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Es gibt 7 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Apostolat → Überfließen des inneren Lebens.

Inneres Leben: das ist die Forderung, mit der sich der Meister in der Seele eines jeden vernehmbar macht. Heilig müssen wir sein, und zwar - laßt es mich so sagen - vom Scheitel bis zur Sohle: Christen, die man für einen Heiligsprechungsprozeß vorschlagen könnte, wahr und echt; alles andere hieße, daß wir als Jünger des einzigen Meisters gescheitert wären. Bedenkt außerdem, daß Gott, indem Er auf uns blickt und uns die Gnade für den Kampf um die Heiligkeit inmitten der Welt schenkt, uns damit auch zum Apostolat verpflichtet. Denn die Sorge um die Seelen ist sogar aus menschlich-natürlicher Sicht eine logische Folge der göttlichen Auserwählung, wie ein Kirchenvater andeutet: Wenn ihr entdeckt, daß etwas euch von Nutzen gewesen ist, versucht ihr, andere dafür zu gewinnen. Deshalb müßt ihr auch wünschen, daß andere euch auf den Wegendes Herrn begleiten. Wenn ihr zum Forum oder zu den Thermen geht und einem begegnet, der nichts zu tun hat, ladet ihr ihn ein, euch zu begleiten. Übertragt diese irdische Gewohnheit auf das Geistliche und, wenn ihr zu Gott geht, geht nicht allein (Gregor der Große, Homiliae in Evangelia, 6, 6 (PL 76, 1098]).

Im Normalfall macht Christus die Wirksamkeit unseres Bemühens, andere mitzuziehen, von unserem inneren Leben abhängig. Wir sollten uns dies gegenwärtig halten, damit wir keine Zeit vergeuden mit falschen Ausreden oder mit entschuldigenden Hinweisen auf die Schwierigkeiten des Milieus, die übrigens seit Beginn des Christentums nie gefehlt haben. Die Bedingung, die Christus für eine wirksame apostolische Arbeit stellt, ist die Heiligkeit: genauer gesagt, das Bemühen um Treue, denn die Heiligkeit selbst werden wir auf Erden nie erlangen. Es erscheint unglaublich: Gott und die Menschen brauchen unsere Treue. Sie soll uneingeschränkt, unverfälscht, bis zum Letzten konsequent, ungeschwächt durch Mittelmäßigkeit und Kompromisse sein: offen für die Fülle der christlichen Berufung, die wir bejahen und liebend zu verwirklichen streben.

Die Gegenwart Gottes suchen

Inneres Leben. Heiligkeit in den gewöhnlichen Aufgaben, Heiligkeit in den kleinen Dingen, Heiligkeit in der beruflichen Arbeit, in den Sorgen eines jeden Tages… Heiligkeit, damit wir andere heiligen können. Ich kenne jemanden - und doch kenne ich ihn eigentlich bis heute noch nicht richtig -, der einmal träumte, er flöge mit einem Flugzeug in großer Höhe, aber er befand sich nicht in der Kabine, sondern draußen, auf einer der Tragflächen hockend. Wie schauderte es ihn, welche Angst stand der Ärmste aus! Es war, als wollte der Herr ihm klarmachen, daß es so den Menschen mit apostolischem Drang ergeht, die kein inneres Leben haben oder es vernachlässigen, dabei aber den Höhenflug ins Göttliche wagen: schwankend und verstört, voll Ungewißheit, gequält und ständig der Gefahr des Absturzes ausgesetzt.

Genau so, scheint mir, ist es tatsächlich: Die Gefahr, in die Irre zu geraten, ist groß für die, die sich der Tat an sich verschreiben - dem Aktivismus - und die dabei die Hilfen verschmähen, die ihre Frömmigkeit festigen müßten: den regelmäßigen Empfang der Sakramente, das betrachtende Gebet, die Gewissenserforschung, die geistliche Lesung, den vertrauten Umgang mit der Mutter Gottes und mit den heiligen Schutzengeln… All das verhilft außerdem dazu, ja ist geradezu unersetzlich, um den Alltag eines Christen liebenswert zu machen: aus dem inneren Reichtum fließen dann Milde und Frieden Gottes wie Honig aus der Wabe.

