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Es gibt 5 Nummer in «Christus begegnen » deren Stichwort lautet Kirche → Christus lebt in der Kirche.

Guter Hirte und Führer

Wenn die Berufung das erste ist, wenn der Stern vorausleuchtet, um uns auf unserem Weg der Liebe zu leiten, dann gibt es keinen Grund zu zweifeln, wenn er sich einmal vor uns verbirgt. In unserem inneren Leben wiederholen sich jene Augenblicke - und fast immer sind wir es selbst schuld -, in denen es uns wie den Weisen auf ihrer Reise ergeht: der Stern verschwindet. Wir wissen zwar schon um den göttlichen Glanz unserer Berufung, und wir sind auch überzeugt von ihrer Endgültigkeit, aber es kann geschehen, daß der Staub, den wir beim Gehen aufwirbeln - unsere Erbärmlichkeiten -, eine trübe Wolke bildet, die das Licht nicht durchdringen läßt.

Was sollen wir in dieser Situation tun? Dem Beispiel jener heiligen Menschen folgen und fragen. Herodes diente die Wissenschaft dazu, Unrecht zu tun; den Weisen dient sie zum Guten. Wir Christen freilich haben es nicht nötig, einen Herodes oder die Weisen dieser Welt zu fragen. Denn Christus hat seiner Kirche die sichere Lehre, den Gnadenstrom der Sakramente gegeben. Er hat es so gefügt, daß es Menschen gibt, die uns den Weg weisen, uns leiten und uns ständig an den rechten Weg erinnern. Uns steht ein unendlicher Wissensschatz zur Verfügung: das Wort Gottes, das die Kirche bewahrt; die Gnade Christi, die in den Sakramenten ausgespendet wird; das Zeugnis und das Beispiel jener, die ein aufrechtes Leben führen und es verstanden haben, einen Weg der Treue zu Gott einzuschlagen.

Ich möchte euch einen Rat geben: Solltet ihr einmal den klaren Blick verlieren, dann nehmt eure Zuflucht immer zum guten Hirten. Wer dieser gute Hirte ist? Wer hineingeht durch die Tür der Treue zur Lehre der Kirche; wer sich nicht wie ein Mietling benimmt, der den Wolf kommen sieht und die Schafe verläßt und flieht; und der Wolf fällt die Schafe an und zersprengt sie (Vgl. Joh 10,1-21). Das Wort Gottes hat seinen tiefen Sinn; wenn Christus mit solchem Nachdruck von Hirten und Schafen, vom Stall und der Herde spricht - und wem könnte entgehen, mit welcher Liebe Er spricht -, dann ist dies ein lebensnaher Hinweis darauf, wie nötig für unsere Seele ein guter Führer ist.

Der heilige Augustinus schreibt: Gäbe es nicht schlechte Hirten, dann hätte Er nicht vom guten gesprochen. Wer ist der Mietling? Derjenige, der den Wolf sieht und flieht. Wer seine Ehre und nicht die Ehre Christi sucht; wer es nicht wagt, in aller Freiheit des Geistes die Sünder zu schelten. Der Wolf packt ein Schaf an der Kehle, der Teufel verführt einen Gläubigen zum Ehebruch. Und du schweigst und weist nicht zurecht. Du bist ein Mietling. Du hast den Wolf kommen sehen und bist geflohen. Vielleicht leugnet er und sagt: Ich bin hier, bin nicht geflohen. Ich aber antworte: Nein, du bist geflohen, da du geschwiegen hast; und geschwiegen hast du, da du Angst gehabt hast (Augustinus, In Ioannis Evangelium tractatus, 46, 8 [PL 35, 1732]).

Die Heiligkeit der Braut Christi hat sich immer - genau wie heute - in der Fülle guter Hirten erwiesen. Wenn auch der christliche Glaube Einfachheit von uns verlangt, verleitet er uns doch nicht zur Naivität. Es gibt Mietlinge, die schweigen, und es gibt solche, die sprechen, deren Worte aber nicht Worte Christi sind. Wenn der Herr zuläßt, daß wir uns in der Finsternis nicht zurechtfinden - auch in kleinen Dingen -, wenn wir spüren, daß unser Glaube nicht stark ist, dann sollen wir beim guten Hirten Zuflucht suchen. Er tritt durch die Tür ein und übt sein Recht aus, er gibt sein Leben für die andern, er will in Wort und Tat bezeugen, daß sein Herz erfüllt ist von Liebe. Vielleicht ist auch er ein Sünder, aber er vertraut immer auf die Vergebung und Barmherzigkeit Christi.

