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Es gibt 7 Nummer in «Christus begegnen » deren Stichwort lautet Erlösung → Erlösung der Welt.

Seht: die Erlösung, die vollendet wurde, als Jesus in der Schmach und im Ruhm des Kreuzes starb, für die Juden ein Ärgernis, für die Heiden eine Torheit (1 Kor 1,23), dauert nach göttlichem Willen an, bis die Stunde des Herrn kommt. Es ist unvereinbar, aus dem Herzen Jesu zu leben und sich nicht gesandt zu fühlen, so wie Er peccatores salvos facere (1 Tim 1,15), die Sünder zu retten, aber ohne zu vergessen, daß wir selbst jeden Tag mehr auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen müssen. Dies weckt in uns das Verlangen, uns als Miterlöser Christi zu betrachten und mit Ihm alle Menschen zu retten, da wir ja ipse Christus sind und sein wollen, Christus selbst, der sich zum Lösegeld für alle hingegeben hat (1 Tim 2,6).

Vor uns liegt eine große Aufgabe. Nur abwarten wäre falsch, da der Herr uns ausdrücklich sagt: Treibt Handel, bis ich wiederkomme (Lk 19,13). Während wir die Rückkehr des Herrn erwarten, der kommen wird, um sein Reich voll in Besitz zu nehmen, können wir nicht die Hände in den Schoß legen. Das Reich Gottes auszubreiten, ist nicht ausschließlich der offizielle Auftrag jener Glieder der Kirche, die Christus repräsentieren, da sie von Ihm die heiligen Gewalten empfangen haben. Vos autem estis corpus Christi (1 Kor 12,27), auch ihr seid der Leib Christi, sagt uns der Apostel mit dem konkreten Auftrag, bis zuletzt Handel zu treiben.

Vieles bleibt noch zu tun. Etwa, weil zwanzig Jahrhunderte lang nichts geschehen ist? Nein, vieles ist in diesen zwanzig Jahrhunderten geschehen. Das eilfertige Urteil, mit dem manche die Arbeit früherer Generationen abwerten, scheint mir weder sachlich gerechtfertigt noch sehr anständig zu sein. In diesen zweitausend Jahren wurde viel und oft auch sehr gut gearbeitet. Gewiß, es ist nicht ohne Fehler und Rückschläge abgegangen, es hat an Angst und Furchtsamkeit nicht gefehlt, doch auch nicht an Tapferkeit und Großmut. Aber die Menschheitsfamilie erneuert sich ständig, und so muß sich jede Generation aufs neue darum bemühen, dem Menschen zu helfen, daß er die Größe seiner Berufung als Kind Gottes entdeckt und sich das Gebot der Liebe zu unserem Schöpfer und zum Nächsten tief einprägt.

Vergessen wir nicht, daß es noch sehr viel zu tun gibt. Eines Tages, vielleicht beim Anblick der reifen, wogenden Ähren, sagte Jesus zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige. Bittet darum den Herrn der Ernte, daß Er Arbeiter in seine Ernte sende (Mt 9,38). Wie damals fehlen auch heute Arbeiter, die bereit sind, die Last und Hitze des Tages zu tragen (Mt 20,12). Und wenn wir, die wir arbeiten, nicht treu sind, wird sich das Wort des Propheten Joel erfüllen: Das Feld vernichtet, der Acker in Trauer, verdorben das Korn, versiegt der Most, vertrocknet das Öl! Bauern stehet beschämt, Winzer heult laut um Weizen und Gerste, die Ernte des Feldes ist hin! (Joël 1,10-11)

Es gibt keine Ernte ohne die Bereitschaft, großmütig eine oft lange und mühevolle Arbeit auf sich zu nehmen: das Feld zu pflügen, zu bestellen und zu versorgen, später zu mähen und zu dreschen. Das Reich Gottes verwirklicht sich in der Geschichte, in der Zeit. Der Herr hat uns allen, ohne Ausnahme, diese Aufgabe anvertraut. Jetzt, während wir Christus in der Eucharistie anbeten und betrachten, wollen wir daran denken, daß die Zeit des Ausruhens noch nicht gekommen ist, daß der Tag noch nicht zu Ende ist.

