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Es gibt 5 Nummer in «Christus begegnen » deren Stichwort lautet Heiligkeit → allgemeine Berufung .

Ähnlich ist es bei uns gewesen. Mühelos ließen sich in unserer Familie, unter unseren Freunden und Kollegen, um nicht vom weiten Panorama der Welt zu reden, viele Menschen mit besseren Voraussetzungen für den Ruf Christi finden: Menschen, die einfacher, klüger, einflußreicher, bedeutender, dankbarer, großherziger sind als wir.

All das beschämt mich, wenn ich darüber nachdenke. Aber ich bin mir auch bewußt, daß unsere menschliche Denkart nicht taugt, um die Wirkungen der Gnade zu erklären. Gott sucht sich gewöhnlich schwache Werkzeuge aus, damit sich klar zeigt, daß das Werk seines ist. Die Stimme des Apostels Paulus bebt noch bei dem Gedanken an seine eigene Berufung: Zu allerletzt ist Er auch mir erschienen, der ich doch gleichsam eine Mißgeburt war. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, nicht wert, Apostel zu heißen. Denn ich habe die Kirche Gottes verfolgt (1 Kor 15,8-9). So schreibt Saulus aus Tarsus, dessen Persönlichkeit und dessen Kraft im Verlauf der Geschichte nur noch größer geworden sind.

Von unserer Seite ohne jegliches Verdienst, sagte ich euch; denn untrennbar verbunden mit unserer Berufung ist die Erkenntnis unserer Armseligkeit und die Überzeugung, daß das Licht, das die Seele erleuchtet - der Glaube - die Liebe, mit der wir lieben - die caritas - und die Sehnsucht, die uns trägt - die Hoffnung - lauter Gaben Gottes sind. Wenn wir also nicht in der Demut wachsen, verlieren wir das Ziel der göttlichen Auserwählung aus den Augen: ut essemus sancti, die persönliche Heiligkeit.

Von dieser Demut her können wir nunmehr die ganze Herrlichkeit des göttlichen Rufes begreifen. Die Hand Christi hat uns vom Weizenfeld aufgelesen. Der Sämann drückt die Weizenkörner in seiner durchbohrten Hand, das Blut Christi durchtränkt sie. Dann wirft der Herr den getränkten Weizen in den Wind, damit er im Sterben Leben bringe und, einmal in die Erde gesenkt und begraben, sich in goldenen Ähren vervielfältigen kann.

Der Weg des Glaubens ist ein Weg des Opfers. Die christliche Berufung entfernt uns nicht von unserem Platz, aber sie fordert von uns, alles das aufzugeben, was der Liebe zu Gott im Wege steht. Das aufgehende Licht ist nur der Anfang. Wir müssen ihm folgen, wenn wir wollen, daß sein Schein für uns zum Stern, ja zur Sonne selbst werden soll. Der heilige Chrysostomus schreibt: Solange die Weisen noch in Persien waren, sahen sie nichts weiter als einen Stern. Als sie jedoch ihre Heimat verließen, sahen sie die Sonne der Gerechtigkeit selbst. Man kann sagen, sie hätten den Stern nicht weiter gesehen, wenn sie in ihrem Land geblieben wären. Auch wir wollen uns beeilen! Und wenn uns alle daran hinderten, wir wollen zum Haus dieses Kindes laufen (Johannes Chrysostomus, In Matthaeum homiliae, 6,5 [PG 57, 78]).

Festigkeit in der Berufung

"Wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten." Als der König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem (Mt 2,2-3). Noch heute wiederholt sich dieses Geschehen. Angesichts der Größe Gottes, angesichts der mit menschlichem Ernst und tiefer christlicher Überzeugung getroffenen Entscheidung, den eigenen Glauben konsequent zu leben, gibt es immer wieder Leute, die sich darüber wundern, ja, die empört und fassungslos sind. Man könnte sagen, sie kennen keine andere Wirklichkeit als jene, die in ihren beschränkten Horizont paßt. Wenn sie das großzügige Verhalten anderer, die den Ruf des Herrn vernommen haben, wahrnehmen, lächeln sie abschätzig, erschrecken oder richten - dies in Fällen, die geradezu pathologisch anmuten - ihr ganzes Bemühen darauf, einen Menschen, der sich in seinem Gewissen frei für eine heilige Sache entschieden hat, an seinem Weg zu hindern.