Wenn ein Fehler euer Gewissen beunruhigt - auch wenn ihr ihn nicht für schwer haltet -, wenn euch Zweifel kommen, so empfangt das Sakrament der Buße; geht zu dem Priester, der sich wirklich um euch kümmert, der von euch einen festen Glauben, ein feinfühliges Herz und echten christlichen Starkmut verlangt. In der Kirche ist jeder vollkommen frei, bei jedwedem Priester zu beichten, der die entsprechende Vollmacht dazu hat. Ein Christ jedoch, der geradlinig lebt, wird eben aus dieser Freiheit heraus zu dem gehen, den er als guten Hirten kennt, und der ihm helfen kann, den Blick zu erheben, damit er von neuem den Stern des Herrn über sich sieht.

Die Sakramente der Gnade Gottes

Wer wirklich kämpfen will, setzt die entsprechenden Mittel ein; und diese haben sich in den zwanzig Jahrhunderten des Christentums nicht geändert: Gebet, Abtötung und Empfang der Sakramente. Da die Abtötung ebenfalls Gebet ist - das Gebet der Sinne -, können wir diese Mittel in zwei Worten zusammenfassen: Gebet und Sakramente.

Betrachten wir jetzt gemeinsam die Sakramente, diese Quelle göttlicher Gnade, diesen wunderbaren Erweis des göttlichen Erbarmens. Wir wollen ihre Definition im Katechismus Pius V. sorgfältig bedenken: bestimmte sinnfällige Zeichen, welche die Gnade, die sie bewirken, andeuten und gewissermaßen vor Augen stellen (Römischer Katechismus nach dem Beschluß des Konzils von Trient, II. Kap. I, 3). Gott unser Herr ist unendlich, seine Liebe unerschöpflich, seine Milde und sein Erbarmen mit uns sind grenzenlos. Obwohl Er uns seine Gnade auf vielfache Weise gewährt, hat Er ausdrücklich und weil Er es so wollte - Er allein konnte dies tun - jene sieben wirksamen Zeichen eingesetzt, damit wir Menschen auf sichere, einfache und allen zugängliche Weise an den Verdiensten der Erlösung teilhaben können.

Ohne den Empfang der Sakramente schwindet jedes wahre christliche Leben. Und dennoch kann man nicht übersehen, daß es gerade in unserer Zeit nicht wenige gibt, die diesen Gnadenstrom der Erlösung Christi zu vergessen oder gar zu verachten scheinen. Es ist zwar schmerzlich, auf diese offene Wunde einer Gesellschaft, die sich christlich nennt, den Finger zu legen, aber es ist notwendig, damit wir in uns den Wunsch stärken, mit mehr Liebe und Dankbarkeit diese Quellen der Heiligung aufzusuchen.

Bedenkenlos schiebt man die Taufe der Neugeborenen hinaus und beraubt sie so - indem man schwer gegen die Liebe und Gerechtigkeit verstößt - der Gnade des Glaubens und der Einwohnung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, dieses unermeßlichen Schatzes der Seele, die befleckt mit der Erbsünde zur Welt kommt. Ebenso geht man daran, das Wesen der Firmung in Frage zu stellen. Die Tradition hat immer einmütig in diesem Sakrament eine Stärkung des geistlichen Lebens gesehen und eine stille, fruchtbare Eingießung des Heiligen Geistes, damit die Seele, übernatürlich gekräftigt, als miles Christi in diesem inneren Kampf gegen Egoismus und Begierlichkeit bestehen kann.

Wenn das Gespür für die Dinge Gottes verlorengeht, ist das Bußsakrament kaum zu verstehen. Die sakramentale Beichte ist kein menschlicher Dialog, sondern ein Gespräch mit Gott; sie ist ein Gericht vor Gottes unfehlbarer Gerechtigkeit, vor allem aber vor dem Erbarmen jenes liebevollen Richters, der kein Wohlgefallen hat am Tode des Frevlers, sondern daran, daß der Frevler sich von seinem Wandel bekehre und lebe (Ez 33,11).

