gemeinsamen Probleme beiträgt, all das sind verschiedene Arten, wie der gewöhnliche Christ durch seine Gegenwart einen göttlichen Auftrag erfüllt. Seit sehr vielen Jahren, seit dem Gründungstag des Opus Dei selbst, habe ich jene Worte Christi, die Johannes uns überliefert, selbst betrachtet und andere betrachten lassen: Et ego, si exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum (Joh 12,32). Christus zieht durch seinen Tod am Kreuz die ganze Schöpfung an sich, und in seinem Namen sollen die Christen durch ihre Arbeit mitten in der Welt alle Dinge mit Gott versöhnen. Dies erreichen sie dadurch, daß sie Christus zum Ziel allen menschlichen Tuns erheben.

Zugleich mit diesem Bewußtwerden der Laien vollzieht sich - das möchte ich hinzufügen - auch eine analoge Entwicklung im Verständnis der Hirten. Sie erkennen das Spezifische der Laienberufung. Diese Berufung muß durch eine Seelsorge gefördert und begünstigt werden, die mitten im Volk Gottes das Charisma der Heiligkeit und des Apostolates in den zahllosen und unterschiedlichen von Gott gewährten Formen entdeckt.

Diese neue Form der Seelsorge stellt sehr hohe Anforderungen, aber sie ist meiner Meinung nach absolut notwendig. Sie erfordert die übernatürliche Gabe der Unterscheidung der Geister, ein feines Gespür für die Dinge Gottes und die Demut, eigene Vorstellungen anderen nicht aufzudrängen, und dem zu dienen, was Gott in den Seelen wecken will. Mit einem Wort: sie erfordert die Liebe zur rechtmäßigen Freiheit der Kinder Gottes, die Christus begegnen und zu Trägern Christi werden, indem sie Wege gehen, die voneinander verschieden, aber alle in gleicher Weise göttlich sind.

Eine der größten Gefahren, die die Kirche heute bedrohen, könnte darin bestehen, diese göttlichen Forderungen der christlichen Freiheit nicht anzuerkennen und aus Gründen einer vermeintlich größeren Wirksamkeit den Christen eine weitgehende Gleichschaltung aufzwingen zu wollen. Diese Einstellung wurzelt zwar in dem legitimen und löblichen Wunsch, die Kirche möge ein Zeugnis geben, das die moderne Welt mitreißt, und dennoch fürchte ich sehr, daß dieser Weg verkehrt ist. Einerseits könnte er die Hierarchie in zeitliche Dinge verwickeln und zu einem neuartigen, aber nicht minder verhängnisvollen Klerikalismus als dem vergangener Jahrhunderte führen; andererseits könnte er die Laien, die gewöhnlichen Christen, von der Welt, in der sie leben, abkapseln und zu Vertretern von Entscheidungen oder Ideen machen, die außerhalb dieser ihrer Welt entstanden sind.

Mir scheint, daß von uns Priestern gerade die Demut verlangt wird zu lernen, nicht modisch, sondern echte Diener der Diener Gottes zu sein gemäß dem Wort des Täufers: illum oportet crescere, me autem minui (Joh 3,30) - er muß wachsen, und ich muß abnehmen -, damit die gewöhnlichen Christen, die Laien, Christus in allen Bereichen der Gesellschaft gegenwärtig machen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Priesters wird immer darin bestehen, in der christlichen Lehre zu unterweisen; den Mitmenschen zu helfen, die persönlichen und sozialen Forderungen des Evangeliums zu erfassen; darauf hinzuwirken, daß die Zeichen der Zeit in richtiger Weise erkannt werden. Aber alle priesterliche Arbeit muß sorgfältig die rechtmäßige Freiheit der Gewissen achten, weil jeder einzelne Mensch frei auf Gott antworten muß. Aber abgesehen von dieser Hilfe des Priesters empfängt auch jeder einzelne Katholik von Gott Klarheit. Er besitzt die Standesgnade, um die spezifischen Aufgaben zu verwirklichen, die er als Mensch und als Christ erhalten hat.

Wer der Meinung ist, es sei für ein Vernehmlich-Machen der Stimme Christi in der Welt vonnöten, daß der Klerus spreche oder sich überall zeige, hat wenig von der Würde der göttlichen Berufung aller und jedes einzelnen christlichen Gläubigen begriffen.

Sie haben oft von der Arbeit gesprochen. würden Sie uns sagen, welche Stellung die Arbeit in der Spiritualität des Opus Dei einnimmt?