Ich selbst habe gelegentlich so etwas wie eine allgemeine Mobilmachung gegen jene erlebt, die sich entschlossen haben, ihr ganzes Leben in den Dienst für Gott und den Nächsten zu stellen. Manche meinen, der Herr dürfe nicht berufen, wen Er wolle, ohne vorher ihre Erlaubnis eingeholt zu haben. Obendrein sind sie noch der Überzeugung, der Mensch sei nicht der vollkommenen Freiheit fähig, die Liebe mit einem Ja aufzunehmen oder auch zurückzuweisen. Für jene, die so denken, ist das übernatürliche Leben einer Seele völlig zweitrangig. Zwar sind auch sie der Meinung, man müsse sich darum kümmern, jedoch unter der Voraussetzung, daß Annehmlichkeiten und die Befriedigung der Bedürfnisse des menschlichen Eigennutzes garantiert sind. Was würde wohl, wäre das richtig, vom Christentum noch übrigbleiben? Sollen wir die liebevollen und zugleich fordernden Worte Jesu nur hören, oder sollen wir sie hören und verwirklichen? Er sagte: Seid also vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist! (Mt 5,48)

Unser Herr richtet sich an alle Menschen, damit sie Ihn suchen, damit sie heilig seien. Er ruft nicht nur die Könige aus dem Morgenland, die weise und mächtig waren. Vorher bereits hatte Er zwar keinen Stern, doch einen seiner Engel zu den Hirten gesandt (Vgl. Lk 2,9). Aber alle, ob arm oder reich, ob weise oder weniger weise, müssen in ihrer Seele die demütige Bereitschaft wachhalten, auf die Stimme Gottes zu hören.

Seht doch, wie es Herodes erging: Er war einer der Mächtigen dieser Erde und konnte sich die Mitarbeit von Gelehrten zunutze machen: Er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und legte ihnen die Frage vor, wo der Messias geboren werden sollte (Mt 2,4). Aber seine Macht und sein Wissen sind für sein verhärtetes Herz nur Mittel zum Bösen: zum sinnlosen Wunsch, Gott zu vernichten, zur Verachtung des Lebens einer Handvoll unschuldiger Kinder.

Im Evangelium lesen wir weiter: Sie antworteten ihm: "Zu Bethlehem in Judäa. Denn so steht beim Propheten geschrieben: Du, Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter Judas Fürstenstädten. Denn aus dir soll hervorgehen der Fürst, der mein Volk Israel regieren wird" (Mt 2,5-6). Wir dürfen diese Details der göttlichen Barmherzigkeit nicht übersehen: Der die Welt erlösen wollte, wird in einem entlegenen Dorf geboren. Und, wie die Schrift nachdrücklich wiederholt, bei Gott gibt es kein Ansehen der Person (Vgl. 2 Chr 19,7; Röm 2,11; Eph 6,9; Kol 3,25 usw.). Um einen Menschen zu einem Leben in Übereinstimmung mit dem Glauben zu berufen, achtet Er weder auf Reichtum noch auf Herkommen, noch auf Wissenschaft. Die Berufung geht jeglichem Verdienst voraus. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, zog vor ihnen her, bis er schließlich über dem Ort stehenblieb, wo das Kindlein war (Mt 2,9).

Die Berufung ist das erste; bevor wir überhaupt wissen, wie wir uns an Ihn wenden können, liebt Gott uns schon und schenkt uns die Liebe, mit der wir Ihm antworten können. Gottes väterliche Güte kommt uns entgegen (Ps 78, 8). Unser Herr ist viel mehr als nur gerecht: Er ist barmherzig. Er wartet nicht, bis wir zu Ihm kommen. Er kommt uns zuvor mit untrüglichen Erweisen seiner väterlichen Liebe.