Ruht in der Gotteskindschaft. Gott ist ein Vater voll von Zartgefühl und unendlicher Liebe. Nenne Ihn Vater oftmals während des Tages. Sage Ihm - du allein, in deinem Herzen -, daß du Ihn liebst, Ihn anbetest, daß du dich stolz und stark fühlst, weil du sein Sohn bist. All dies bildet ein authentisches Programm des inneren Lebens, das du dann durch die wenigen, aber, ich wiederhole es, beständigen Frömmigkeitsübungen im Umgang mit Gott auch tatsächlich erfüllen kannst. So machst du dir das Empfinden und das Betragen eines guten Kindes zu eigen.

Warnen muß ich dich noch vor der Gefahr der Routine, der Gewöhnung, denn sie ist wahrhaft das Grab der Frömmigkeit. Manchmal erscheint sie verkleidet als Ehrgeiz, Großtaten vollbringen zu wollen, indes man leichtfertig die Alltagspflichten vernachlässigt. Wenn du solche Einflüsterungen wahrnimmst, tritt aufrichtig vor den Herrn hin. Überlege, ob du dieses immer gleichbleibenden Kampfes nicht deshalb so überdrüssig bist, weil du Gott nicht suchtest; prüfe dich, ob mangelnde Großmut oder erlahmender Opfergeist zu einem Nachlassen in der beharrlichen Treue bei deiner Arbeit geführt haben. In einer solchen inneren Verfassung erscheinen Frömmigkeitsübungen, Abtötungen und apostolische Tätigkeiten, die nicht sofort Frucht bringen, als schrecklich nutzlos. Wir sind leer, und vielleicht fangen wir an, von neuen Plänen zu träumen, um die Stimme unseres Vaters im Himmel zu ersticken, die uneingeschränkte Treue verlangt. Mit einem größenwahnsinnigen Alptraum in der Seele haben wir keine Augen mehr für die einzig sichere Wirklichkeit, für den Weg, der uns zuverlässig und gerade zur Heiligkeit führt. Das ist ein klares Zeichen dafür, daß uns etwas abhanden gekommen ist: die übernatürliche Sicht, die Überzeugung, kleine Kinder zu sein, und die Gewißheit, daß unser Vater Wunder an uns wirken wird, wenn wir demütig von neuem anfangen.

Da blieb Jesus stehen und sagte: "Ruft ihn her!"Einige Gutwillige unter den Umstehenden machen ihm Mut: Habe Vertrauen! Steh auf, Er ruft dich (Mk 10,49). Das ist die christliche Berufung! Aber sie besteht nicht in einem einzigen Ruf Gottes; bedenkt, daß der Herr uns in jedem Augenblick sucht: Steh auf - sagt Er uns -, erhebe dich aus deiner Trägheit, aus deiner Bequemlichkeit, aus deinem kleinlichen Egoismus, aus deinen winzigen Sorgen. Steh auf von der platten Erde, an der du haftest, stumpf und konturlos. Gewinne an Höhe, Format, Gestalt, an übernatürlicher Sicht.

Da warf er seinen Mantel ab, sprang auf und eilte zu Jesus (Mk 10,50). Ich weiß nicht, ob du im Krieg gewesen bist. Vor vielen Jahren habe ich einmal ein Schlachtfeld gesehen, wenige Stunden nach dem Kampf: Am Boden verstreut lagen Wolldecken, Feldflaschen, Tornister mit Familienandenken, mit Briefen und Fotos von geliebten Menschen… Nicht die Geschlagenen hatten all das weggeworfen, sondern die Sieger; sie hatten sich allen Gepäcks entledigt, um so leichter die feindliche Stellung nehmen zu können. Darin Bartimäus ähnlich, der zu Jesus eilt.

Sei dir bewußt, daß, um zu Christus zu gelangen, Opfer nötig ist; es ist nötig, alles wegzuwerfen, was da stört: Decke, Tornister, Feldflasche. Handle auch du so in deinem Kampf zur Ehre Gottes, in diesem Ringen um Liebe und Frieden, durch das wir das Reich Christi ausbreiten wollen. Um der Kirche, dem Papst und den Seelen zu dienen, mußt du bereit sein, auf alles Überflüssige zu verzichten: auf die Decke, die dir in rauhen Nächten Schutz gibt, auf die Familienandenken, an denen du doch so hängst, auf das Wasser, das dich erfrischt. Wir lernen eine Lektion im Glauben, eine Lektion in der Liebe; und wir erfahren aus ihr, daß wir Christus so lieben müssen.

