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Die Erfahrung der Sünde darf uns daher an unserer Sendung nicht zweifeln lassen. Sicherlich können unsere Sünden es erschweren, Christus zu erkennen. Darum müssen wir gegen unsere eigenen Armseligkeiten ankämpfen und Läuterung suchen. Dieses aber in dem Bewußtsein, daß Gott uns in diesem Leben keinen endgültigen Sieg über das Böse verheißen hat, sondern von uns Kampf fordert. Sufficit tibi gratia mea (2 Kor 12,9), meine Gnade genügt dir, war die Antwort des Herrn an Paulus, der Ihn darum bat, von dem demütigenden Stachel befreit zu werden.

Die Macht Gottes offenbart sich in unserer Schwäche, und sie treibt uns an, zu kämpfen und gegen unsere Fehler anzugehen, obgleich wir wissen, daß wir auf Erden niemals einen gänzlichen Sieg erringen werden. Das christliche Leben ist ein dauerndes Beginnen und Wieder-Beginnen, eine tagtägliche Erneuerung.

Christi Auferstehung wird in uns Wirklichkeit, wenn wir zu Teilhabern seines Kreuzes und seines Todes werden. Wir müssen das Kreuz lieben, die Hingabe und die Entsagung. Christlicher Optimismus ist nicht leichtfertig und auch nicht ein bloß menschliches Vertrauen darauf, daß schon alles gut gehen wird. Er hat seine Wurzeln im Bewußtsein der Freiheit und im Glauben an die Gnade; er führt dazu, daß wir von uns selbst etwas verlangen und uns anstrengen, dem Ruf Gottes zu entsprechen.

So offenbart sich Christus nicht trotz unseres Elendes, sondern gewissermaßen durch unser Elend, durch das Leben von Menschen, die aus Fleisch und Lehm sind: Er offenbart sich in unserem Bemühen, besser zu werden, eine Liebe zu verwirklichen, die danach trachtet, rein zu sein, den Egoismus zu beherrschen und uns den anderen ganz hinzugeben, indem wir unser Leben zu einem ständigen Dienst werden lassen.

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