Die kühne Sicherheit des Christen

Qui habitat in adiutorio Altissimi, in protectione Dei coeli commorabitur (Ps 90,1 [Introitus der heiligen Messe]), im Schutz des Allerhöchsten zu wohnen, mit Gott zu leben, darin liegt die kühne Sicherheit des Christen. Unser Herz wird sich nur dann mit Frieden erfüllen, wenn wir uns davon überzeugen, daß Gott uns erhört und für uns da ist. Aber mit Gott zu leben, ist auch ein Wagnis, denn der Herr will nicht teilen, Er will alles. Ihm näher kommen bedeutet daher, bereit sein zu neuer Umkehr und Begradigung des Lebens, zum aufmerksameren Hinhören auf seine Eingebungen, auf die heiligen Wünsche, die Er in unserer Seele weckt, und bereit sein, sie in die Tat umzusetzen.

Sicher sind wir auf dem Weg der Treue zum Worte Christi ein gutes Stück vorangekommen, seitdem wir uns zum ersten Male bewußt dazu entschieden haben, ganz nach seiner Lehre zu leben. Und dennoch: Bleibt nicht noch vieles zu tun? Ist es nicht so, daß in uns noch sehr viel Hochmut steckt? Uns wieder einmal zu erneuern, tut not; wir müssen treuer werden und brauchen eine tiefere Demut. damit unsere Selbstsucht schwindet und Christus in uns wächst, denn illum oportet crescere, me autem minui (Joh 3,30), Er muß wachsen und ich abnehmen.

Es darf keinen Stillstand geben, wir müssen vielmehr auf das Ziel zusteuern, das uns der heilige Paulus weist: Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir (Gal 2,20). Es ist ein hohes, erhabenes Ziel: eins zu werden mit Christus, heilig zu werden. Aber es gibt keinen anderen Weg, wenn wir konsequent sein wollen mit dem göttlichen Leben, das der Herr durch die Taufe in uns hat aufkeimen lassen. Fortschritt heißt Vorankommen in der Heiligkeit; Rückschritt heißt, sich der normalen Entfaltung des christlichen Lebens verschließen. Denn das Feuer der Liebe zu Gott muß angefacht werden, auf daß es jeden Tag weiter um sich greife und tiefer die Seele erfasse; und Feuer hält sich nur dann, wenn wir es immer wieder schüren: Wenn es sich nicht ausbreiten kann, wird es erlöschen.

Beim heiligen Augustinus heißt es: Wenn du "genug" sagst, bist du verloren. Orientiere dich immer am "Mehr", bewege dich, geh immer vorwärts. Bleibe nicht auf dem Fleck stehen, weiche nicht zurück, irre nicht vom Wege ab (Augustinus, Sermo, 169, 15 [PL 38, 926]).

Die Fastenzeit stellt uns heute vor diese entscheidenden Fragen: Wachse ich in meiner Treue zu Christus, in meinem Verlangen nach Heiligkeit? Lebe ich großzügig das Apostolat im Alltag, in meiner gewöhnlichen Arbeit, unter meinen Berufskollegen?

Jeder, der in seinem Innern diese Fragen zu beantworten sucht, wird einsehen, wie notwendig eine erneute Umgestaltung ist, damit Christus in uns lebt und sich sein Bild in unserem Verhalten unverzerrt widerspiegelt.

Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich, und so folge er mir (Lk 9,23). Christus sagt es aufs neue, wie ins Ohr geflüstert, jedem von uns: täglich das Kreuz. Nicht nur in Zeiten der Verfolgung, schreibt der heilige Hieronymus, oder wenn sich die Möglichkeit zum Martyrium bietet, sondern in jeder Situation, mit jedem Werk, jedem Gedanken und jedem Wort müssen wir verneinen, was wir vorher waren, und bekennen, was wir jetzt sind, denn wir sind wiedergeboren in Christus (Hieronymus, Epistola, 121, 3 [PL 22, 1013]).

Diese Gedanken sind im Grunde nur ein Echo jener Worte des Apostels: Einst wart ihr Finsternis. Jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt nun als Kinder des Lichtes. Die Frucht des Lichtes zeigt sich in lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist (Eph 5,8-10).

