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Es gibt 2 Nummer in «Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer» deren Stichwort lautet Priester → Verbandsfreiheit.

Die Priester sind in eine Diözese eingegliedert und unterstehen ihrem Ortsbischof. Kann es eine Berechtigung dafür geben, daß Priester einer Gemeinschaft angehören, die von der Diözese unabhängig ist oder sogar internationalen Charakter besitzt?

Die Berechtigung steht außer Zweifel; denn es handelt sich dabei um nichts anderes als die legitime Wahrnehmung des natürlichen Rechts auf Vereinigungsfreiheit, das die Kirche bei den Klerikern ebenso anerkennt wie bei allen übrigen Gläubigen. Diese jahrhundertealte Tradition (denken Sie nur an die zahlreichen Gemeinschaften, die sich seit jeher um das geistliche Leben der Weltpriester verdient gemacht haben) ist wiederholt durch das Lehramt und durch Anordnungen der letzten Päpste (Pius XII., Johannes XXIII. und Paul VI.) sowie gerade jetzt wieder durch das feierliche Lehramt des Zweiten Vatikanischen Konzils bestätigt worden (vgl. Dekret Presbyterorum Ordinis, Nr. 8).

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Antwort der zuständigen Konzilskommission auf einen modus, in dem angeregt wurde, es solle nur solche priesterliche Vereinigungen geben, die von den Diözesanbischöfen gegründet oder geleitet würden. Mit anschließender Zustimmung des Plenums wies die Kommission dieses Ansinnen zurück und begründete ihre Ablehnung eindeutig damit, daß die auf dem Naturrecht beruhende Vereinigungsfreiheit auch den Klerikern zustehe: Non potest negari Presbyteris, heißt es dort, id quod laicis, attenta dignitate naturae humanae, Concilium declaravit congruum, utpote iuri naturali consentaneum (Schema Decreti Presbyterorum Ordinis, Typis Polyglottis Vaticanis 1965, S. 68).

Kraft dieses Grundrechts können die Priester in aller Freiheit Vereinigungen gründen oder sich bereits bestehenden Vereinigungen anschließen, soweit sie rechtmäßige Ziele verfolgen, die der Würde und den Anforderungen des geistlichen Standes entsprechen. Die Berechtigung und der Umfang der Vereinsfreiheit unter Weltpriestern werden verständlich und die Gefahr der Zweideutigkeit, Unklarheit und Anarchie wird ausgeschlossen, wenn man sich vor Augen hält, daß zwischen der Amtsfunktion und dem privaten Lebensbereich des Priesters ein notwendiger Unterschied besteht, der auch als solcher respektiert werden muß.

Wir wissen, daß Sie sich seit vielen Jahren in besonderer Weise um die geistliche und menschliche Betreuung der Priester, insbesondere der Weltpriester, gekümmert haben. Diese Sorge hat, solange es Ihnen möglich war, ihren Ausdruck in einer intensiven Arbeit der Seelsorge und der geistlichen Leitung für Weltpriester gefunden sowie von einem gewissen Zeitpunkt an auch in der Möglichkeit, daß Weltpriester, die sich dazu berufen fühlen, dem Werk angehören können, ohne dadurch in irgendeiner Weise die Zugehörigkeit zur Diözese und die Abhängigkeit von ihrem Bischof zu verändern. Wir möchten gerne wissen, welche Umstände im Leben der Kirche, abgesehen von sonstigen Gründen, den Anlaß für Ihre Sorgen gaben. Können Sie uns darüber hinaus sagen, wie diese Arbeit dazu beitragen kann, einige Probleme des Weltklerus oder des kirchlichen Lebens zu lösen?

Der Anlaß zu dieser meiner Sorge und zu dieser Arbeit des Werkes, die bereits zu einer festen Einrichtung geworden ist, liegt nicht in mehr oder weniger vorübergehenden Umständen im Leben der Kirche. Sie entspringen vielmehr überzeitlichen Erfordernissen geistlicher und menschlicher Art, die untrennbar mit dem Leben und der Arbeit des Weltpriesters verbunden sind. Ich denke vor allem an die Hilfe, die der Weltpriester braucht - eine Spiritualität und konkrete Mittel, die in keiner Weise seine Stellung in der Diözese verändern -, um in der Ausübung seines Amtes nach persönlicher Heiligkeit zu streben. Nur so wird es ihm möglich sein, mit jugendlichem Schwung und wachsender Großzügigkeit der Gnade seiner göttlichen Berufung zu entsprechen, und nur so wird er klug und rasch der Gefahr geistlicher und psychologischer Krisen begegnen können, die sich leicht aus den verschiedenen Lebensumständen ergeben: aus der Einsamkeit, den Widerständen des Milieus, der Gleichgültigkeit, der vermeintlichen Erfolglosigkeit in der Arbeit, der Routine, der Erschöpfung, aus mangelnder Sorge um die Erhaltung und Erweiterung der intellektuellen Bildung und schließlich und hier liegt der tiefste Grund für Gehorsamskrisen und mangelnde Einheit - aus einer wenig übernatürlichen Sicht im Verhältnis zum eigenen Bischof, ja selbst zu den anderen Mitbrüdern.