Im Buch der Sprüche lesen wir: Wer seinen Acker bebaut, hat Brot in Fülle (Spr 12,11). Versuchen wir, dieses Wort geistlich auf uns anzuwenden: Wer den Acker Gottes nicht bearbeitet, wer dem göttlichen Auftrag nicht treu ist, sich den anderen hinzugeben und, ihnen zu helfen, Christus kennenzulernen, wird schwerlich verstehen, was das eucharistische Brot ist. Niemand schätzt, was keine Mühe macht. Um die heilige Eucharistie zu schätzen und zu lieben, muß man den Weg Jesu gehen: Weizen sein, sterben, voll Kraft wiedererstehen und reiche Frucht bringen: das Hundertfache! (Vgl. Mk 4,8)

Dieser Weg läßt sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: Lieben. Lieben heißt, ein großes Herz haben, die Sorgen unserer Mitmenschen teilen, verzeihen können und verstehen können: sich mit Jesus Christus für alle Seelen aufopfern. Wenn wir mit dem Herzen Christi lieben, werden wir lernen zu dienen, und wir werden die Wahrheit klar und in Liebe verteidigen. Um so zu lieben, muß jeder aus seinem eigenen Leben alles das ausmerzen, was das Leben Christi in uns beeinträchtigt: der starke Hang zur Bequemlichkeit, die Versuchungen des Egoismus, die Neigung, uns selbst ins Licht zu stellen. Nur wenn wir in uns dieses Leben Christi nachbilden, werden wir es an die anderen weitergeben können; nur wenn wir das Sterben des Weizenkorns in uns erfahren, werden wir gegenwärtig sein in den Aufgaben der Welt, werden wir die Welt von innen her umgestalten, sie fruchtbar machen.

Christlicher Optimismus

Wir könnten irgendwann einmal versucht sein zu meinen, das alles sei sehr schön, schön wie ein unerfüllbarer Traum. Aber ich sprach von der Erneuerung eures Glaubens und eurer Hoffnung: Bleibt fest in der unerschütterlichen Gewißheit, daß die herrlichen Werke Gottes unsere kühnsten Erwartungen noch übertreffen werden. Aber es ist unerläßlich, daß wir in der christlichen Tugend der Hoffnung fest verankert bleiben.

Gewöhnen wir uns nicht an die Wunder, die vor unseren Augen geschehen, vor allem nicht an diese Großtat, daß der Herr täglich in die Hände des Priesters herabsteigt. Jesus will, daß wir hellwach sind, damit wir uns von der Größe seiner Macht überzeugen und von neuem auf seine Verheißungen hören: Venite post me, et faciam vos fieri piscatores hominum (Mk 1,17), folget mir, ich will euch zu Menschenfischern machen; ihr werdet wirksam sein und die Menschen zu Gott hinziehen. Vertrauen wir auf die Worte des Herrn: Steigen wir ins Boot, greifen wir zu den Rudern, hissen wir die Segel und fahren wir auf dieses Meer der Welt hinaus, das Christus uns als Erbteil gibt. Duc in altum et laxate retia vestra in capturam (Lk 5,4). Fahre hinaus auf die hohe See und werft eure Netze zum Fange aus.

Dieser apostolische Eifer, den Christus in unser Herz gelegt hat, darf nicht durch eine falsche Demut eingeengt oder gar erstickt werden. Wenn es wahr ist, daß wir persönliche Armseligkeiten mit uns schleppen, so ist es auch wahr, daß der Herr mit unseren Fehlern rechnet. Seinem barmherzigen Blick entgeht es nicht, daß wir Menschen begrenzt, schwach, unvollkommen und anfällig für die Sünde sind. Aber Er gebietet uns, zu kämpfen und unsere eigenen Fehler zu bekennen, nicht um uns einzuschüchtern, sondern damit wir bereuen und wünschen können, uns aufrichtig zu bessern.

Darüber hinaus müssen wir immer vor Augen haben, daß wir nur Werkzeuge sind: Was ist denn Apollo? Was ist Paulus? Weiter nichts als Diener, die euch zum Glauben geführt haben, jeder, wie es der Herr ihm verliehen hat. Ich habe gepflanzt, Apollo hat begossen, Gott aber hat das Wachstum gegeben (1 Kor 3,4-6). Die Lehre, die Botschaft, die wir verbreiten müssen, hat eine eigene, unendliche Fruchtbarkeit, die nicht von uns, sondern von Christus kommt. Es ist Gott selbst, der alles daransetzt, das Werk des Heiles zu verwirklichen, die Welt zu erlösen.