Sich bekehren ist Sache eines einzigen Augenblicks, sich heiligen Sache eines ganzen Lebens. Der göttliche Samen der Liebe, den der Herr in uns gelegt hat, will wachsen, sich in Taten erweisen und Früchte bringen, die jederzeit dem Herrn wohlgefällig sind. Deshalb müssen wir bereit sein, neu anzufangen und in jeder neuen Situation, vor die uns das Leben stellt, das Licht und die Kraft der ersten Bekehrung wiederzufinden, uns durch eine gründliche Gewissenserforschung vorzubereiten und den Herrn um Hilfe zu bitten, damit wir Ihn und uns selbst besser kennenlernen. Es gibt keinen anderen Weg, wenn wir uns von neuem bekehren wollen.

Der innere Kampf

Ertrage die Schwierigkeiten als tüchtiger Streiter Christi Jesu (2 Tim 2,3), sagt uns der heilige Paulus. Das Leben des Christen ist ein Kriegsdienst, ein herrlicher Krieg für den Frieden, der nichts gemein hat mit den kriegerischen Auseinandersetzungen der Menschen. Denn diese atmen den Geist der Trennung und oft des Hasses, während der Krieg der Kinder Gottes gegen ihre Eigenliebe im Bestreben nach Einheit und Liebe wurzelt. Wohl wandeln wir noch im Fleische, doch führen wir unsern Kampf nicht auf fleischliche Weise. Denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern machtvoll, um für Gott Bollwerke niederzureißen. So zerstören wir die Pläne der Menschen und allen Hochmut, der sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt (2 Kor 10,3-5). Dies ist die unerbittliche Schlacht gegen den Stolz, gegen die Selbstgefälligkeit, die uns zum Bösen bereit macht, gegen aufgeblähte Überheblichkeit.

Wir wollen uns an diesem Palmsonntag, da der Herr in die entscheidende Woche unserer Erlösung eintritt, nicht bei oberflächlichen Überlegungen aufhalten. Stoßen wir zum Entscheidenden vor, zu dem, was wirklich wichtig ist. Seht, was wir erstreben sollen, ist, in den Himmel zu kommen; sonst würde sich unser Leben nicht lohnen. Um in den Himmel zu gelangen, müssen wir treu der Lehre Christi folgen; und um treu zu sein, müssen wir ständig gegen Hindernisse kämpfen, die sich unserer ewigen Seligkeit entgegenstellen.

Ich weiß schon, wenn von Kampf die Rede ist, haben wir sogleich unsere Schwachheit vor Augen, wir ahnen kommende Niederlagen, Irrwege. Doch Gott rechnet damit. Da wir unterwegs sind, läßt es sich nicht vermeiden, daß wir beim Voranschreiten den Staub des Weges aufwirbeln. Wir sind Geschöpfe, voller Gebrechen. Ja, mir scheint sogar, daß es Gebrechen in unserer Seele geben muß wie Schatten, von denen sich als Kontrast die Gnade Gottes und unser Bemühen, diesem göttlichen Geschenk zu entsprechen, um so klarer abheben. Erst beides zusammen Licht und Dunkel macht uns menschlich, demütig, verständnisvoll und großzügig.

Betrügen wir uns doch nicht selbst: Wenn wir in unserem Leben mit Glanz und Erfolg rechnen, werden wir auch mit Niederlagen und Rückschlägen rechnen müssen. So ist immer der Weg des Christen auf der Erde gewesen, auch der Weg jener, die wir heute als Heilige verehren. Denkt nur an Petrus, Augustinus und Franziskus. Mir haben nie jene Lebensbeschreibungen gefallen, die, aus Naivität, aber auch aus Mangel an christlicher Lehre, die Heiligen so darstellen, als wären sie vom Mutterschoß an unfehlbar mit der Gnade Gottes ausgestattet gewesen. Nein, die wahren Lebensgeschichten der christlichen Heiligen gleichen den unsrigen aufs Haar: Sie kämpften und unterlagen, um von neuem, reuevoll, den Kampf wieder aufzunehmen.