Blicken wir auf Jesus Christus, auf unser Vorbild, der gleichsam der Spiegel ist, in dem wir uns sehen müssen. Wie verhält Er sich - auch äußerlich - bei wichtigen Anlässen? Was berichtet uns das Evangelium über Ihn? Es ist für mich ergreifend zu beobachten, wie der Herr sich jedesmal an den Vater wendet, bevor Er ein großes Wunder wirkt; ergreifend auch das Beispiel, das Er gibt, indem Er sich vierzig Tage und vierzig Nächte zum Gebet in die Wüste zurückzieht (Vgl. Mt 4,2), bevor Er öffentlich zu wirken beginnt.

Entschuldigt, daß ich darauf zurückkomme, aber es ist sehr wichtig, auf die einzelnen Schritte des Messias zu achten, denn Er ist gekommen, um uns den Weg zu zeigen, der zum Vater führt. Zusammen mit Ihm machen wir die Entdeckung, daß man auch den scheinbar unbedeutendsten Kleinigkeiten eine übernatürliche Dimension verleihen kann; wir werden, von ihm lernend, fähig, in jedem Augenblick des Lebens die Ewigkeit mitschwingen zu fühlen; wir vermögen tiefer zu begreifen, daß das Geschöpf Zeiten des vertrauten Gespräches mit Gott nötig hat, Zeiten, in denen wir Umgang mit Ihm haben, Ihn anflehen, Ihn lobpreisen, Ihm danken, Ihm zuhören oder einfach bei Ihm sind.

Schon vor vielen Jahren bin ich beim Betrachten dieser Eigenart unseres Herrn zu dem Schluß gekommen, daß das Apostolat - jede Form des Apostolates - ein Überfließen des inneren Lebens ist. Deshalb erscheint mir jene Stelle im Evangelium, wo von der endgültigen Wahl der ersten Zwölf durch Jesus die Rede ist, so natürlich und übernatürlich zugleich. Lukas berichtet, daß Jesus vorher die ganze Nacht im Gebet verbrachte (Lk 6,2). Oder seht ihn in Bethanien, bevor Er sich anschickt, Lazarus zum Leben zu erwecken; Er hat um den Freund geweint, Er erhebt die Augen zum Himmel und betet: Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast (Joh 11,41) Das ist die eindeutige Lehre, die Er uns erteilt: Wenn wir unseren Mitmenschen helfen wollen und aufrichtig bemüht sind, sie zur Entdeckung des wahren Sinnes ihres irdischen Lebens hinzuführen, dann muß diese Absicht im Gebet verankert sein.

Woher schöpft der heilige Paulus diese Kraft? Alles vermag ich in dem, der mich stärkt (Phil 4,13). Ich kann alles, weil dieser Glaube, diese Hoffnung, diese Liebe allein von Gott kommen. Es fällt mir sehr schwer, an die übernatürliche Wirksamkeit eines Apostolates zu glauben, das sich nicht auf ein Leben des ständigen Umgangs mit dem Herrn stützt und darin seine feste Mitte findet; und zwar inmitten der Arbeit, zu Hause oder auf der Straße, inmitten der vielen großen und kleinen Probleme, die sich jeden Tag einstellen: dort, und nicht woanders, aber mit deinem Herzen bei Gott. Dann werden die Menschen in unseren Worten, in unseren Handlungen, ja sogar in unseren Armseligkeiten, den bonus odor Christi (2 Kor 2,15), den Wohlgeruch Christi wahrnehmen. Sie werden sagen: Da ist ein Christ.

Eine solche Hingabe entfacht den apostolischen Eifer, der von Tag zu Tag wächst und andere mit demselben Verlangen ansteckt, denn das Gute will sich mitteilen. Wenn unsere armselige Natur so nahe bei Gott ist, kann es gar nicht anders sein, als daß sie vor Hunger brennt, in der ganzen Welt Freude und Frieden zu säen, alles mit den erlösenden Wassern zu überfluten, die aus der geöffneten Seite Christi hervorquellen (Vgl. Joh 19,34), und all ihr Tun aus Liebe zu beginnen und aus Liebe zu vollenden.

Ich sprach vorhin von Schmerz, Leid und Tränen. Ich widerspreche mir nicht, wenn ich jetzt sage, daß ein Jünger Christi, der in Liebe den Meister sucht, Trauer, Drangsal und Bedrückung anders empfindet: sie verschwinden für ihn in dem Maße, in dem er wirklich den Willen Gottes annimmt und freudig die göttlichen Fügungen bejaht: als treuer Sohn, mögen auch die Nerven bis zum äußersten gespannt sein und die Qual unerträglich erscheinen.