Die Berufung zum Opus Dei verändert oder beeinträchtigt in keiner Weise die Lebensbedingungen und den Stand des Berufenen. Da die Arbeit die Lebensbedingung des Menschen ausmacht, wird die menschliche Berufung zur Arbeit gerade durch die übernatürliche Berufung zur Heiligkeit und zum Apostolat im Geiste des Opus Dei bekräftigt. Die überwiegende Zahl der Mitglieder des Werkes sind Laien, gewöhnliche Christen - Menschen also, zu deren Dasein ein Beruf gehört: eine Arbeit, eine sie oft voll beanspruchende Tätigkeit, durch die sie ihren Lebensunterhalt verdienen, die Familie ernähren, zum Gemeinwohl beitragen und ihre Persönlichkeit entfalten.

Die Berufung zum Opus Dei bekräftigt all dies, so daß eines der Wesensmerkmale dieser Berufung gerade darin besteht, in der Welt zu leben und hier eine Arbeit auszuüben, und zwar vom Menschlichen wie vom Übernatürlichen her, trotz der menschlichen Unzulänglichkeit, so vollkommen wie möglich. Es soll eine Arbeit sein, die wirkungsvoll zum Aufbau des Irdischen und zur Heiligung der Welt beiträgt, weshalb sie mit fachlichem Können und im Geist des Dienens getan werden muß. Wenn es so ist, dann ist die Arbeit etwas Heiligendes und Geheiligtes.

Wer seinen Glauben vollkommen leben und ein Apostolat im Geiste des Opus Dei ausüben will, der muß sich durch seinen Beruf heiligen, seinen Beruf heiligen und die anderen durch seinen Beruf heiligen. So lebt er, ohne sich deshalb von den anderen Bürgern zu unterscheiden, genau wie sie. Während er so mit ihnen zusammen arbeitet, bemüht er sich, Christus gleichförmig zu werden und seine dreißig Jahre der Arbeit in der Werkstatt von Nazareth nachzuahmen.

Denn diese alltägliche Aufgabe ist nicht bloß der Rahmen, in dem man sich heiligen muß, sondern sie selbst ist der Stoff der Heiligkeit: in all dem Trubel des Tages entdeckt er die Hand Gottes und findet Impulse für ein Leben des Gebetes. Das berufliche Tun selbst bringt ihn in Kontakt mit anderen Menschen - Verwandten, Freunden, Kollegen - und mit den großen Problemen, die seine Gesellschaft und die ganze Welt angehen. Damit bietet sich ihm die Gelegenheit, seine Hingabe im Dienste für die anderen zu leben, und das ist wesentlich für einen Christen. So muß er sich bemühen, ein wahrhaftiges und glaubwürdiges Zeugnis für Christus abzulegen, damit alle anfangen, den Herrn kennen und lieben zu lernen und zu entdecken, daß das normale Leben in der Welt und die Arbeit des Alltags zur Begegnung mit Gott werden können.

Mit anderen Worten: Heiligkeit und Apostolat bilden im Leben der Mitglieder des Werkes eine Einheit. Deshalb ist die Arbeit der Angelpunkt ihres geistlichen Lebens. Ihre Hingabe an Gott dringt in jene Arbeit ein, die sie ausübten, bevor sie zum Werk kamen, und der sie auch weiterhin nachgehen.

Als ich in den ersten Jahren meiner priesterlichen Arbeit begann, solches zu verkünden, verstanden mich manche nicht; andere nahmen Anstoß, denn sie waren gewohnt, von der Welt immer nur in einem abwertenden Sinne sprechen zu hören. Der Herr hatte mich begreifen lassen - und ich wollte es an die anderen weitergeben -, daß die Welt gut ist, denn die Werke Gottes sind immer vollkommen; nur wir Menschen machen die Welt schlecht durch die Sünde.

Ich sagte damals und ich sage es wieder und wieder, daß wir die Welt lieben müssen, weil wir in ihr Gott begegnen. In den Vorgängen und Ereignissen der Welt zeigt und enthüllt sich uns Gott.

Das Gute und das Böse vermengen sich in der Geschichte der Menschheit. Deshalb muß der Christ eine gute Unterscheidungsfähigkeit besitzen. Diese darf ihn aber niemals dazu verführen, zu bestreiten, daß die Werke Gottes gut sind. Vielmehr muß er im Gegenteil das Göttliche erkennen, das sich im Menschlichen zeigt, sogar hinter unseren eigenen Schwächen. Ein gutes Motto für das christliche Leben könnte man in den Worten des Apostels finden: Alle Dinge sind euer, Ihr seid Christi und Christus ist Gottes (1 Kor 3,22-23). So kann man die Absichten Gottes verwirklichen, der die Welt retten will.

