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Kinder Gottes

Vielleicht möchtet ihr mir jetzt sagen: Wenige wollen das hören, und noch weniger sind bereit, dies zu tun! Ja, die Freiheit ist eine kräftige, gesunde Pflanze, die schlecht heimisch wird auf felsigem Boden, unter Dornen oder auf vielbenutzten Wegen (Vgl. Lk 8,5-7). Das war uns schon verkündet worden, noch bevor Christus auf die Erde kam.

Denkt nur an die Worte des Psalms: Warum toben die Heiden und sinnen die Völker auf Eitles? Es stehen auf die Könige der Erde und kommen zusammen die Fürsten wider den Herrn und wider seinen Gesalbten (Ps 2,1-2). Seht ihr? Nichts Neues: Widerstand gegen Christus schon vor seiner Geburt; Widerstand gegen Ihn, während Er Palästina friedfertig durchwanderte; Verfolgungen damals und Verfolgungen heute, mit Angriffen gegen die Glieder seines mystischen Leibes. Warum soviel Haß, warum dieses Sich-Weiden an der reinen Arglosigkeit, warum überall dieses Niedertreten der Freiheit der Gewissen?

Laßt uns zerreißen ihre Bande und von uns werfen ihr Joch! (Ps 2,3) Sie durchbrechen das sanfte Joch, sie werfen von sich seine liebenswerte Bürde der Heiligkeit und der Gerechtigkeit, der Gnade, der Liebe und des Friedens. Sie wüten gegen die Liebe, sie verspotten die wehrlose Güte eines Gottes, der auf Legionen von Engeln, die Ihn verteidigen könnten, verzichtet (Vgl. Joh 18,36; Mt 26,52-54). Vielleicht würden sie versuchen, sich mit diesem Gott zu verständigen, wenn Er sich auf einen Kompromiß einließe und, um der Großzahl der Schuldigen zu willfahren, einige wenige Unschuldige opferte. Doch das ist nicht die Logik Gottes. Unser Vater Gott ist wirklich ein Vater, bereit, Tausenden, die Böses tun, zu verzeihen, wenn es nur zehn Gerechte gibt (Vgl. Gen 18,32). Jene, die sich von Haß leiten lassen, können dieses Erbarmen nicht begreifen, und die scheinbare Straflosigkeit auf Erden bestärkt sie noch in ihrem Tun, das von der Ungerechtigkeit lebt.

Der im Himmel wohnet, lachet ihrer, und der Herr spottet ihrer. Dann redet Er zu ihnen in seinem Zorne und verwirret sie in seinem Grimme (Ps 2,4-5). Wie gerechtfertigt ist der Zorn Gottes! Wie berechtigt sein Grimm und wie groß sein Erbarmen!

Ich aber bin als König von Ihm über Sion gesetzt, seinen heiligen Berg, und verkündige sein Gesetz. Der Herr hat zu mir gesagt: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt (Ps 2,6-7). Gott, unser Vater, hat uns in seinem Erbarmen seinen Sohn zum König gegeben, Er droht und ist zugleich mild; Er kündigt uns seinen Zorn an und schenkt uns seine Liebe. Mein Sohn bist Du: Er wendet sich an Christus, und wendet sich an dich und an mich, wenn wir uns dazu entschließen, alter Christus, ipse Christus zu sein.

Die Sprache vermag nicht mehr auszudrücken, was das Herz angesichts der Güte Gottes empfindet. Er sagt zu uns: Du bist mein Sohn; nicht ein Fremder, nicht ein Knecht, den man gütig behandelt, nicht ein Freund - das wäre schon viel -, ein Sohn! Er ebnet uns den Weg, Ihm mit der liebenden Ehrfurcht eines Sohnes zu begegnen - ja, ich wage zu sagen - auch mit der Unbekümmertheit eines Sohnes gegenüber seinem Vater, der es nicht übers Herz bringt, ihm eine Bitte abzuschlagen.

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