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Es gibt 3 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Freiheit → verantwortliche Freiheit .

Verantwortlich vor Gott

Gott schuf im Anfang den Menschen und überließ ihnder eigenen Entscheidung (Sir 15,14). Dies wäre nicht der Fall, wenn er nicht Freiheit der Wahl besäße (Thomas von Aquin, Ebd.). Wir sind vor Gott für unser gesamtes Handeln verantwortlich, das wir frei verwirklichen. Hier gibt es keinen Raum für Anonymität. Der Mensch steht vor seinem Herrn und kann frei darüber entscheiden, ob er als sein Freund oder sein Feind leben will. So beginnt der Weg des inneren Kampfes, der uns unser ganzes Leben hindurch begleitet; denn niemand erreicht schon auf Erden die Fülle der Freiheit.

Unser christlicher Glaube bringt uns außerdem dazu, in allem eine Atmosphäre der Freiheit zu verbreiten, angefangen bei der Darlegung des Glaubens, die jeden mehr oder minder versteckten Zwang ausschalten muß. Wenn wir zu Christus hingeschleppt werden, glauben wir, ohne es von innen heraus zu wollen; das wäre eine Frucht der Gewalt, nicht der Freiheit. Wohl kann jemand wider seinen Willen in die Kirche eintreten, sich dem Altar nähern; ja, die Sakramente empfangen - aber glauben kann nur, wer glauben will (Augustinus, In Ioannis Evangelium tractatus, 26, 2 (PL 35, 1607]). Es ist offensichtlich, daß ein Mensch, der zum Gebrauch der Vernunft gelangt ist, nur in persönlicher Freiheit Glied der Kirche sein und den ständigen Aufforderungen des Herrn an uns entsprechen kann.

Als der Hausvater in jenem Gleichnis vom Gastmahl erfährt, daß einige, die zum Fest hätten kommen sollen, sich mit Ausreden entschuldigt haben, befiehlt er seinem Knecht: Geh hinaus an die Wege und Zäune und nötige hereinzukommen - compelle intrare -, die du findest (Lk 14,23). Also doch Zwang? Wird hier nicht der legitimen Freiheit der Gewissen Gewalt angetan?

Wenn wir das Evangelium betrachten und uns in die Lehre Jesu vertiefen, wird uns aufgehen, daß diese Anordnung nicht mit Zwang verwechselt werden darf. Denn Christus deutet immer nur an: Wenn du vollkommen sein willst…, wenn einer mir nachfolgen will… Dieses compelle intrare, dränge hereinzukommen, meint nicht physischen oder moralischen Zwang, sondern den mitreißenden Schwung des christlichen Beispiels, das wirksam ist wie die Kraft Gottes: Seht, wie der Vater an sich zieht: Er erfreut durch seine Lehre, Er auferlegt keine Notwendigkeit. So zieht Er an sich (Augustinus, In Ioannis Evangelium tractatus, 26, 7 (PL 35, 1610]).

In einem solchen Klima der Freiheit versteht man, daß schlechtes Handeln nicht befreit, sondern versklavt. Wer gegen Gott sündigt, bewahrt die Freiheit, insofern sie Freisein von Zwang bedeutet, aber er hat sie verloren, insoweit sie Freiheit ist von Schuld (Thomas von Aquin, Ebd.). Er wird vielleicht sagen können, er sei seinen Neigungen gefolgt, doch von wahrer Freiheit kann nicht die Rede sein. Denn er ist zum Sklaven seiner Entscheidung geworden, der schlimmsten aller Entscheidungen: sich von Gott zu entfernen; doch das ist keine Freiheit.

Ich wiederhole es: Ich erkenne keine andere Knechtschaft an als die der Liebe zu Gott. Und zwar deshalb, weil die Religion, wie ich euch bei anderen Gelegenheiten schon gesagt habe, die größte Rebellion des Menschen ist, der nicht wie ein Tier leben will und der sich deshalb nicht zufrieden gibt, der keine Ruhe findet, bis er seinem Schöpfer begegnet und Ihn kennt. Ich möchte, daß ihr solche Rebellen seid, frei von Fesseln, denn ich möchte - mehr: Christus will es -, daß ihr Kinder Gottes seid. Sklaverei oder Gotteskindschaft - das ist die Alternative unseres Lebens. Entweder Kinder Gottes oder Sklaven des Stolzes, der Sinnlichkeit, des angsterfüllten Egoismus, in dem sich offenbar so viele Seelen verfangen haben.

Die Liebe Gottes weist den Weg der Wahrheit, der Gerechtigkeit, des Guten. Wenn wir uns dazu entschließen, dem Herrn zu antworten: Meine Freiheit für Dich! dann sind wir von allen Ketten befreit, die uns an bedeutungslose Dinge gefesselt hielten, an lächerliche Sorgen, an niedrige Ambitionen. Und die Freiheit - ein unermeßlicher Schatz, eine kostbare Perle, die man nicht den Säuen vorwerfen soll (Vgl. Mt 7,6) - dient allein dazu, das Gute zu tun (Vgl. Is 1,17).

Das ist die herrliche Freiheit der Kinder Gottes. Christen, die beim Anblick der Zügellosigkeit der Gottesverächter sich ängstlich oder neidvoll zurückziehen, haben einen erbärmlichen Begriff von unserem Glauben. Wenn wir wirklich das Gesetz Christi erfüllen - wenn wir uns darum bemühen, es zu erfüllen, denn nicht immer wird es uns gelingen -, werden wir in uns eine solche Sicherheit des Geistes entdecken, daß wir es nicht nötig haben, woanders nach dem Sinn der vollen Würde des Menschen zu suchen.

Unser Glaube ist weder Last noch Enge. Welch armselige Auffassung von der christlichen Wahrheit hätte der, wer ihn so empfände! Wenn wir uns für Gott entscheiden, verlieren wir nichts und gewinnen alles. Wer um den Preis seiner Seele sein Leben bewahrt, wird es verlieren; und wer sein Leben um meiner Liebe willen verliert, wird es finden (Mt 10,39).

Wir haben das große Los gezogen, den ersten Preis gewonnen. Sollten wir diese Klarheit jemals verlieren, dann müßten wir uns im Innern unserer Seele prüfen. Vielleicht stoßen wir dann auf schwächlichen Glauben, auf zu wenig persönlichen Umgang mit Gott, auf zu wenig Gebetsleben. Wir müssen den Herrn bitten - durch seine und unsere Mutter -, Er möge unsere Liebe vermehren, Er möge uns seine beseligende Gegenwart erfahren lassen; denn nur wenn man liebt, gelangt man zur vollen Freiheit - zu einer Freiheit, die niemals, in alle Ewigkeit nicht, den Gegenstand ihrer Liebe verlassen will.