Die zärtliche Liebe unseres Herrn ist wahrhaft unendlich. Seht, mit welcher Zuneigung Er seine Kinder behandelt. Die Ehe hat Er zu einem heiligen Band gemacht, zum Abbild der Vereinigung Christi mit seiner Kirche (Vgl. Eph 5,32), zu einem großen Sakrament und zur Grundlage der christlichen Familie, die mit Hilfe der Gnade Gottes als Schule der Heiligkeit Frieden und Eintracht ausstrahlen soll. Die Eltern sind Mitarbeiter Gottes, und daher haben die Kinder die liebenswerte Pflicht, sie zu ehren. Man könnte das vierte Gebot - so schrieb ich schon vor vielen Jahren - das liebenswerteste Gebot des Dekalogs nennen. Wenn die Ehe, so wie Gott es will, heilig gelebt wird, dann wird das Zuhause ein friedlicher, heller und fröhlicher Ort.

Verantwortung der Hirten

Alle sind in der Kirche Gottes angehalten, sich beharrlich zu bemühen, mit wachsender Treue nach der Lehre Christi zu leben. Keiner ist davon ausgenommen. Scheuten die Hirten das persönliche Bemühen um ein feinfühliges Gewissen und um Treue in der Glaubens- und Sittenlehre - die ja das depositum fidei und das gemeinsame Erbe ausmachen -, dann würden die prophetischen Worte des Ezechiel Wirklichkeit: Menschensohn, tritt wider die Hirten Israels als Prophet auf, weissage und sprich zu ihnen, den Hirten: So spricht der Gebieter und Herr: Wehe den Hirten Israels, die sich selber weiden! Sollen nicht vielmehr die Hirten die Schafe weiden? Die Milch genießt ihr, mit der Wolle bekleidet ihr euch… Das Schwache habt ihr nicht gestärkt, das Kranke nicht geheilt, das Verletzte nicht verbunden, das Versprengte nicht heimgeführt, das Verirrte nicht gesucht und das Kräftige in roher Weise niedergezwungen (Ez 34, 2-4).

Das sind harte Vorwürfe. Aber weit schwerwiegender ist es, wenn jene Gott beleidigen, die den Auftrag erhalten haben, sich um das geistliche Wohl aller zu kümmern, stattdessen aber die Seelen mißhandeIn und ihnen das reinigende Wasser der Taufe vorenthalten, ihnen das stärkende Salböl der Firmung entziehen, das verzeihende Gericht und die Speise zum ewigen Leben.

Wann kann das geschehen? Wenn der Kampf für den Frieden aufgegeben wird. Wer nicht kämpft, setzt sich den vielfältigen Formen der Knechtschaft aus, die ein Herz aus Fleisch in Ketten legen können: der Knechtschaft einer rein irdischen Sicht, der Knechtschaft des gierigen Strebens nach Macht und Ansehen in der Welt, der Knechtschaft der Eitelkeit, der Knechtschaft des Geldes, der Sklaverei der Sinnlichkeit…

Wenn Gott irgendwann einmal diese Prüfung zuläßt, und ihr Hirten begegnet, die diesen Namen nicht verdienen, dann nehmt daran keinen Anstoß. Christus hat der Kirche seinen unfehlbaren und immerwährenden Beistand versprochen, aber Er bürgt nicht dafür, daß die Menschen, die die Kirche bilden, treu bleiben. An Gnade wird es ihnen nicht fehlen, Gott gewährt sie immer im Übermaß, wenn sie ihrerseits das Wenige aufbringen, das Gott von ihnen erwartet: sich in Wachsamkeit zu bemühen, mit der Gnade Gottes die Hindernisse auf dem Weg zur Heiligkeit zu beseitigen. Wer nicht kämpft, kann in Gottes Augen sehr niedrig stehen, mag er auch noch so hochgestellt scheinen. Ich kenne deine Werke: du hast den Namen, daß du lebst. Doch du bist tot. Wach auf! Stärke den Rest deiner Herde, der am Absterben ist. Ich finde deine Werke nicht vollwertig vor meinem Gott. Gedenke also dessen, was du empfangen und gehört hast. Halte daran fest und geh in dich! (Offb 3,1-3)

