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Es gibt 9 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Gebet → mit Gott sprechen.

Glaube mit Werken

Und sofort schließt sich ein göttlicher Dialog an, ein wunderbares Gespräch, das uns trifft und entzündet, denn Bartimäus - das sind jetzt du und ich. Aus göttlichem Munde die Frage: Quid tibi vis faciam? Was soll ich für dich tun? Und der Blinde: Meister, daß ich sehe (Mk 10,51). Wie selbstverständlich! Und du - bist du denn sehend? Ist es dir nicht manchmal schon so ergangen wie diesem Blinden von Jericho? Ich kann mich daran erinnern, wie ich vor vielen Jahren beim Betrachten dieser Stelle merkte, daß der Herr etwas von mir erwartete - doch ich wußte nicht, was! - und wie ich mit Stoßgebeten reagierte. Herr, was willst Du? Was erbittest Du von mir? Ich ahnte, daß Er etwas Neues von mir wollte, und jenes Rabboni, ut videam - Meister, daß ich sehe - brachte auch mich dazu, Christus im ständigen Gebet anzuflehen: Herr, gib, daß geschehe, was Du von mir willst.

Gebet ist Dialog

Wir sind schon auf dem Weg des Gebetes. Wie ihn weitergehen? Habt ihr nicht bemerkt, daß viele Männer und Frauen den Eindruck erwecken, als sprächen sie mit sich selbst und hörten sich selbst auch gerne? Worte, Worte, in einem Selbstgespräch, das unermüdlich um die Probleme kreist, die ihnen Sorge bereiten, das aber keinen Raum für Lösungen läßt; man möchte meinen, die einzige Antriebskraft solcher Leute wäre die krankhafte Lust, bemitleidet oder bewundert zu werden, und sonst nichts.

Wenn wir wirklich ganz offen und einfach unser Herz erleichtern wollen, holen wir uns Rat bei Menschen, die uns lieben und verstehen. Man spricht mit dem Vater, mit der Mutter, mit der Ehefrau, mit dem Ehemann, mit dem Bruder, mit dem Freund. Das ist schon ein Dialog, auch wenn man häufig nicht so sehr hören als sich selbst aussprechen, das Herz ausschütten möchte. Fangen wir an, es auch mit Gott so zu halten, in der Gewißheit, daß Er uns hört und uns antwortet. Wir werden auf sein Wort achten und uns in einem demütigen, vertrauensvollen Gespräch öffnen, in dem alles Platz findet, was unseren Geist und unser Herz beschäftigt: freudige und traurige Erlebnisse, Hoffnungen und Enttäuschungen, Erfolge, Mißerfolge und selbst unbedeutende Alltagserfahrungen. Denn mittlerweile habe wir schon gemerkt, daß unser himmlischer Vater sich für alles interessiert, was uns betrifft.

Überwindet die Trägheit, wenn sie sich einschleichen will, und meint nicht, das Gebet könne ja warten. In ihm gehen wir zur Quelle der Gnaden, das dürfen wir niemals auf morgen verschieben. Jetzt ist die richtige Zeit. Gott schaut den ganzen Tag voller Liebe auf uns, Er ist es, der uns in der innigen Begegnung des Gebetes führt: und du und ich - ich wiederhole es -, wir müssen uns Ihm anvertrauen, so wie man sich dem Bruder, dem Freund, dem Vater anvertraut. Sage Ihm - ich tue es jetzt auch -, daß Er der ganz Erhabene, der ganz Gute, der ganz Barmherzige ist. Und sage Ihm weiter: Deshalb will ich Dich ganz lieben, auch wenn ich so ein ungehobelter Kerl bin, und auch wenn diese meine armen Hände schwielig und vom Staub der irdischen Wege schmutzig sind.

Vielleicht merken wir es zunächst kaum, aber wir werden vorankommen: entschlossen und festen Schrittes, im Einklang mit Gott und in der sicheren Überzeugung, daß an der Seite des Herrn auch Schmerz, Selbstverleugnung und Leiden süß sind. Wie stark fühlt sich ein Kind Gottes, wenn es sich so nahe beim Vater weiß! Deshalb bin ich sicher aufgehoben bei Dir, mein Herr und mein Vater, geschehe, was da wolle, denn Du bist mein Fels und meine Burg (Vgl. 2 Sam 22,2).