Wenn wir es nicht von Jesus lernen, werden wir nie lieben. Wenn wir dächten wie manch einer, Reinheit und Gottesnähe des Herzens seien gleichbedeutend mit einem Sichfernhalten und Sich-nicht-anstecken-lassen von menschlichen Regungen, dann wäre das Ergebnis nur Stumpfheit gegenüber dem Schmerz anderer. Wir wären dann nur einer offiziellen, trockenen und herzlosen Liebe fähig, nicht aber der wahren Liebe Christi, die echte Zuneigung und menschliche Wärme bedeutet. Dabei rede ich nicht jenen falschen Theorien das Wort, die nichts weiter sind als traurige Ausreden, um die Herzen auf Irrwege zu leiten - sie von Gott zu entfremden -, um sie dem Anlaß zur Sünde und dem Verderben preiszugeben.

Am heutigen Fest sollen wir den Herrn bitten, daß Er uns ein gutes Herz gebe, fähig, auf das Leid anderer mit Mitleid zu antworten und zu verstehen, daß die Qual, die das Menschenleben auf Erden begleitet und oft viele Seelen ängstigt, nur durch die Liebe gelindert werden kann. Alles andere bringt höchstens eine kurze Ablenkung, die dann nur wieder der Bitterkeit und der Verzweiflung weicht.

Wenn wir den anderen helfen wollen, müssen wir sie mit einer Liebe lieben, die - ich sage es noch einmal - Verständnis und Hingabe, Zuneigung und bewußte Demut ist. So begreifen wir, warum der Herr das ganze Gesetz in einem doppelten Gebot, ja eigentlich in einem einzigen Gebot zusammenfassen wollte: aus ganzem Herzen Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten (Vgl. Mt 22,40).

Vielleicht denkt ihr jetzt, daß die Christen - nicht die anderen, sondern wir: du und ich - manchmal die elementaren Anwendungsfälle dieser Pflicht vergessen. Vielleicht denkt ihr an all die Ungerechtigkeit, die nicht wiedergutgemacht wird, an all die Mißstände, die nicht behoben werden, an die Diskriminierung, die sich von Generation zu Generation fortpflanzt, ohne daß man nach Lösungen sucht, die an die Wurzel des Übels gehen.

Ich kann euch keine konkrete Lösung für diese Probleme anbieten, denn das steht mir nicht zu. Aber als Priester Christi ist es meine Pflicht, euch daran zu erinnern, was die Heilige Schrift sagt. Betrachtet das Bild des Gerichtes, das Jesus selbst schildert: Hinweg von mir, Verfluchte, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist. Denn ich war hungrig, und ihr gabt mir nicht zu essen, ich war durstig, und ihr gabt mir nicht zu trinken. Ich war fremd, und ihr nahmt mich nicht auf, nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet, krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht (Mt 25,41-43).

Ein Mensch oder eine Gesellschaft, die auf die Not und die Ungerechtigkeit nicht reagieren und sich nicht bemühen, sie zu lindern, sind nicht Mensch und nicht Gesellschaft nach dem Maße des liebenden Herzens Christi. Unter ständiger Bewahrung eines weiten Freiheitsraumes bei der Ausarbeitung und Anwendung konkreter Lösungen und folglich innerhalb eines selbstverständlichen Pluralismus müssen die Christen in ihrem Eifer übereinstimmen, der Menschheit zu dienen. Sonst wäre ihr Christentum nicht das Wort und das Leben Jesu, sondern eine Maske und ein Betrug.

Im Herzen Christi leben und sich mit Ihm eng verbinden heißt daher, zu einer Wohnstatt Gottes werden. Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden (Joh 14,21), hat der Herr gesagt. Christus und der Vater nehmen im Heiligen Geiste Wohnung in der Seele (Vgl. Joh 14,23).