Mit diesen Worten ermahnte der Apostel Johannes im ersten Jahrhundert denjenigen, der in der Stadt Sardes die Verantwortung für die Kirche trug. Denn das mögliche Schwinden des Verantwortungsbewußtseins bei einigen Hirten ist nicht neu. Das gab es schon zur Zeit der Apostel, im seIben Jahrhundert, in dem unser Herr Jesus Christus auf Erden gelebt hat. Tatsächlich kann sich keiner sicher fühlen, der aufhört, mit sich selbst zu kämpfen. Niemand kann sich allein retten. Wir alle in der Kirche sind auf die konkreten Mittel angewiesen, die uns stärken: die Demut, die uns zugänglich macht für die Hilfe und den guten Rat; die Abtötung, die unser Herz bereit macht, damit Christus in ihm herrschen kann; das Studium der immer gültigen Lehre, das uns den Glauben bewahren und verbreiten hilft.

*Homilie, gehalten am 26. März 1967, Ostersonntag

Christus lebt. Das ist die Wahrheit, die unseren Glauben mit Inhalt erfüllt. Jesus, der am Kreuz starb, ist auferstanden, Er hat über den Tod gesiegt, über die Macht der Finsternis, über den Schmerz und die Angst. Fürchtet euch nicht, diesen Gruß entbot der Engel den Frauen, die zum Grabe gingen. Fürchtet euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, Er ist nicht hier (Mk 16,6 [Evangelium aus der Messe vom Ostersonntag]). Haec est dies quam fecit Dominus, exsultemus et laetemur in ea, das ist der Tag, den der Herr gemacht hat, da laßt uns frohlocken und fröhlich sein (Ps 117,24 [Graduale derselben Messe]).

Die österliche Zeit ist eine Zeit der Freude, einer Freude, die sich nicht auf diesen Abschnitt des liturgischen Jahres beschränkt, sondern die in jedem Augenblick das Herz des Christen erfüllt. Denn Christus lebt, Christus ist nicht eine Gestalt, die vorübergegangen ist, die einmal lebte und dann verschwand und uns nur eine wunderbare Erinnerung und ein ergreifendes Beispiel hinterließ.

Nein, Christus lebt. Jesus ist der Emmanuel: Gott mit uns. Seine Auferstehung bekundet uns, daß Gott die Seinen nicht im Stich läßt. Vergißt wohl ein Weib ihren Säugling, eine Mutter den Sohn ihres Schoßes? Mögen auch diese vergessen: Ich aber vergesse dich nicht (Jes 49,14-15), hatte Er verheißen. Und Er hat seine Verheißung erfüllt. Gott findet seine Wonne unter den Menschenkindern (VgI. Spr 8,31).

Christus lebt in seiner Kirche."Ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, daß ich hingehe. Denn wenn ich nicht hingehe, kommt der Beistand nicht zu euch; wenn ich aber hingehe, werde ich Ihn euch senden" (Joh 16,7). Das war der Plan Gottes: Durch seinen Tod am Kreuz gab Christus uns den Geist der Wahrheit und des Lebens. Christus lebt fort in seiner Kirche, in ihren Sakramenten, in ihrer Liturgie, in ihrer Verkündigung, in all ihrem Tun.

Insbesondere bleibt Christus unter uns gegenwärtig in der Eucharistie, wo Er sich Tag für Tag hingibt. Darum ist die heilige Messe Mitte und Wurzel des christlichen Lebens. In jeder Messe ist immer der ganze Christus anwesend, Haupt und Leib. Per Ipsum, et cum Ipso, et in Ipso. Denn Christus ist der Weg, der Mittler; in Ihm finden wir alles, ohne Ihn bleibt unser Leben leer. In Christus und belehrt durch Ihn, wagen wir zu sprechen - audemus dicere -: Pater noster, Vater unser. Wir wagen, den Herrn des Himmels und der Erde Vater zu nennen.

Die Gegenwart des lebendigen Christus in der Hostie ist Unterpfand, Wurzel und Erfüllung seiner Gegenwart in der Welt.