Vielleicht denkst du, deine Sünden seien so zahlreich, daß der Herr dich nicht hören könne. Du irrst, denn sein Herz ist voller Barmherzigkeit. Bedrückt dich aber dein Elend trotz dieser tröstlichen Erkenntnis, dann tritt vor Ihn hin wie der Zöllner (Vgl. Lk 18,13): Herr, da bin ich, tue mit mir, was Du willst! Erinnere dich, was uns Matthäus erzählt: wie sie den Gelähmten zu Jesus brachten. Der Kranke spricht kein Wort: Er liegt einfach da, in der Gegenwart Gottes. Diese Zerknirschung, diese Reue eines Menschen, der weiß, daß er nichts verdient, bewegen unseren Herrn, und Er erweist sich, wie immer, barmherzig: Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben (Mt 9,2).

Ich rate dir für dein Gebet, daß du dich in die Berichte des Evangeliums so hineinversetzt, als ob du ein weiterer Teilnehmer wärest. Zuerst stellst du dir das Geschehen vor, das du in Sammlung betrachten möchtest. Dann wird dein Geist tätig, und du bedenkst einen bestimmten Zug im Leben des Meisters: sein liebendes Herz, seine Demut, seine Reinheit, die Art, wie Er den Willen des Vaters erfüllt. Erzähle Ihm, wie es bei dir in solchen Fällen ist, was dich im Augenblick bewegt, was in dir vorgeht. Bleib aufmerksam, denn vielleicht will Er dich auf etwas hinweisen; und so regen sich Eingebungen, zeigen sich Entdeckungen, hörst du einen Tadel.

*Homilie, gehalten am 26. November 1967

Wir werden innerlich aufgerüttelt und im Herzen tief erschüttert, wenn wir den Ruf des heiligen Paulus aufmerksam hören: Das ist der Wille Gottes: eure Heiligung (1 Thess 4,3). Heute führe ich mir dieses Wort noch einmal vor Augen und ich erinnere auch euch und die ganze Menschheit daran: Dies ist der Wille Gottes, daß wir heilig sind.

Um den Seelen den wahren Frieden zu bringen, um die Welt umzugestalten, um in der Welt und durch die Dinge der Welt Gott, unseren Herrn, zu suchen, ist unbedingt die persönliche Heiligkeit notwendig. In meinen Gesprächen mit Menschen aus vielen Ländern, mit Menschen, die sehr verschiedene Stellungen in der Gesellschaft einnehmen, werde ich oft gefragt: Was sagen sie uns, die wir verheiratet sind? Und uns, die wir auf dem Felde arbeiten? Und was sagen Sie einer Witwe? Und einem Jugendlichen?

Ich antworte immer, daß ich nur einen einzigen Kochtopf habe. Und dann pflege ich besonders darauf einzugehen, daß unser Herr Jesus Christus allen, ohne Unterschied, die frohe Botschaft verkündet hat. Ein einziger Kochtopf und eine einzige Speise: Meine Speise ist es, daß ich denWillen dessen tue, der mich gesandt hat, und daß ich sein Werk vollbringe (Joh 4,34). Jeden einzelnen ruft der Herr zur Heiligkeit, jeden einzelnen bittet Er um Liebe: Junge und Alte, Ledige und Verheiratete, Gesunde und Kranke, Gebildete und Ungebildete, gleichgültig, wo sie arbeiten und leben. Es gibt nur eine einzige Art und Weise, im Umgang mit Gott und im Vertrauen zu Ihm zu wachsen: Ihm im Gebet zu begegnen, mit Ihm zu sprechen, Ihm - von Herz zu Herz - unsere Liebe kundzutun.

Mit Gott sprechen

Ihr ruft mich, und ich werde euch erhören (Jer 29,12). Wir rufen Ihn, wir unterhalten uns mit Ihm, wir wenden uns an Ihn. Deswegen müssen wir die Mahnung des Apostels in die Tat umsetzen, der sagt: Sine intermissione orate (1 Thess 5,17), betet immer, was auch geschehen mag. Nicht nur von Herzen, sondern mit ganzem Herzen (Ambrosius, Expositio in Psalmum 118, 19, 12 (PL 15, 1471]).

Ihr denkt vielleicht, daß das Leben nicht immer so leicht erträglich ist, daß es an Unannehmlichkeiten, Mühen und Kummer wahrhaftig nicht fehlt. Ich werde euch wieder mit dem heiligen Paulus antworten: Weder Tod nochLeben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Kräfte, weder Höhe noch Tiefe, noch sonst etwas Geschaffenes vermag uns zu trennen von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm 8,38-39). Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen, von der Liebe schlechthin, von der beständigen Verbindung mit unserem Vater.

