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Es gibt 6 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Lauheit.

Von der ersten Stunde an

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Hausherrn, der am frühen Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben (Mt 20,1). Ihr kennt das Gleichnis: jener Mann geht mehrmals zum Marktplatz, denn er sucht Arbeiter. Einige werden schon bei Sonnenaufgang gedungen, andere erst gegen Abend.

Alle erhalten einen Denar: den Lohn, den ich dir versprochen hatte, das heißt, mein Bild und meine Ähnlichkeit. Im Denar ist das Bildnis des Königs eingeprägt (Hieronymus, Commentatorium in Matthaeum libri, 3, 20 (PL 26, 147]). Das ist die Barmherzigkeit Gottes: jeden ruft Er gemäß seinen persönlichen Umständen, denn Er will, daß alle Menschen gerettet werden (1 Tim 2,4). Wir sind Christen von Geburt, im Glauben erzogen, vom Herrn klar ausgewählt. Wenn ihr also zum Mitgehen aufgefordert werdet, mag es auch in der letzten Stunde sein, dürft ihr dann noch auf dem Marktplatz bleiben und, wie einige jener Arbeiter, die nichts zu tun hatten, in der Sonne sitzen?

Niemals dürfen wir Zeit übrig haben, keine Sekunde: ich übertreibe nicht. Es gibt viel Arbeit: Die Welt ist groß, Millionen Menschen haben die Lehre Christi noch nicht klar vernommen. Einen jeden von euch frage ich: Findest du, daß du zuviel Zeit hast? Denke nach, denn es könnte sein, daß du von Lauheit befallen oder - was den Glauben betrifft - wie ein Gelähmter bist, unbeweglich, erstarrt, unfruchtbar und unfähig, all das Gute weiterzugeben, das du den Mitmenschen in deiner Umgebung, an deinem Arbeitsplatz, in deiner Familie weitergeben solltest.

Ruht in der Gotteskindschaft. Gott ist ein Vater voll von Zartgefühl und unendlicher Liebe. Nenne Ihn Vater oftmals während des Tages. Sage Ihm - du allein, in deinem Herzen -, daß du Ihn liebst, Ihn anbetest, daß du dich stolz und stark fühlst, weil du sein Sohn bist. All dies bildet ein authentisches Programm des inneren Lebens, das du dann durch die wenigen, aber, ich wiederhole es, beständigen Frömmigkeitsübungen im Umgang mit Gott auch tatsächlich erfüllen kannst. So machst du dir das Empfinden und das Betragen eines guten Kindes zu eigen.

Warnen muß ich dich noch vor der Gefahr der Routine, der Gewöhnung, denn sie ist wahrhaft das Grab der Frömmigkeit. Manchmal erscheint sie verkleidet als Ehrgeiz, Großtaten vollbringen zu wollen, indes man leichtfertig die Alltagspflichten vernachlässigt. Wenn du solche Einflüsterungen wahrnimmst, tritt aufrichtig vor den Herrn hin. Überlege, ob du dieses immer gleichbleibenden Kampfes nicht deshalb so überdrüssig bist, weil du Gott nicht suchtest; prüfe dich, ob mangelnde Großmut oder erlahmender Opfergeist zu einem Nachlassen in der beharrlichen Treue bei deiner Arbeit geführt haben. In einer solchen inneren Verfassung erscheinen Frömmigkeitsübungen, Abtötungen und apostolische Tätigkeiten, die nicht sofort Frucht bringen, als schrecklich nutzlos. Wir sind leer, und vielleicht fangen wir an, von neuen Plänen zu träumen, um die Stimme unseres Vaters im Himmel zu ersticken, die uneingeschränkte Treue verlangt. Mit einem größenwahnsinnigen Alptraum in der Seele haben wir keine Augen mehr für die einzig sichere Wirklichkeit, für den Weg, der uns zuverlässig und gerade zur Heiligkeit führt. Das ist ein klares Zeichen dafür, daß uns etwas abhanden gekommen ist: die übernatürliche Sicht, die Überzeugung, kleine Kinder zu sein, und die Gewißheit, daß unser Vater Wunder an uns wirken wird, wenn wir demütig von neuem anfangen.

Am Teich Siloe

Ich möchte, daß Jesus selbst zu uns vom Glauben spricht, daß Er uns Glaubensunterricht erteilt. Schlagen wir also das Neue Testament auf und betrachten wir, zusammen mit Ihm, einige Abschnitte seines Lebens. Er hat es ja nicht verschmäht, seine Jünger nach und nach zu belehren, damit sie sich dann voll Vertrauen der Erfüllung des göttlichen Willens widmen können. Jesus unterweist sie durch Worte und durch Werke.