Wenn wir dies begreifen - und sei es auch nur ein wenig -, dann ändert sich unsere Seinsweise. Wir hungern nach Gott und machen uns die Worte des Psalms zu eigen: Mein Gott, ich suche Dich, meine Seele dürstet nach Dir, nach Dir schmachtet mein Leib wie dürres Land ohne Wasser (Vgl. Ps 62,2 [entnommen den Laudes vom Fest]). Und Jesus, der diese Sehnsucht in uns entfacht hat, kommt uns entgegen und sagt: Wen dürstet, der komme zu mir und trinke (Joh 7,37). Er bietet uns sein Herz an, damit wir dort unsere Ruhe und unsere Stärke finden. Bejahen wir seinen Anruf, so wird sich die Wahrheit seiner Worte bestätigen, wir werden mehr nach Ihm hungern und dürsten und den Wunsch verspüren, daß Gott in unserem Herzen seine Wohnung nehme und uns seine Wärme und sein Licht nie mehr entziehe.

Ignem veni mittere in terram, et quid volo nisi ut accendatur? Feuer auf die Erde zu bringen, bin ich gekommen, und was will ich anderes, als daß es brenne? (Lk 12,49 [entnommen der Antiphon Ad Magnificat der 1. Vesper]) Wir haben uns ein wenig dem Feuer der Liebe Gottes ausgesetzt, lassen wir jetzt unser Leben von seiner Kraft lenken, lassen wir uns von der Begeisterung ergreifen, dieses göttliche Feuer bis an die Grenzen der Erde zu tragen, lassen wir es jene spüren, die um uns sind, damit auch sie den Frieden Christi erfahren und darin ihr Glück finden. Ein Christ, der mit dem Herzen Christi vereint lebt, kennt nur ein einziges Ziel: den Frieden in der Gesellschaft, den Frieden in der Kirche, den Frieden in der eigenen Seele: den Frieden Gottes, der vollendet wird, wenn sein Reich kommt.

Maria, Regina pacis, Königin des Friedens, die du geglaubt hast, daß die Verheißung des Engels in Erfüllung gehen werde: hilf uns, im Glauben zu wachsen, in der Hoffnung stark zu sein, tiefer in die Liebe einzudringen; denn dies erwartet heute dein Sohn von uns, wenn Er uns sein allerheiligstes Herz zeigt.

Christus, der Herr der Welt

Laßt uns jetzt betrachten, wie derselbe Christus, den wir in Bethlehem als neugeborenes, liebenswertes Kind gesehen haben, zugleich der Herr der Welt ist. Denn durch Ihn wurde alles im Himmel und auf Erden erschaffen; Er hat alles mit dem Vater versöhnt und den Frieden zwischen Himmel und Erde wiederhergestellt durch das Blut, das Er am Kreuz vergossen hat (Vgl. Kol 1,11-16). Jetzt herrscht Christus zur Rechten des Vaters. Zwei Engel in weißen Gewändern offenbaren es den Jüngern, die nach der Himmelfahrt des Herrn verwundert zu den Wolken aufblicken: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel hinauf? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen ist, wird ebenso wiederkommen, wie ihr Ihn habt zum Himmel auffahren sehen (Apg 1,11).

Durch Ihn herrschen die Könige (Spr 8,15), nur daß Könige und menschliche Autoritäten vergehen, während das Reich Christi auf immer und ewig (Ex 15,18) bleibt. Sein Reich ist ewig und währt von Geschlecht zu Geschlecht (Dtn 3,100).

Das Reich Christi: das ist mehr als eine Redewendung oder Floskel. Christus lebt, auch als Mensch, mit demselben Leib, den Er bei der Menschwerdung angenommen hat, der nach dem Tod am Kreuz auferstand, und der nun, mit der menschlichen Seele vereint, in der Person des göttlichen Wortes verherrlicht ist. Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, lebt und herrscht und ist der Herr der Welt. Nur durch Ihn wird alles Lebendige am Leben erhalten.

Warum aber erscheint Er jetzt nicht in seiner Herrlichkeit? Sein Reich ist nicht von dieser Welt (Joh 18,36), obwohl es in dieser Welt ist. Jesus hatte Pilatus erwidert: Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren, für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Jeder, der aus der Wahrheit kommt, hört auf meine Stimme (Joh 18,37). Alle, die vom Messias eine sichtbare, zeitliche Macht erwarteten, haben sich geirrt: Das Reich Gottes besteht ja nicht in Speise und Trank, sondern in Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist (Röm 14,17).

