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Mutter der schönen Liebe

Ego quasi vitis fructificaviIch trieb wie ein Weinstock liebliche Sprossen, und meine Blüten tragen prächtige und reiche Frucht (Sir 24,23). Wir haben in der Lesung der heiligen Messe diese Worte gehört. Möge sich eine blühende, innige Marienverehrung in unseren Seelen und in den Seelen aller Christen entfalten und das rückhaltlose Vertrauen zu der hervorbringen, die ständig über uns wacht.

Ich bin die Mutter der schönen Liebe, der Furcht, der Erkenntnis und der heiligen Hoffnung (Sir 24,24). Alles dies sind Lektionen, an die uns die Mutter Gottes heute erinnert. Lektionen einer schönen Liebe, eines sauberen Lebens und eines zartfühlenden und leidenschaftlichen Herzens, damit wir lernen im Dienste der Kirche treu zu sein. Nicht irgendeine beliebige Liebe ist da gemeint, sondern die Liebe schlechthin, die weder Verrat noch Berechnung, noch Vergessen kennt: die schöne Liebe, die vom dreimalheiligen Gott ausgeht und zu Ihm hinführt, zu Ihm, der die Schönheit und die Güte und die Erhabenheit selbst ist.

Aber auch die Furcht wird erwähnt. Ich kann mir keine andere vorstellen als die, daß man sich von der Liebe trennen könnte. Denn Gott will uns ja nicht ängstlich, kleinmütig oder träge in unserer Hingabe, sondern kühn, tapfer und ganz wach. Diese Furcht, die hier erwähnt wird, ruft uns ein anderes Wort der Heiligen Schrift in Erinnerung: Ich suchte, den meine Seele liebt; ihn suchte ich, doch ich fand ihn nicht (Hld 3,1).

Das kann dann geschehen, wenn der Mensch nicht bis auf den Grund begriffen hat, was Gott lieben heißt. Das Herz läßt sich dann von Dingen fortreißen, die nicht zu Gott hinführen, und als Folge davon verlieren wir Ihn aus den Augen. Manchmal ist es vielleicht der Herr selbst, der sich verbirgt. Er allein weiß warum. Er treibt uns an, Ihn mit noch größerem Eifer zu suchen, und wenn wir Ihn wiedergefunden haben, freuen wir uns und rufen: Ich hielt ihn fest und will ihn nicht lassen (Hld 3,4).

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