Die Diözesanpriester, die sich in legitimer Wahrnehmung ihrer Vereinigungsfreiheit der Priesterlichen Gesellschaft vom Heiligen Kreuz1 anschließen, tun das einzig und allein deshalb, weil sie eine persönliche geistliche Hilfe suchen, die mit den Verpflichtungen ihres Standes und ihres Amtes voll und ganz vereinbar ist; wäre sie das nicht, so bedeutete diese vermeintliche Hilfe nur Komplikation, Ballast, Unordnung.

Denn es ist ein wesentliches Merkmal der Spiritualität des Opus Dei, daß niemand von der Stelle entfernt wird, an der er steht - unusquisque in qua vocatione vocatus est, in ea permaneat (1 Kor 7,20) -, sondern jeder die Aufgaben und Pflichten des ihm eigenen Standes, seines konkreten Auftrags in der Kirche und in der Gesellschaft, so vollkommen wie möglich erfüllt. Dadurch, daß ein Weltpriester sich dem Opus Dei anschließt, ändert oder verläßt er nicht im geringsten seine diözesane Berufung, das heißt seine Hingabe im Dienst der eigenen Diözese, die volle Abhängigkeit von seinem Bischof, seine säkulare Spiritualität, seine Verbundenheit mit den anderen Priestern. Er verpflichtet sich vielmehr dazu, seiner Berufung immer vollkommener zu entsprechen, weil er davon überzeugt ist, daß er seine christliche Vollkommenheit gerade in der Ausübung seines priesterlichen Amtes, eben als Weltpriester, suchen muß.

Es würde hier zu weit führen, die zahlreichen praktischen Konsequenzen juristischer und asketischer Art aufzuzählen, die sich für unsere Vereinigung aus diesem Grundsatz ergeben. Um nur ein Beispiel anzuführen: Im Gegensatz zu anderen Vereinigungen, in denen ein Gelübde oder Versprechen des Gehorsams gegenüber internen Vorgesetzten verlangt wird, besteht die Abhängigkeit der Weltpriester, die sich dem Opus Dei anschließen, nicht in einem Verhältnis wie zwischen Untergebenen und Vorgesetzten - es gibt für sie keine interne Hierarchie und damit auch nicht die Gefahr einer doppelten Gehorsamsbindung -, sondern eher in einer vom freien Willen bestimmten Beziehung geistlicher Hilfe und geistlichen Beistandes.

Was diese Priester im Opus Dei finden, ist vor allem die von ihnen gewünschte beständige asketische Hilfe, die auf einer Spiritualität säkularen und diözesanen Charakters beruht und von eventuellen persönlichkeits- und umstandsbedingten Veränderungen in ihrer Diözese unabhängig ist. So suchen sie neben der kollektiven geistlichen Führung, die der Bischof durch Ansprachen, Hirtenbriefe, Gespräche, Anweisungen usw. erteilt, eine persönliche geistliche Leitung, die dauerhaft und intensiv ist, ganz gleich, wo sie sich befinden. Diese persönliche Leitung ergänzt die allgemeine des Bischofs, deren Respektierung immer als ernste Pflicht angesehen wird. Das Zweite Vatikanische Konzil und das ordentliche Lehramt empfehlen sie dringend, denn sie bedeutet für den Priester Rückhalt und Hilfe in seinem inneren Leben, seiner Hirtensorge, seiner ständigen Weiterbildung, seinem Eifer für das Apostolat der Diözese, in seiner Liebe und seinem Gehorsam dem Bischof gegenüber, in seiner Sorge um die Priesterberufungen und das Seminar usw.

Für mich als Weltpriester ist es eine ganz besondere Freude, daß die Früchte dieser Arbeit allein den Diözesen zufallen, in denen diese Priester ihren Dienst versehen. Oft habe ich die Genugtuung gehabt zu sehen, mit welcher Liebe der Papst und die Bischöfe diese Arbeit segnen, wünschen und fördern.

Anmerkungen
1

Die Priesterliche Gesellschaft vom Heiligen Kreuz ist eine Vereinigung, die mit der Prälatur untrennbar verbunden ist. Sie besteht aus den im Opus Dei inkardinierten Priestern sowie aus Priestern und Diakonen verschiedener Diözesen. Sie gehören nicht zum Klerus der Prälatur, sondern zum Presbyterium ihrer jeweiligen Diözese und unterstehen ausschließlich ihrem eigenen Ordinarius. Der Priesterlichen Gesellschaft vom Heiligen Kreuz treten sie bei, um sich gemäß der Spiritualität und Aszese des Opus Dei zu heiligen. Der Prälat des Opus Dei ist zugleich Generalpräsident der Priesterlichen Gesellschaft vom Heiligen Kreuz.

Verzeichnis der Schriftstellen