Wahrheit und Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist, das ist das Reich Christi: das göttliche Handeln, das die Menschen erlöst und das sich vollenden wird am Ende der Zeiten. Dann wird der Herr, der im Paradies herrscht, wiederkommen, um endgültig die Menschen zu richten.

Christus beginnt seine Predigt auf Erden nicht mit einem politischen Programm, sondern mit der Aufforderung: Kehret um! Denn das Himmelreich ist nahe (Mt 3,2; 4,17). Er beauftragt seine Jünger, diese frohe Botschaft zu verkünden (Vgl. Lk 10,9), und Er lehrt uns, im Gebet die Ankunft des Reiches zu erbitten (Vgl. Mt 6,10). Ein heiliges Leben, das ist das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; das ist es, was wir zuerst suchen sollen (Vgl. Mt 6,33), das ist das einzig wirklich Notwendige (Vgl. Lk 10,42).

Die Erlösung, die Christus verkündet, ist eine Einladung, die Er an alle richtet: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der seinem Sohn die Hochzeit bereitete. Und er sandte seine Knechte aus, die Eingeladenen zur Hochzeit zu rufen (Mt 22,2-3). Deswegen offenbart uns der Herr: Das Reich Gottes ist mitten unter euch (Lk 17,21).

Keiner bleibt von der Erlösung ausgeschlossen, wenn er sich frei den liebevollen Forderungen Christi fügt: von neuem geboren zu werden (Vgl. Joh 3,5), wie die Kinder einfach im Geiste zu werden (Vgl. Mk 10,15; Mt 18,3; 5,3), aus dem Herzen alles zu verbannen, was uns von Gott trennt (Wahrlich, ich sage euch, ein Reicher wird schwer in das Himmelreich hineingelangen [Mt 19,23]). Jesus erwartet Taten, nicht nur Worte (Vgl. Mt 7,21). Er verlangt einen entschlossenen Einsatz, denn nur jene, die kämpfen, werden das ewige Erbe erlangen (Das Himmelreich leidet Gewalt, und Gewalttätige reißen es an sich [Mt 11, 12]).

Die Vollendung des Reiches, das endgültige Urteil über Rettung oder Verdammnis, geschieht nicht auf dieser Erde. Jetzt ist das Reich wie ein Samen (VgI. Mt 13,24), wie das Wachsen eines Senfkornes (Vgl. Mt 13,31-32; seine Vollendung wird wie ein Fischfang sein: das Netz wird ans Land gezogen, und die Guten wie die Bösen werden ihrer Bestimmung übergeben (Vgl. Mt 13,47-48. Solange wir aber auf Erden leben, gleicht das Reich dem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis das Ganze durchsäuert war (Vgl. Mt 13,33).

Wer begreift, was das für ein Reich ist, von dem Christus spricht, der versteht auch, daß es sich lohnt, alles aufs Spiel zu setzen, um es zu erlangen; es ist die Perle, die der Kaufmann erwirbt, nachdem er seinen ganzen Besitz verkauft hat, der Schatz, der im Acker entdeckt wird (Vgl. Mt 13,44-46). Das Himmelreich ist schwer zu erobern; und keiner kann sich seiner sicher sein (Vgl. Mt 21,43; 8,12); aber das demütige Rufen eines reumütigen Menschen öffnet weit seine Tore. Einer der Schächer, die mit Christus gekreuzigt wurden, fleht Ihn an: Herr, gedenke meiner, wenn Du in Dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: "Wahrlich, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein." (Lk 23,42-43)

Persönliche Freiheit

Der Christ darf in seiner Arbeit - die seine Pflicht ist - die Eigengesetzlichkeit des Irdischen weder umgehen noch verachten. Verstünde man unter dem Ausdruck die menschlichen Tätigkeiten segnen, die ihnen eigene Dynamik außer Kraft zu setzen oder zu übersehen, würde ich den Ausdruck meiden. Mir hat es nie gefallen, daß die gewöhnlichen menschlichen Tätigkeiten einen konfessionellen Anstrich, ein Etikett tragen. Ich respektiere die gegenteilige Meinung; aber mir scheint, daß man dabei Gefahr läuft, den heiligen Namen unseres Glaubens zu mißbrauchen. Gelegentlich ist außerdem das katholische Etikett gebraucht worden, um Haltungen und Tätigkeiten zu rechtfertigen, die, menschlich gesehen, nicht ganz ehrenhaft waren.