Es sollte uns nicht wundern, daß wir relativ häufig Niederlagen einstecken müssen, auch wenn es sich dabei gewöhnlich, ja vielleicht immer um geringfügige Dinge handelt, die uns weh tun, als wären sie von großer Bedeutung. Wenn wir Gott lieben, demütig sind und kämpfen, werden solche Niederlagen nie von großem Ernst sein. Denn wir werden dann auch Kämpfe bestehen können, große Siege davontragen in den Augen Gottes. Wenn wir mit lauterer Absicht arbeiten und Gottes Willen zu erfüllen trachten, ist uns, in unserer Nichtigkeit, seine Gnade gewiß; und dann gibt es keine Niederlagen.

Umgang mit dem Heiligen Geist

Aus dem Heiligen Geist leben bedeutet, aus dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe leben, sich von Gott ergreifen lassen, damit Er von Grund auf unser Herz erneuere und es nach seinem Maß gestalte. Ein reifes, tiefes und starkes christliches Leben kann nicht improvisiert werden, denn es ist die Frucht des Wachsens der Gnade Gottes im Menschen. Die AposteIgeschichte beschreibt das Leben der christlichen Urgemeinde mit einem so kurzen wie bedeutungsvollen Satz: Sie verharrten in der Lehre der Apostel, in der brüderlichen Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet (Apg 2,42).

So lebten jene ersten Christen, und so müssen wir leben: Betrachten der Glaubenslehre, bis sie uns zum Besitz wird, Begegnung mit Christus in der Eucharistie, persönlicher Dialog - Heraustreten aus der Anonymität im Gebet - vor dem Angesicht Gottes, das soll der Urgrund unseres Verhaltens sein. Wo dies fehlt, wird man vielleicht gelehrte Reflexion, mehr oder weniger lebhafte Aktivität und Frömmigkeitsübungen finden, aber keine wahre christliche Existenz, denn es wird am Einswerden mit Christus, an einer wirklichen und gelebten Teilnahme am Heilswerk Gottes mangeln.

Diese Lehre gilt für alle Christen, denn wir alle sind im gleichen Maße zur Heiligkeit berufen. Es gibt keine Christen zweiter Klasse, die zu einer verwässerten Lebensform des Evangeliums verpflichtet wären; wir alle haben die gleiche Taufe empfangen, und innerhalb der Vielfalt der Gnadengaben und der menschlichen Lebensbedingungen teilt der eine Geist seine Gaben aus, eine ist der Glaube, eine die Hoffnung, eine die Liebe (Vgl. 1 Kor 12,4-6 und 13,1-13).

Wir können deshalb die Frage des Apostels als an uns gerichtet betrachten und sie als Aufforderung zu einem persönlicheren und unmittelbaren Umgang mit Gott aufnehmen: Wißt ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? (1 Kor 3,16) Leider ist der Heilige Geist für manche Christen der Große Unbekannte: ein Name, den man sagt, aber nicht ein Jemand - die dritte Person des einen Gottes -, mit dem man spricht und aus dem man lebt.

Was da nottut, ist vielmehr der gewohnte Umgang mit Ihm in Einfachheit und Vertrauen, so wie es uns die Kirche durch die Liturgie lehrt. Dann werden wir den Herrn besser kennen und uns der unaussprechlichen Gabe, Christ zu heißen, besser bewußt sein; wir erahnen dann die ganze Fülle und Wahrheit jener Vergöttlichung, jener Teilnahme am göttlichen Leben, von der wir sprachen.

Der Heilige Geist ist nicht wie ein Künstler, der in uns das Göttliche zeichnet, so, als ob es Ihm fremd wäre; nicht so führt uns der Heilige Geist zur göttlichen Gleichförmigkeit. Er selbst, der Gott ist und aus Gott kommt, prägt sich vielmehr in die Herzen derer ein, die Ihn empfangen, so wie das Siegel sich in das Wachs einprägt. Durch die Selbstmitteilung und die Gleichförmigkeit stellt Er die Natur nach der Schönheit des göttlichen Urbildes wieder her und gibt dem Menschen das Bild Gottes wieder (Cyrill von Alexandrien, Thesaurus de sancta et consubstantiali Trinitate, 34 [PG 75, 609]).