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Das Brot des ewigen Lebens

Während wir dies bedenken, möchte ich, daß wir uns unserer Sendung als Christen bewußt werden, daß wir die Augen auf die heilige Eucharistie richten, auf Jesus, der unter uns anwesend ist und uns zu seinen Gliedern gemacht hat: Vos estis corpus Christi et membra de membro (1 Kor 12,27), ihr seid der Leib Christi und als seine Glieder auch Glieder untereinander. Gott, unser Herr, hat beschlossen, im Tabernakel zu bleiben, um uns zu nähren, um uns zu stärken, um uns zu vergöttlichen, um unserer Arbeit und unserem Mühen Wirksamkeit zu verleihen. Jesus ist gleichzeitig der Sämann, der Samen und die Frucht der Saat: das Brot des ewigen Lebens.

Dieses fortwährend sich erneuernde Wunder der Eucharistie zeigt alle Merkmale des HandeIns Jesu. Als vollkommener Gott und vollkommener Mensch, Herr des Himmels und der Erde, bietet Er sich uns als Nahrung auf ganz natürliche und alltägliche Weise an. So wartet Er seit fast zweitausend Jahren auf unsere Liebe. Das ist eine lange Zeit, und auch wiederum nicht, denn, wo die Liebe ist, vergehen die Tage wie im Fluge.

Mir kommt ein schönes galicisches Gedicht aus den Cantigas Alfons des Weisen ins Gedächtnis. Es ist die Legende von einem Mönch, der in seiner Einfalt die Mutter Gottes bat, den Himmel schauen zu dürfen, und sei es auch nur für einen Augenblick. Die Mutter Gottes gewährte ihm diesen Wunsch, und der gute Mönch wurde ins Paradies versetzt. Als er zurückkehrte, kannte er keinen der Bewohner des Klosters mehr: Sein Gebet, das ihm so kurz vorgekommen war, hatte drei Jahrhunderte gedauert. Drei Jahrhunderte sind nichts für ein Herz, das wirklich liebt. So erkläre ich mir die zweitausend Jahre des Wartens Christi in der Eucharistie. Es ist das Warten Gottes, der die Menschen liebt, der uns sucht, der uns annimmt, wie wir sind: begrenzt, egoistisch, wankelmütig und doch fähig, seine unermeßliche Liebe zu entdecken und uns Ihm ganz hinzugeben.

Aus Liebe und um uns die Liebe zu lehren, kam Jesus auf die Erde und blieb unter uns in der Eucharistie. Da Er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, so liebte Er sie bis ans Ende (Joh 13,1); mit diesen Worten beginnt der heilige Johannes den Bericht über das Geschehen am Vorabend von Ostern, als der Herr, wie der heilige Paulus schreibt, das Brot nahm, dankte, es brach und sprach: "Nehmet hin und esset: das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Andenken." Ebenso nahm Er nach dem Mahle den Kelch und sprach: "Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blute. Tut dies, so oft ihr ihn trinket, zu meinem Andenken" (1 Kor 11,23-25).

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