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Es gibt 5 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Aufrichtigkeit → bei der geistlichen Begleitung .

Aufrichtig in der geistlichen Leitung

Ihr kennt eure Pflichten als Christen gut genug, um den Weg zur Heiligkeit ruhig und beständig gehen zu können; ebenso seid ihr vor den meisten Schwierigkeiten schon auf der Hut, denn sie werden bereits am Anfang des Weges erkennbar. Nun möchte ich euch ans Herz legen, daß ihr die Hilfe und Anleitung durch einen Seelenführer sucht und ihm alles anvertraut: den Wunsch nach Heiligkeit, die alltäglichen Fragen eures inneren Lebens, die Siege und die Niederlagen.

Bei der geistlichen Leitung sollt ihr immer sehr aufrichtig sein: Sagt alles, öffnet die Seele ganz, unumwunden und ohne Angst. Sonst wird der anfangs ebene und gerade Weg immer verschlungener, und was erst nur eine Kleinigkeit war, wird schließlich zu einem erstickenden Brocken. Ist jemand zu Fall gekommen, wäre es ein Irrtum zu meinen, daß dieser Fall urplötzlich geschah. Nein, er war in einer Täuschung über sich befangen und begann schon aus verkehrten Grundsätzen, oder er überließ sich so lange einer geistigen Laxheit, bis nach und nach die Lauterkeit des Herzens dahinschwand und er am Ende unter dem Gewicht der allmählich wachsenden Laster zusammenbrach () Auch ein Haus fällt nicht plötzlich, mir nichts dir nichts zusammen, sondern zuerst dringen entweder infolge alter Mängel oder durch die Nachlässigkeit der Bewohner nur ein paar Tropfen in die Ritzen ein, bis so ganz allmählich das Dach verrottet, und wenn nun seine Löcher nicht geflickt werden, dann regnet es schließlich in Strömen hinein (Cassian, Collationes, 6, 17 (PL 49, 667-668]).

Erinnert ihr euch an die Geschichte von dem Zigeuner, der beichten ging? Natürlich ist sie erfunden, denn über eine wirkliche Beichte würde man niemals sprechen, und außerdem habe ich die Zigeuner sehr gern. Der arme Kerl! Er bereute wirklich…: Herr Pfarrer, ich bekenne, daß ich einen Strick gestohlen habe… - nun, das ist nicht viel… und daran hing ein Maultierund daran noch ein Strick…und daran noch ein Maultier… Und das zwanzigmal. Meine Kinder, auch mit uns ist es so: Lassen wir den einen Strick durchgehen, dann folgt ein ganzer Zug böser Neigungen und Erbärmlichkeiten, die uns erniedrigen und beschämen. Ähnlich ist es im Umgang mit den anderen: Es beginnt mit einer kaum wahrnehmbaren Lieblosigkeit, und am Ende steht die eisige Gleichgültigkeit dessen, der seinen Mitmenschen den Rücken kehrt.

Fangt uns die Füchse, diese jungen Füchse, die die Weinberge verwüsten, ja unsere Weinberge, welche in Blüte stehen (Hld 2,15). Seid treu, sehr treu im Kleinen! Das Streben danach wird uns auch kindliches Vertrauen zu unserer Mutter Maria lehren. Habe ich euch nicht zu Beginn gesagt, daß wir alle klein sind, weil nur die Jahre zählen, die seit unserem Entschluß, Gott ganz nahe zu sein, vergangen sind? Deshalb ist es nur vernünftig, wenn wir in unserem Elend und in unserer Ohnmacht die Nähe der erhabenen, heiligen Reinheit der Mutter Gottes, die auch unsere Mutter ist, suchen.

Hört eine andere Geschichte, die wirklich geschehen ist und die ich erzählen darf, weil sie schon viele, viele Jahre zurückliegt und in ihrer derben Unmittelbarkeit hilfreich sein kann. Ich hielt Besinnungstage für Priester aus verschiedenen Diözesen. Jeden einzelnen suchte ich auf, freundlich und anteilnehmend, damit sie sich mit mir aussprechen könnten; denn auch wir Priester brauchen einen brüderlichen Ratgeber und Helfer. Im Gespräch mit einem, der etwas ungeschliffen, aber gerade und ehrlich war, hatte ich mich bemüht, wenn auch schonend, so doch nachdrücklich die offene Aussprache herbeizuführen, um die möglichen Wunden seines Herzens zu heilen. Plötzlich unterbrach er mich und sagte: Wie beneide ich meinen Esel; er hat in sieben Pfarreien gedient, und kein Mensch hat etwas an ihm auszusetzen. Hätte ich doch gedient wie er!

Prüfe dich gründlich… Vielleicht verdienen auch wir nicht das Lob dieses Landpfarrers für seinen Esel. Wir haben viel gearbeitet, hier und dort Verantwortung getragen, in dieser und jener Sache Erfolge gehabt… Aber, vor dem Angesicht Gottes, findest du da nichts, was zu beklagen ist? Hast du wirklich immer versucht, Gott und deinen Mitmenschen, deinen Brüdern, zu dienen? Oder hast du dich zuviel um deinen Egoismus, dein Ansehen, deinen Ehrgeiz, deine rein irdischen, hoffnungslos flüchtigen Erfolge gekümmert?