Nehmen wir das neunte Kapitel des Johannes-Evangeliums: Als Er seines Weges ging, sah Jesus einen Mann, der von Geburt an blind war. Seine Jünger fragten Ihn: "Meister, wer hat gesündigt, er oder seine Eltern, daß er blind geboren wurde?" (Joh 9,1-2)Sie, die Christus so nahestehen, denken Böses über den armen Blinden. Wundert euch also nicht darüber, wenn ihr in eurem Dienst an der Kirche hin und wieder Jüngern des Herrn begegnet, die sich euch oder anderen gegenüber ähnlich verhalten. Macht euch nichts daraus, achtet nicht auf sie, tut wie der Blinde tat: überlaßt euch ganz den Händen Christi. Der Herr klagt nicht an, sondern verzeiht; Er verurteilt nicht, sondern Er spricht frei; Er beobachtet die Krankheit nicht aus Distanz, sondern mit göttlicher Umsicht wendet Er das Heilmittel an.

Christus spie auf die Erde, machte mit dem Speichel einen Teig, strich dem Blinden den Teig auf die Augen und sprach zu ihm: "Geh und wasche dich im Teiche Siloe" - das heißt soviel wie "Gesandter". Er ging hin, wusch sich und kam sehend zurück (Joh 9,6-7).

Jesus nähert sich dem Feigenbaum: Er nähert sich dir und mir, mit Hunger und Durst nach Seelen. Vom Kreuze herab rief Er: sitio (Joh 19,28), mich dürstet. Es ist Durst nach uns, nach unserer Liebe, nach unserer Seele und nach den Seelen all jener, die wir zu Ihm führen sollen: auf dem Weg des Kreuzes, der der Weg der Unsterblichkeit und der himmlischen Herrlichkeit ist.

Jesus ging auf den Feigenbaum zu, fand aber nichts an ihm (Mt 21,19). Das ist traurig. Ist es auch in unserem Leben so? Ist es so, daß es leider an Glauben, an vibrierender Demut, an Opfer und Taten fehlt? Steht nur die christliche Fassade da, für sich allein und ohne Nutzen? Das wäre schrecklich; denn der Herr befiehlt: "In Ewigkeit soll an dir keine Frucht mehr wachsen". Auf der Stelle verdorrte der Feigenbaum (Ebd.). Diese Episode aus der Heiligen Schrift schmerzt uns und gleichzeitig treibt sie uns dazu an, daß wir die Flamme unseres Glaubens neu entfachen und nach ihm leben, damit Christus bei uns immer Früchte findet.

Machen wir uns nichts vor: Der Herr ist niemals von unseren Entwürfen abhängig; auch unsere ehrgeizigsten Vorhaben sind für Ihn wie das Spielen von Kindern. Nur eines will Er: Seelen, Liebe, und daß alle zu Ihm kommen, um für ewig sein Reich zu besitzen. Wir müssen auf Erden viel arbeiten und wir müssen gut arbeiten, denn gerade diese alltäglichen Aufgaben sind der Stoff, den wir heiligen sollen. Vergessen wir aber nicht, all dies für Gott zu tun; täten wir es nur für uns, aus Stolz, dann würden wir nur Blätter hervorbringen, und weder Gott noch die Menschen hätten von dem dichtbelaubten Baum auch nur eine einzige schmackhafte Frucht.

Irdische Hoffnungen und christliche Hoffnung

Mit monotoner Beharrlichkeit wiederholen viele den schon sattsam bekannten Spruch, die Hoffnung sei das letzte, was man verliere; so als könnte man sich auf die Hoffnung herausreden, um, Probleme und Gewissen verdrängend, den gewohnten Trott fortzusetzen, oder als wäre sie ein Freibrief, um die notwendige Korrektur des eigenen Verhaltens auf unbestimmte Zeit aufzuschieben und den Kampf um höhere Ziele, vor allem aber um das höchste Ziel, die Vereinigung mit Gott, auf später zu vertagen.