Aber bedeutet die Empfehlung, beständig die Vereinigung mit Gott zu suchen, nicht, ein derart erhabenes Ideal hinzustellen, daß es für die meisten Christen unerreichbar bleibt? Das Ziel ist wirklich hoch, doch nicht unerreichbar. Der Weg zur Heiligkeit ist ein Weg des Gebetes; und das Gebet muß nach und nach in der Seele Wurzeln schlagen, so wie ein kleines Samenkorn, das sich später in einen dichtbelaubten Baum verwandelt.

Wir beginnen mit mündlichen Gebeten, die viele von uns als Kinder immer wieder gesprochen haben: es sind von Herzen kommende und sehr einfache Worte, an Gott und an seine Mutter, die auch unsere Mutter ist, gerichtet. Heute noch erneuere ich morgens und abends - und nicht nur gelegentlich, sondern täglich - das Aufopferungsgebet, das mich meine Eltern gelehrt haben: O meine Herrin, o meine Mutter! Dir gebe ich mich ganz hin. Und als Erweis meiner kindlichen Liebe weihe ich dir heute meine Augen, meine Ohren, meine Zunge, mein Herz… Ist das nicht irgendwie ein Anfang der Kontemplation und ein echter Beweis des vertrauenden Sich-Überlassens? Was erzählen sich Liebende, wenn sie sich treffen? Wie verhalten sie sich? Sie opfern alles, was sie sind und haben, für den Menschen, den sie lieben.

Zuerst ein Stoßgebet, und dann noch eins, und noch eins…, bis einem das ungenügend erscheint, weil Worte unzureichend sind…: und man läßt der Vertrautheit mit Gott freien Lauf, ist bei Ihm, schaut auf Ihn, beständig und mühelos. Wir leben dann wie Gefangene, gleichsam in Ketten. Während wir, bei all unseren Fehlern und Unzulänglichkeiten, so vollkommen wie möglich die Aufgaben und Pflichten unseres Standes erfüllen, sehnt sich die Seele nach Befreiung. Sie drängt zu Gott hin, angezogen von Ihm wie das Eisen vom Magneten. Wir beginnen Jesus auf eindringlichere Weise zu lieben, in seliger Bestürzung.

Ich werde euch befreien aus der Gefangenschaft, wo auch immer ihr seid (Jer 29,14). Das Gebet befreit uns von der Knechtschaft. Wir wissen uns frei, die Seele schwingt sich in einem Hochgesang liebender Vereinigung zu Gott empor und sie will sich nicht mehr von Ihm trennen. Es ist eine ganz neue Weise, durchs Leben zu gehen, auf göttliche, übernatürliche, wunderbare Art. Angeregt durch so manchen spanischen Klassiker des sechzehnten Jahrhunderts werden wir dann vielleicht selber die Worte auszukosten begehren: Ich lebe, weil nicht ich lebe, es ist Christus, der in mir lebt! (Vgl. Gal 2,20)

Voller Freude sieht man ein, daß es nötig ist, viele Jahre hindurch auf dieser Welt zu arbeiten, denn Jesus hat in ihr wenige Freunde. Wir wollen der Verpflichtung nicht aus dem Wege gehen, so zu leben, daß wir uns im Dienst an Gott und an der Kirche - bis zur letzten Faser unserer Kräfte - verausgaben, und zwar in Freiheit: in libertatem gloriae filiorum Dei (Röm 8,21), qua libertate Christus nos liberavit (Gal 4,31), mit der Freiheit der Gotteskinder, die Christus für uns dadurch erkauft hat, daß Er am Holz des Kreuzes gestorben ist.

Es ist möglich, daß schon am Anfang des Weges Staubwolken aufgewirbelt werden. Diejenigen, die unserer Heiligung feindlich gegenüberstehen, können einen derart heftigen und ausgeklügelten psychologischen Terror entfesseln - unter Mißbrauch ihrer Macht -, daß sie in ihrem sinnlosen Treiben sogar manche mitreißen, die sich lange Zeit hindurch vernünftig und geradlinig verhalten hatten. Auch wenn ihre Stimme wie eine gesprungene Glocke aus schlechtem Metall klingt, ganz anders als die Stimme des Guten Hirten, so erniedrigen sie doch das Wort, das eines der kostbarsten Geschenke Gottes an die Menschen ist, eine herrliche Gabe, die es uns möglich macht, mit dem Herrn und seinen Geschöpfen erhabene Gedanken der Liebe und der Freundschaft auszutauschen. Da wird es denn verständlich, weshalb der heilige Jakobus von der Zunge sagt, sie sei eine Welt voll Unrecht (Jak 3,6). Sie kann so viel Schaden anrichten: Lüge, Beschuldigung, Ehrabschneidung, Klatsch, Beleidigung, Intrige.