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Die menschliche Liebe ist heilig

Die reine und lautere Liebe der Eheleute ist heilig, und ich als Priester segne sie mit beiden Händen. Die christliche Überlieferung hat in der Anwesenheit des Herrn bei der Hochzeit zu Kana häufig eine Bestätigung des göttlichen Wertes der Ehe gesehen: Unser Erlöser war bei der Hochzeit zugegen, um das Prinzip der menschlichen Fortpflanzung zu heiligen, schreibt der heilige Cyrill von Alexandrien (Cyrill von Alexandrien, In Ioannem commentarius, 2, 1 [PG 73, 223]).

Die Ehe ist ein Sakrament, das aus zwei Leibern ein Fleisch macht, wie es in der Theologie drastisch heißt. Die Leiber der Brautleute selbst sind die Materie des Sakramentes. Der Herr heiligt und segnet die Liebe des Mannes zur Frau und der Frau zum Manne: Er hat nicht nur die Vereinigung ihrer Seelen, sondern auch die ihrer Leiber gewollt. Kein Christ, ob zum ehelichen Leben berufen oder nicht, kann dies abwerten.

Der Schöpfer hat uns den Verstand gegeben, der wie ein Funke des göttlichen Wissens ist, und uns - zusammen mit dem freien Willen, einer weiteren Gabe Gottes - erlaubt, zu erkennen und zu lieben. Und Er hat dem Menschen die Fähigkeit zur Zeugung verliehen, die wie eine Teilnahme an seiner Schöpferkraft ist. Gott hat sich der ehelichen Liebe bedienen wollen, um neuen Geschöpfen das Leben zu geben und den Leib seiner Kirche zu mehren. Die Geschlechtlichkeit ist nichts Beschämendes, sondern ein Gottesgeschenk, das in seiner Reinheit auf das Leben, die Liebe und die Fruchtbarkeit hingeordnet ist.

Auf diesem Hintergrund will die christliche Lehre über die Sexualität gesehen werden. Unser Glaube verkennt nicht das Schöne, Erhabene und echt Menschliche hier auf der Erde. Er lehrt uns, daß die Richtschnur unseres Lebens nicht egoistisches Luststreben sein darf, da nur Verzicht und Opfer zur wahren Liebe führen. Gott hat uns geliebt, und Er fordert uns auf, Ihn und unsere Nächsten so wahrhaftig zu lieben, wie Er uns liebt. Wer sein Leben zu gewinnen sucht, wird es verlieren; wer dagegen sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen, heißt es, scheinbar paradox, beim heiligen Matthäus (Mt 10,39).

Wer nur um sich selbst kreist und vor allem die eigene Befriedigung sucht, setzt sein ewiges Heil aufs Spiel und ist mit Gewißheit schon jetzt unglücklich. Nur wer sich selbst vergißt und sich Gott und dem Nächsten hingibt, auch in der Ehe, kann auf Erden glücklich sein, in einer Glückseligkeit, die den Himmel vorbereitet und vorwegnimmt.

Auf unserem Erdenweg ist der Schmerz Prüfstein der Liebe. In kurzen Worten läßt sich sagen, daß der Ehestand Licht- und Schattenseiten hat: auf der einen Seite die Freude, sich geliebt zu wissen, davon zu träumen, eine Familie zu gründen und sie voranzubringen, die Kinder heranwachsen zu sehen, und auf der anderen Seite Leid, Widerwärtigkeiten und den Lauf der Zeit zu erfahren, der den Körper verfallen läßt und die Seele zu verbittern droht, die scheinbare Eintönigkeit der scheinbar immer gleichen Tage.

Wer aber meint, all diese Schwierigkeiten seien schon das Ende von Liebe und Freude, hat eine ärmliche Vorstellung von der Ehe und der menschlichen Liebe. Vielmehr ist erst dann, wenn wir den Kern des menschlichen Fühlens erreichen, die Zeit gekommen, in der sich Hingabe und Zärtlichkeit festigen und als eine Liebe erweisen, die stärker ist als der Tod (Spr 8,6).

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