Ich möchte zu einem ganz konkreten Thema übergehen. Vor kurzem wurde in Madrid die Eröffnung einer Bildungsstätte für Hausangestellte angekündigt, die von der weiblichen Abteilung des Opus Dei geleitet werden soll. Als Ziel wird angegeben, den Hausangestellten in einer familiären Atmosphäre eine umfassende, qualifizierte Berufsausbildung zu vermitteln. Welchen gesellschaftlichen Einfluß können Ihrer Meinung nach derartige Tätigkeiten des Opus Dei haben?

Diese apostolische Einrichtung ist eine unter vielen, die von Mitgliedern des Opus Dei in Zusammenarbeit mit anderen Menschen, die nicht unserer Vereinigung angehören, geleitet werden. Das Hauptziel der Bildungsstätte besteht darin, dem Beruf der Hausangestellten ein neues Ansehen zu verleihen, indem man ihr hilft, ihre Arbeit in einen qualifizierten Beruf zu verwandeln. Ich sage das ganz bewußt, denn es ist nötig, die Hausarbeit als das zu betrachten, was sie ist: ein wirklicher Beruf.

Vergessen wir nicht, daß man versucht hat, diese Arbeit als erniedrigend darzustellen. Sie ist es aber keineswegs. Erniedrigend waren allerdings häufig die Begleitumstände dieser Arbeit, und oft sind sie es auch jetzt noch, da die Angestellten nicht selten ohne eine wirkliche Garantie ihrer Rechte, in einer lieblosen Atmosphäre und ohne ausreichendes Entgelt von der Laune ihrer Arbeitgeber abhängig sind. Deshalb ist ein richtiger Arbeitsvertrag erforderlich, der klare und genau umgrenzte Garantien enthält und die beiderseitigen Rechte und Pflichten festlegt.

Aber eine juristische Garantie allein genügt nicht. Die Frau, die einen solchen Dienst leistet, muß auch beruflich entsprechend qualifiziert sein. Obwohl man das Wort heute nicht gerne hört, habe ich gerade bewußt von einem Dienst gesprochen, denn jede sinnvolle Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft ist im besten Sinne des Wortes ein Dienst, die Tätigkeit einer Hausangestellten ebenso wie die eines Lehrers oder Richters. Nur derjenige leistet mit seiner Arbeit keinen Dienst, der ausschließlich an sein persönliches Wohlergehen denkt.

Die Arbeit im Haushalt hat einen hohen Wert; denn, vom übernatürlichen Standpunkt aus gesehen, gibt es ja keine Tätigkeiten, die in sich wichtiger oder weniger wichtig wären. Alle sind wichtig, wenn man sie aus Liebe tut. Aufgaben, die man für groß erachtet, werden klein, wenn man den christlichen Sinn des Lebens vergißt; dagegen gibt es scheinbar unbedeutende Tätigkeiten, die große Auswirkungen haben können.

Für mich ist die Arbeit einer Hausangestellten, die dem Opus Dei angehört, genauso bedeutend wie die Arbeit eines anderen Mitglieds, das etwa einen Adelstitel besitzt. In beiden Fällen interessiert mich nur, inwieweit die eine und die andere ihre Arbeit als Mittel und Gelegenheit zur persönlichen Heiligung und zum Apostolat benutzt. Wichtiger ist die Arbeit derjenigen, die sich in ihrem Tun und ihrem Stand besser heiligt und die ihr von Gott anvertraute Aufgabe mit größerer Liebe erfüllt.

Vor Gott haben eine Universitätsprofessorin, eine Angestellte, eine Sekretärin, eine Fabrik- oder Landarbeiterin genau die gleiche Bedeutung. Vor Gott sind alle gleich. Vielleicht sind Gott manchmal einfachere Menschen wohlgefälliger, immer aber diejenigen, die mit Gott Vater, seinem Sohn und dem Heiligen Geist einen vertrauten Umgang pflegen.

Mit der Schule in Madrid kann viel erreicht werden; sie leistet in einem wichtigen Bereich der Gesellschaft eine wirksame Hilfe. Sie ermöglicht eine aus christlichem Geist getane Arbeit, die Freude, Friede und Verständnis in die Familie hineinzutragen vermag. Ich könnte stundenlang über dieses Thema sprechen, aber das Gesagte genügt, um zu verdeutlichen, daß ich die Arbeit im Haushalt als eine Aufgabe von ganz besonderer Tragweite ansehe, die sich mitten in der Familie zum Guten oder Schlechten auswirken kann. Ich hoffe, die Schule in Madrid wird viel Gutes erreichen. So wird es weniger an Menschen fehlen, die mit Charakter, Sachverstand und apostolischem Eifer diesen Beruf ausüben, der überall auf der Welt eine so große Bedeutung hat.