Hier scheint mir eine Verwechslung der Hoffnung mit der Bequemlichkeit vorzuliegen. Denn im Grunde besteht dabei nicht der geringste Wunsch, ein wirkliches Gut zu erobern, weder ein geistiges noch ein legitimes materielles Gut. Das höchste Verlangen mancher Menschen richtet sich nur darauf, alles zu umgehen, was die scheinbare Ruhe einer mittelmäßigen Existenz stören könnte. Ängstlich, kleinlaut und faul, ist die Seele bis zum Rande ausgefüllt von mehr oder minder feingesponnenen egoistischen Regungen; sie gibt sich damit zufrieden, daß die Tage sine spe nec metu - ohne Hoffnung und Furcht - verrinnen, ohne Ideale, die Anstrengung kosten, und ohne die Lästigkeit des Kampfes. Nur eins zählt: das Risiko der Blamage und der Tränen zu vermeiden. Wie aussichtslos ist es, etwas zu erlangen, wenn man, aus Angst vor den Mühen des dazu notwendigen Kampfes, den Wunsch, es zu besitzen, schon aufgegeben hat!

Man kann auch auf die oberflächliche Haltung derer stoßen, die - oft mit affektiertem Kultur- oder Wissenschaftsgetue - in der Hoffnung lediglich ein dankbares poetisches Thema sehen. Sie sind unfähig, sich aufrichtig mit sich selbst auseinanderzusetzen und sich für das Gute zu entscheiden; daher verkürzen sie die Hoffnung auf eine Illusion, auf einen utopischen Traum, auf einen bloßen Trost in der Trübsal und Härte des Lebens. Die Hoffnung - eine falsche Hoffnung! - wird für sie zu einer gehaltlosen Laune, die zu nichts führt.

Wo immer wir sind, fordert uns der Herr zur Wachsamkeit auf. Nähren wir in unserer Seele das hoffnungsfrohe Verlangen nach einer Heiligkeit mit Werken, weil der Herr uns darum bittet. Schenke mir, mein Sohn, dein Herz (Spr 23,26), sagt Er uns leise. Höre auf, mit deiner Phantasie Luftschlösser zu bauen, und entschließe dich, Gott deine Seele zu öffnen, denn einzig und allein in Ihm wirst du den tragfähigen Grund für deine Hoffnung und für dein Bemühen finden, den anderen Gutes zu tun. Wenn man nicht gegen sich selbst kämpft und die Feinde, die in die innere Festung eindringen, nicht entschieden verjagt - den Stolz, den Neid, die Begierlichkeit des Fleisches und der Augen, die Selbstgerechtigkeit und das törichte Verlangen nach zügelloser Freiheit -, wenn man also keine inneren Schlachten schlagen will, dann verwelken die edelsten Ideale gleich der Blume auf der Au. Die Sonne geht auf mit ihrer Glut und versengt das Gras. Seine Blüte verwelkt, und ihr schöner Anblick ist dahin (Jak 1,10-11). Aus kleinsten Ritzen sprießen dann wie alles überwucherndes Unkraut die Entmutigung und die Traurigkeit hervor.

Christus gibt sich nicht mit dem schwankenden Ja zufrieden. Er will - und Er hat ein Recht darauf -, daß wir entschlossen vorwärtsgehen und daß wir auch dann nicht nachgeben, wenn der Weg einmal schwer wird. Er verlangt feste konkrete Schritte. Allgemeine Vorsätze sind für gewöhnlich von geringem Nutzen, denn sie bleiben zu unbestimmt; ich halte sie deshalb für trügerische Illusionen, die den Ruf Gottes in der Seele ersticken möchten: Irrlichter, die weder zünden noch wärmen und genauso flüchtig, wie sie aufgeflammt sind, wieder verschwinden.

Erst dann bin ich von der Ernsthaftigkeit deiner Absicht, das Ziel zu erreichen, überzeugt, wenn ich sehe, daß du mit Entschiedenheit voranschreitest. Tu das Gute, indem du dich prüfst, wie deine Einstellung bei den gewöhnlichen Arbeiten ist; übe Gerechtigkeit, und zwar in den dir zugänglichen Bereichen, und auch dann, wenn dir die Müdigkeit zusetzt; mache deine Mitmenschen etwas glücklicher, indem du ihnen voller Freude dort dienst, wo du stehst; und erledige deine Arbeit so vollkommen wie nur möglich: mit Einfühlungsgabe, mit einem Lächeln, in christlicher Haltung. Und all das aus Liebe zu Gott und um Ihn zu ehren, den Blick auf Ihn gerichtet und mit der Sehnsucht nach der ewigen Heimat. Das ist das einzige Ziel, das sich wirklich lohnt.