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Es gibt 4 Nummer in «Christus begegnen » deren Stichwort lautet Jesus Christus  → Vollkommener Gott .

Jesus Christus, vollkommener Mensch und vollkommener Gott

Der Sohn Gottes hat Fleisch angenommen, Er, der perfectus Deus, perfectus homo (Athanasianisches Glaubensbekenntnis Quicumque), vollkommener Gott und vollkommener Mensch ist. In diesem Geheimnis verbirgt sich etwas, das die Christen in Unruhe versetzen müßte. Heute noch empfinde ich die Ergriffenheit von damals. Gern würde ich wieder Loreto besuchen, und in Gedanken gehe ich dorthin, um die Kindheit Jesu nachzuerleben, während ich dieses Hic verbum caro factum est betrachte.

Jesus Christus, Deus Homo, Jesus Christus, Gott-Mensch. Dies ist eine der magnalia Dei (Apg 2,11), der Großtaten Gottes, die wir in Dankbarkeit vor dem Herrn betrachten müssen, der gekommen ist, Frieden auf Erden den Menschen guten Willens zu bringen (Lk 2,14) - allen Menschen, die ihren Willen dem Willen Gottes gleichförmig machen wollen: nicht nur den Reichen und nicht nur den Armen, allen Menschen, allen Brüdern. Denn wir alle sind Brüder in Jesus, Kinder Gottes, Brüder Christi: seine Mutter ist unsere Mutter.

Es gibt nur ein Volk auf Erden, das Volk der Kinder Gottes. Wir alle müssen dieselbe Sprache sprechen, jene, die uns unser Vater lehrt, der im Himmel ist: die Sprache des Zwiegesprächs Jesu mit seinem Vater, die Sprache, die man mit dem Herzen und dem Verstand spricht, die Sprache, die ihr jetzt in eurem Gebet benutzt. Es ist die Sprache kontemplativer Menschen, die ein spirituelles Leben führen, weil sie sich ihrer Gotteskindschaft bewußt geworden sind. Eine Sprache, die sich in Impulsen des Willens, in Erleuchtungen des Verstandes, in Regungen des Herzens und in Entscheidungen zum rechten Leben, zum Guten, zur Freude und zum Frieden kundtut.

Schauen wir auf das Kind in der Krippe, das wir lieben. Schauen wir auf Es, wohlwissend aber, daß wir vor einem Geheimnis stehen. Wir müssen dieses Geheimnis durch den Glauben annehmen und, ebenfalls durch den Glauben, seinen Sinn vertiefen. Dazu ist die demütige Haltung nötig, die einer christlichen Seele eigen ist: nicht das Bestreben, die Größe Gottes auf die ärmliche Ebene menschlichen Begreifens und Deutens zu beschränken, sondern die Einsicht, daß dieses Geheimnis in seiner Dunkelheit Licht ist, das das Leben der Menschen erhellt.

Wir sehen, sagt der heilige Johannes Chrysostomus, daß Jesus aus uns und unserer menschlichen Natur hervorgegangen ist, daß Er aus der Mutter und Jungfrau geboren wurde, ohne daß wir verstehen, wie dieses Wunder geschehen konnte. Versuche nicht, es zu verstehen, sondern nimm einfach an, was Gott dir geoffenbart hat und grüble nicht nach dem, was dir geheimgehalten worden ist (Johannes Chrysostomus, In Matthaeum homiliae, 4,3 [PG 57, 43]). In dieser Haltung werden wir begreifen und lieben lernen, und das Geheimnis wird für uns eine eindringliche Lehre sein, überzeugender als jedes menschliche Argument.

*Homilie, gehalten am 6. Januar 1956

Vor nicht allzu langer Zeit sah ich ein Marmorrelief mit der Anbetung des Kindes in der Krippe durch die Weisen aus dem Morgenland. Als Rahmen umgaben es andere Darstellungen: vier Engel jeweils mit einem Symbol: der eine mit einem Diadem, ein anderer mit einem vom Kreuz gekrönten Erdball, der dritte mit einem Schwert und der vierte mit einem Zepter. Diese vertrauten Zeichen veranschaulichen sehr eindrucksvoll das Ereignis, das wir heute feiern. Weise Männer - der Überlieferung nach waren es Könige - werfen sich vor dem Kinde nieder, nachdem sie in Jerusalem gefragt haben: Wo ist der neugeborene König der Juden? (Mt 2,2)

Bewegt von derselben Frage, betrachte auch ich jetzt Jesus, der in einer Krippe liegt (Lk 2,12), an einem Ort, der eigentlich nur für Tiere bestimmt ist. Wo, Herr, ist Deine Königswürde, wo sind Diadem, Schwert und Zepter? Sie stehen Ihm zu, doch Er will sie nicht; Er herrscht in Windeln gewickelt. Er ist ein wehrloser König, der sich uns in der Hilflosigkeit eines kleinen Kindes zeigt. Drängen sich da nicht die Worte des Apostels auf: Er entäußerte sich selbst, da Er Knechtsgestalt annahm? (Phil, 2,7)