Christus, Gipfel und Ziel allen menschlichen Tuns

Es ist zu schaffen, es ist nicht nur ein schöner Traum. Wenn wir Menschen uns nur dazu entschließen wollten, die Liebe Gottes in uns wohnen zu lassen! Christus unser Herr wurde gekreuzigt, und Er erlöste, am Kreuze erhöht, die Welt, Er stellte den Frieden zwischen Gott und den Menschen wieder her. Uns alle erinnert Jesus Christus daran: Et ego, si exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum (Joh 12,32), wenn ihr mich an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten stellt, wenn ihr in jedem Augenblick eure Pflicht erfüllt, wenn ihr meine Zeugen im Großen wie im Kleinen seid, omnia traham ad meipsum, dann werde ich alles an mich ziehen. Mein Reich wird unter euch Wirklichkeit sein!

Christus unser Herr will auch heute die Saat des Heils unter allen Menschen und in der ganzen Schöpfung aussäen, in dieser unserer Welt, die gut ist - denn sie ging aus den Händen Gottes hervor; erst die Beleidigung Adams, die Sünde des menschlichen Stolzes, zerstörte die göttliche Harmonie des Geschaffenen.

Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott Vater seinen eingeborenen Sohn. Dieser nahm durch den Heiligen Geist Fleisch an aus Maria der Jungfrau, um so den Frieden wiederherzustellen und den Menschen von der Sünde zu erlösen, ut adoptionem filiorum reciperemus (Gal 4,5), damit wir zu Kindern Gottes würden, fähig, am göttlichen Leben teilzuhaben. So wurde dieser neue Mensch, dieser neue Stamm der Kinder Gottes (Vgl. Röm 6,4-5) dazu befähigt, die ganze Welt vom Chaos zu befreien und alles wiederherzustellen in Christus (Vgl. Eph 1,9-10), der alles mit Gott versöhnt hat (Vgl. Kol 1,20).

Dazu sind wir Christen berufen, das ist unsere apostolische Aufgabe, das ist der Eifer, der uns verzehren soll: das Reich Christi zu verwirklichen, Haß und Grausamkeit auszutilgen, den heilsamen und friedbringenden Balsam der Liebe auf der Erde auszubreiten. Bitten wir heute unseren König, Er möge uns den demütigen und entschlossenen Willen geben, an diesem göttlichen Plan mitzuarbeiten: zusammenzufügen, was zerbrochen ist; zu retten, was verloren ist; zu ordnen, was der Mensch in Unordnung gebracht hat; wieder auf den rechten Weg zu bringen, was in die Irre gegangen ist, die Eintracht unter allen Geschöpfen wiederherzustellen.

Den christlichen Glauben annehmen heißt, sich verpflichten, die Sendung Christi unter den Menschen weiterzuführen. Jeder von uns soll alter Christus, ipse Christus sein, ein anderer Christus, Christus selbst. Nur so werden wir diese großartige, gewaltige, nie endende Aufgabe übernehmen können: von innen her alle zeitlichen Strukturen zu heiligen und sie mit dem Sauerteig der Erlösung zu durchdringen.

Ich rede nie von Politik. Die Aufgabe der Christen auf der Erde sehe ich nicht darin, eine politisch-religiöse Strömung zu bilden; das wäre eine Torheit, selbst wenn man sich dabei von dem lobenswerten Wunsch leiten ließe, alle menschlichen Tätigkeiten mit dem Geist Christi zu durchdringen. Es ist das Herz des Menschen, ganz gleich, um wen es sich handelt, in das man den Geist Christi hineintragen muß. Bemühen wir uns, jeden Christen so anzusprechen, daß er es versteht, seinen Glauben durch Wort und Beispiel zu bezeugen, wo immer er ist: in der konkreten Situation, die sich nicht allein aus seiner Stellung in Kirche und Gesellschaft, sondern auch aus den wechselnden historischen Umständen ergibt.

Der Christ lebt mit vollem Recht in der Welt, da er Mensch ist. Wenn er zuläßt, daß Christus in seinem Herzen wohnt, daß Christus darin herrscht, dann wird sein ganzes menschliches Tun von der erlösenden Wirksamkeit des Herrn geprägt sein. Ob dann dieses Tun als hoch oder niedrig eingestuft wird, ist dabei unerheblich, denn was in den Augen der Menschen als hoch gilt, kann vor Gott sehr niedrig sein, und was wir gering oder bescheiden nennen, kann aus christlicher Sicht einen hohen Rang haben, den Rang von Heiligkeit und Dienst.