All dies sage ich euch ganz ungeschminkt, denn ich will jetzt von neuem Gott um Vergebung bitten und möchte auch euch dazu anleiten. Vor unserem Blick steht unsere mangelnde Treue, stehen all die Fehler, Erbärmlichkeiten, Schlaffheiten; jeder kennt da seine eigene Geschichte. Sprechen wir also zum Herrn aus vollem Herzen das Reuegebet des Petrus: Domine, tu omnia nosti, tu scis qui amo te! (Joh 21,17) Herr, Du weißt alles, Du weißt, daß ich Dich liebe!

Trotz meiner Erbärmlichkeiten! Ja, ich nehme mir heraus, es so abzuwandeln: Du weißt, daß ich Dich gerade wegen meiner Erbärmlichkeiten liebe, denn sie bringen mich dazu, daß ich mich auf Dich stütze, der Du meine Stärke bist: quia tu es, Deus, fortitudo mea (Ps 42,2). Und dann, nach diesem Reueakt, beginnen wir von neuem.

Wie werden wir diese unsere Armseligkeiten überwinden? Ich sage es noch einmal, denn es ist so sehr wichtig: durch die Demut und durch die Aufrichtigkeit in der geistlichen Leitung und im Sakrament der Buße. Geht zu den Menschen, die eure Seele leiten, und öffnet ihnen das Herz. Verschließt es nicht, denn wenn der "stumme Teufel" eindringt, ist es schwer, ihn wieder loszuwerden.

Verzeiht mir meine Hartnäckigkeit, aber ich halte es für unbedingt notwendig, eurem Geist wie mit Feuer die Erkenntnis einzubrennen, daß die Demut und - als unmittelbare Folge davon - die Aufrichtigkeit alle anderen Mittel nach sich ziehen und die Grundvoraussetzung für den Sieg sind. Wenn der stumme Teufel sich in eine Seele einschleicht, dann verdirbt er alles. Wirft man ihn hingegen sofort hinaus, dann ist alles gewonnen; wir sind glücklich, und unser Leben verläuft in geordneten Bahnen. Seien wir immer geradezu wild aufrichtig, freilich dabei auch klug und taktvoll.

Und um es noch deutlicher zu sagen: Nicht so sehr das Herz und das Fleisch machen mir Sorge, sondern der Hochmut. Deshalb Demut. Wenn ihr im Recht zu sein meint, seid ihr es noch lange nicht. Sucht die geistliche Leitung mit offenem Herzen, schließt es nicht zu, denn sonst, ich wiederhole es, dringt der stumme Teufel ein, und es ist schwer, ihn zu verjagen.

Erinnert ihr euch an den armen Besessenen, den die Jünger nicht zu heilen vermochten? Nur der Herr konnte es - durch Gebet und Fasten. Und damit wirkte der Meister drei Wunder: zuerst, daß der unglückliche Mensch wieder hören konnte, denn unter der Macht des stummen Teufels will die Seele nicht hören; zweitens, daß er zu reden begann; und drittens, daß der Teufel den Ärmsten verließ.

Packt zuerst das aus, was ihr lieber verbergen möchtet. Weg mit dem stummen Teufel! Sonst geht es euch am Ende so wie bei einer Schneelawine: Aus einer Winzigkeit wird, wenn man sie nur lange genug hin- und herrollt, ein riesiger Ball, in den ihr eingeschlossen seid. Warum denn? Öffnet euer Herz! Wenn ihr aufrichtig seid, werdet ihr, das versichere ich euch, jenes Glück finden, das in der Treue zu eurem Weg als Christen liegt. Klarheit und Einfachheit sind unbedingt notwendig. Wir müssen die Seele weit öffnen, damit die Sonne Gottes und die höchste aller Lieben eindringen können.

Mangelnde Aufrichtigkeit muß nicht immer trübe Ursachen haben. Bisweilen kann es sich um einen Gewissensirrtum handeln. Manche Leute haben ihr Gewissen so geformt - verformt -, daß sie ihr Verschlossensein und ihren Mangel an Einfachheit für richtig halten: Sie glauben, es sei gut zu schweigen. Das gibt es sogar bei Menschen mit entwickelter Bildung, die von Gott und Religion wissen. Vielleicht sind sie gerade deshalb davon überzeugt, es sei besser zu schweigen. Aber sie täuschen sich. Die Aufrichtigkeit ist immer nötig. Da gibt es keine noch so begründet erscheinende Ausreden.

Wir beenden dieses Gespräch, das für uns - für dich und für mich - eine Zeit des Gebetes zu unserem Vater gewesen ist, und wir bitten Ihn um die Gnade, die christliche Tugend der Keuschheit in freudiger Bejahung zu leben.

Wir bitten Ihn auf die Fürsprache der heiligen Maria hin. Sie ist die makellose Reinheit. An sie - tota pulchra! - wenden wir uns, und wir wollen dabei dem Rat folgen, den ich vor vielen Jahren denen gab, die in ihrem täglichen Kampf um die Demut, die Reinheit, die Aufrichtigkeit, die Freude, die Großzügigkeit voller Unruhe waren: Es scheint, als ob alle Sünden deines Lebens wieder aufstehen. Verliere nicht den Mut. Im Gegenteil: Rufe zu deiner Mutter, der heiligen Maria, mit dem Glauben und Vertrauen eines Kindes. Sie wird Ruhe in deine Seele bringen (Consideraciones espirituales, Cuenca 1934, S. 53).

Verzeichnis der Schriftstellen
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