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Wahre Andacht zum Herzen Christi

Wieviel Reichtum liegt in diesen Worten: Heiligstes Herz Jesu. Wenn wir vom menschlichen Herzen sprechen, meinen wir nicht allein die Gefühle, sondern die ganze Person, die liebt und sich anderen zuwendet. Im Sprachgebrauch der Menschen, den die Heilige Schrift übernimmt, um uns die Dinge Gottes verständlich zu machen, ist das Herz Mitte und Ursprung, Ausdruck und Urgrund der Gedanken, Worte und Handlungen. Man kann es so ausdrücken: Ein Mensch ist wert, was sein Herz wert ist.

Sache des Herzens ist die Freude: Mein Herz soll jubeln ob Deiner Hilfe (Ps 12,6); die Reue: Mein Herz ist wie Wachs geworden, zerschmolzen in meiner Brust (Ps 21,15); das Lob Gottes: Aus meinem Herzen dringt ein schönes Lied zum König (Ps 44,2); das Verlangen, auf den Herrn zu hören: Bereit ist mein Herz (Ps 56,8); das liebevolle Wachen: Ich schlafe, aber mein Herz ist wach (Hld 5,2); ja, auch der Zweifel und die Furcht: Euer Herz verzage nicht, glaubt an mich (Joh 14,1).

Das Herz fühlt nicht nur, es weiß und versteht auch. Das Gesetz Gottes wird im Herzen empfangen (VgI. Ps 39,9), und im Herzen bleibt es eingeschrieben (Vgl. Spr 7,3). In der Heiligen Schrift heißt es auch: Wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund (Mt 12,34). Der Herr warf den Schriftgelehrten vor: Warum denkt ihr Böses in euren Herzen? (Mt 9,4) Und Er meint alle Sünden, deren der Mensch fähig ist, wenn Er sagt: Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Gotteslästerung (Mt 15,19).

Mit dem Herzen meint die Heilige Schrift nicht das vorübergehende Gefühl von Heiterkeit oder Trübsinn; gemeint ist vielmehr die Person, die, wie Christus selbst uns sagt, sich in ihrer Ganzheit - mit Leib und Seele - dem zuwendet, was sie als ihr Wohl erfaßt: Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz (Mt 6,21).

Wenn wir also jetzt vom Herzen Jesu sprechen, sehen wir darin die Gewißheit der Liebe Gottes und die Wirklichkeit seiner Hingabe für uns; und wenn wir die Verehrung des Heiligsten Herzens empfehlen, so empfehlen wir, daß wir uns mit allem, was wir sind - mit Seele und Gefühl, Gedanken, Worten und Taten, Mühen und Freuden -, dem ganzen Jesus zuwenden.

So gewinnt die wahre Andacht zum Herzen Jesu Gestalt: Gott erkennen und uns erkennen, auf Jesus blicken und zu Ihm gehen, zu Ihm, der uns ermutigt, uns lehrt, uns leitet. Oberflächlich kann diese Form der Frömmigkeit nur für denjenigen sein, der so wenig Mensch ist, daß er die Wirklichkeit des fleischgewordenen Gottes nicht zu erfassen vermag.

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