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Es gibt 3 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Berufung des Christen, christliche Berufung  → der Gute Hirte.

Es heißt weiter im Evangelium: Die Pharisäer schickten ihre Schüler zusammen mit den Herodianern zu Ihm und ließen sagen: Meister (Mt 22,16). Seht, mit welcher Verlogenheit sie Ihn Meister nennen, sich als Bewunderer und Freunde ausgeben, Ihn mit einem Titel ansprechen, der den Wunsch nach Belehrung erwarten läßt. Magister, scimus quia verax es (Ebd.), wir wissen, Du bist wahrhaft… Welche Heuchelei! Ist es möglich, noch hinterhältiger zu sein? Seid also auf der Hut. Nicht argwöhnisch und nicht mißtrauisch, aber fühlt auf euren Schultern die Last des Schafes - denkt an das Bild vom Guten Hirten in den Katakomben -, und nicht nur die Last einer einzelnen Seele, sondern der ganzen Kirche, der ganzen Menschheit.

Indem ihr entschlossen diese Verantwortung bejaht, werdet ihr tapfer und klug sein und die Sache Gottes verteidigen und verkünden können. Von eurem klaren, eindeutigen Verhalten sympathisch berührt, werden euch dann viele Menschen Achtung entgegenbringen und euch Meister nennen - auch wenn ihr das nicht beabsichtigt, denn wir suchen ja keine irdischen Ehren. Wundert euch aber nicht, wenn ihr unter den vielen, die sich euch nähern, auch solche entdeckt, die euch nur schmeicheln wollen. Prägt euch gut ein, was ihr so oft von mir gehört habt: daß weder Verleumdung noch gehässige Klatschereien, noch Menschenfurcht, noch jenes Was werden die Leute sagen? und am allerwenigsten heuchlerische Ohrenbläserei uns je daran hindern dürfen, unsere Pflicht zu tun.

Erinnert ihr euch an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter? Da liegt einer am Wegesrand, von Räubern zusammengeschlagen und ausgeplündert. Zuerst kommt ein Priester des Alten Bundes vorbei, dann ein Levit; sie gehen weiter, ohne sich um ihn zu kümmern. Schließlich kam ein Mann aus Samaria, der auf der Reise war; als er ihn sah, hatte er Mitleid. Er ging zu ihm hin, goß Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und pflegte ihn (Lk 10,33-34). Der Herr ermahnt zu solch beispielhaftem Handeln nicht nur einige wenige Auserlesene; denn gleich danach sagt Er dem, der gefragt hatte, und damit jedem von uns: Geh hin und tue desgleichen (Lk 10,37).

Stellen wir also in unserem eigenen Leben oder im Leben anderer fest, daß etwas einfach schiefliegt und der Korrektur bedarf durch die geistliche und menschliche Hilfe, die wir, Kinder Gottes, leisten können und müssen, dann verlangt es die Klugheit, daß wir angemessen helfen: gründlich, ehrlich, in Liebe und mit Starkmut. Sich nicht angesprochen fühlen ist keine Lösung, und ebenso falsch ist es zu meinen, man könne durch Unterlassen oder Hinauszögern die Probleme aus der Welt schaffen.

Es ist ein Gebot der Klugheit, daß man, wenn die Situation es erfordert, die Medizin sofort und vollständig anwendet, nachdem die Wunde freigelegt ist. Seid einfach und wahrhaftig, sobald ihr die geringsten Symptome des Übels festgestellt habt, einerlei, ob ihr die Medizin selbst geben oder sie von anderen empfangen sollt. Dem, der im Namen Gottes heilen kann, muß man erlauben, daß er die Wunde reinigt - ihre Umgebung zuerst, und dann immer näher an den eigentlichen Defekt heran, bis der Eiter beseitigt und die infizierte Stelle ganz sauber ist. Das gilt in erster Linie für uns selbst, und dann für alle, denen wir um der Gerechtigkeit oder der Liebe willen Hilfe schulden; ganz besonders empfehle ich jetzt im Gebet die Eltern und alle diejenigen, die Erziehungs- und Bildungsaufgaben wahrnehmen.

Menschenfurcht

Laßt euch nicht durch vorgeschützte Gründe aufhalten, wendet die Medizin an, ganz. Aber tut es mit der Hand einer Mutter, in der unvergleichlich zarten Art, wie sie unsere Wunden und Abschürfungen nach einem kindlichen Spiel oder nach einem Sturz behandelte. Wartet etwas, wenn nötig, aber niemals über die unbedingt nötige Zeit hinaus, denn das wäre keine Klugheit mehr, sondern Bequemlichkeit oder Feigheit. Keiner, besonders aber der nicht, der mit der geistlichen Formung anderer beauftragt ist, darf davor zurückschrecken, Wunden zu desinfizieren.

Dem Unentschlossenen oder Unwilligen, der die Aufgabe hat zu heilen, und sie vernachlässigt, mag jemand verlogen ins Ohr flüstern: Meister, wir wissen, Du bist wahrhaft (Mt 22,16). Laßt solch ein ironisches Lob nicht zu: Wer sich nicht bemüht, seine Aufgabe gewissenhaft zu erfüllen, ist kein Meister, er lehrt ja nicht den rechten Weg; und er ist auch nicht wahrhaftig, da er in seiner vermeintlichen Klugheit klare, vielfach bewährte Kriterien für übertrieben oder überflüssig hält, die zum Gespräch, zum Handeln, zur Anteilnahme drängen und vom Lebensalter, von der Weisheit in der Menschenführung, von der Kenntnis der menschlichen Schwäche und von der Liebe zu jedem einzelnen inspiriert sind.

Der falsche Meister hat Angst, der Wahrheit auf den Grund zu gehen; schon der Gedanke an eine mögliche Situation, in der er die Pflicht hätte, ein schmerzhaftes Heilmittel anzuwenden, beunruhigt ihn. Seid sicher, daß aus solcher Haltung weder Klugheit noch Anteilnahme, noch gesunder Menschenverstand sprechen, sondern nur Kleinmut, Verantwortungslosigkeit, Unvernunft, Dummheit. Später - aber zu spät - versuchen sie dann noch, von Unheilsängsten gepackt, das Übel einzudämmen. Sie haben vergessen, daß die Tugend der Klugheit auch die rechte Zeit bestimmt, wann der ruhig durchdachte, aus bewährter Erfahrung stammende Rat, mit unverstelltem Blick gesehen und eindeutig ausgesprochen, aufgenommen oder weitergegeben werden muß.

Verzeichnis der Schriftstellen
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