Da die Welt und alles, was es in ihr gibt - außer der Sünde -, gut ist, denn die Welt ist aus den Händen Gottes hervorgegangen, hat der Christ die Aufgabe, Seite an Seite mit seinen Mitbürgern alles Irdische als seinen Aufgabenbereich zu betrachten, im beharrlichen Kampf, Gott nicht zu beleidigen - in einem Kampf aus Liebe. Er hat alle Güter zu verteidigen, die sich aus der Würde der Person herleiten.

Ganz besonders darf er das Gut der persönlichen Freiheit nicht aus dem Auge verlieren. Nur wenn er die individuelle Freiheit der anderen, die immer zugleich auch persönliche Verantwortung bedeutet, mit menschlicher und christlicher Redlichkeit zu verteidigen weiß, wird er ebenso auch die eigene verteidigen können. Ich kann nicht umhin, immer wieder darauf hinzuweisen, daß der Herr uns unverdient ein großes übernatürliches Geschenk gegeben hat: seine göttliche Gnade, und eine weitere herrliche menschliche Gabe: die persönliche Freiheit. Sie verlangt von uns Redlichkeit, das wirksame Bemühen, unser Leben dem Gesetz Gottes zu unterstellen, denn wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit (2 Kor 3,17). Ohne dies entartet sie zu Willkür und Verantwortungslosigkeit.

Das Reich Christi ist ein Reich der Freiheit, und in diesem Reich gibt es keine anderen Knechte als die, die sich, aus Liebe zu Gott, in Freiheit binden. Gesegnete Knechtschaft der Liebe, die uns frei macht! Ohne Freiheit können wir nicht der Gnade entsprechen; ohne Freiheit können wir uns nicht dem Herrn frei hingeben, in einer Hingabe, die einen sehr übernatürlichen Grund hat: weil wir es so wollen.

Einige von euch, die mir jetzt zuhören, kennen mich schon seit vielen Jahren. Ihr könnt bestätigen, daß ich mein Leben lang die persönliche Freiheit und die persönliche Verantwortung gepredigt habe. Ich habe sie überall gesucht und suche sie immer noch, wie Diogenes den Menschen suchte. Ich liebe sie jeden Tag mehr, ich liebe sie über alles; sie ist ein Schatz, unschätzbar groß.

Wenn ich von der persönlichen Freiheit rede, dann keineswegs als Vorwand, um über Fragen zu sprechen, die - mögen sie noch so berechtigt sein - mich als Priester nichts angehen. Es steht mir nun einmal nicht zu, weltliche, zeitgebundene Themen zu behandeln. Sie gehören in den zeitlichen und staatsbürgerlichen Bereich, den der Herr der freien, sachlichen Diskussion überlassen hat. Ich weiß auch, daß der Priester einen engstirnigen Gruppengeist zu vermeiden hat und seinen Mund nur auftun soll, um die Seelen zu Gott, zu seiner geistlichen Heilslehre, zu den von Christus eingesetzten Sakramenten und zum inneren Leben zu führen, das uns dem Herrn näherbringt und uns erfahren läßt, daß wir seine Kinder sind und deswegen Brüder aller Menschen.

Wir feiern heute das Christkönigsfest. Ich mißbrauche nicht mein Amt als Priester, wenn ich sage, daß jemand, der das Reich Christi als politisches Programm deuten möchte, die übernatürliche Ausrichtung des Glaubens nicht verstanden hat. Er wäre im Begriff, das Gewissen anderer mit einer Last zu beladen, die nicht die Last Christi ist, denn sein Joch ist sanft und seine Bürde ist leicht (Mt 11,30). Bemühen wir uns, alle Menschen wirklich zu lieben; lieben wir Christus über alles, und dann werden wir nicht anders können, als im friedlichen und vernünftigen Zusammenleben mit den anderen Menschen deren rechtmäßige Freiheit zu lieben.