Der Herr hat Fleisch angenommen, um uns den Willen des Vaters kundzutun. Und bereits hier, in der Wiege, unterweist Er uns. Jesus Christus sucht uns durch eine Berufung, durch eine Berufung zur Heiligkeit, damit wir mit Ihm die Erlösung vollenden. Betrachtet den ersten Punkt seiner Lehre: Die uns anvertraute Miterlösung verwirklichen wir nicht dadurch, daß wir über unsere Mitmenschen zu triumphieren suchen, sondern durch den Sieg über uns selbst. Wie Christus müssen wir uns selbst entäußern, uns als Diener der anderen sehen, um sie Gott näher zu bringen.

Wo ist der König? Ist es nicht so, daß Jesus nirgends herrschen will als in den Herzen, in deinem Herzen? Deswegen wurde Er ein Kind. Denn wer liebt nicht ein so kleines Geschöpf? Wo ist der König? Wo ist Christus, den der Heilige Geist in unserer Seele Gestalt gewinnen lassen will? Nicht im Stolz, der uns von Gott trennt, nicht in der Lieblosigkeit, die uns isoliert. Dort kann Christus nicht sein, denn dort ist der Mensch allein.

Zu Füßen des Kindes, vor einem König ohne äußere Zeichen seiner Würde, könnt ihr Ihm am Tag der Epiphanie sagen: Herr, befreie mein Leben von allem Stolz, durchbreche meine Eigenliebe, diesen Drang, mich um jeden Preis durchsetzen zu wollen und den anderen meinen Willen aufzuzwingen. Gib, daß die Vereinigung mit Dir die Grundlage meines persönlichen Lebens werde.

Wir wollen aus dieser Haltung Jesu lernen. Während seines Erdenlebens wollte Er nicht einmal die Ehre, die Ihm zustand; denn obwohl Er das Recht hatte, als Gott behandelt zu werden, nahm Er die Gestalt eines Knechtes, eines Sklaven an (Vgl. Phil 2,6-7). Auf diese Weise weiß jeder Christ, daß alle Ehre Gott zukommt, und daß niemand die Erhabenheit und die Größe des Evangeliums als Werkzeug für Eigennutz und menschliche Ambitionen mißbrauchen darf.

Wir wollen von Jesus lernen. Seine Haltung - wie Er sich jeder menschlichen Ehre entzieht - steht vollkommen in Einklang mit der Größe seiner einzigartigen Sendung als vielgeliebter Sohn Gottes, der Fleisch annimmt zum Heil der Menschen; einer Sendung, welche die Liebe des Vaters mit Erweisen seiner unendlichen Fürsorge überhäuft hat: Filius meus es tu, ego hodie genui te. Postula a me et dabo tibi gentes hereditatem tuam (Ps 2,7-8), du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Begehre von mir, so will ich dir geben die Heiden zu deinem Erbe.

Auch der Christ, der, Christus nachfolgend, in dieser Haltung vollkommener Anbetung des Vaters lebt, hört vom Herrn Worte liebevoller Fürsorge: Weil er auf mich hofft, werde ich ihn befreien; ich werde ihn beschützen, weil er meinen Namen kennt (Ps 90,14 [Tractus der heiligen Messe]).

Zum Schluß noch einen letzten Gedanken. Wenn der Christ Christus unter den Menschen vergegenwärtigt, indem er ipse Christus ist, dann versucht er nicht nur, die Liebe als eine Haltung zu leben, sondern die Liebe Gottes - durch diese seine menschliche Liebe - kundzutun.

Jesus hat sein ganzes Leben als eine Offenbarung dieser Liebe betrachtet. Philippus, antwortete Er dem Jünger, wer mich gesehen hat, hat auch den Vater gesehen (Joh 14,9). Im Sinne dieser Lehre lädt der Apostel Johannes die Christen ein, die Liebe Gottes, die sie erfahren haben, auch durch ihr Tun zu beweisen: Geliebte, laßt uns einander lieben. Denn die Liebe stammt von Gott. Wer Liebe hat, hat sein Leben aus Gott und erkennt Gott. Wer keine Liebe hat, kennt Gott nicht. Gott ist ja die Liebe. Gottes Liebe hat sich an uns darin geoffenbart, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn das Leben haben. Darin zeigt sich die Liebe: Nicht wir haben Gott geliebt, sondern Er hat uns geliebt und seinen Sohn als Sühneopfer für unsere Sünden gesandt. Geliebte, wenn Gott uns so sehr geliebt hat, dann müssen auch wir einander lieben (1 Joh 4,7-11).