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Es gibt 4 Nummer in «Christus begegnen » deren Stichwort lautet Hoffnung → Hoffnung und christliches Leben.

Weizen und Unkraut

Ich habe euch anhand der Lehre Christi, nicht anhand eigener Vorstellungen das Ideal eines christlichen Weges gezeigt. Ihr werdet mir zustimmen, daß es hoch und anziehend ist. Aber vielleicht fragt sich der ein oder andere: Ist es denn in der heutigen Welt möglich, so zu leben?

Es ist wahr: der Herr hat uns zu einer Zeit gerufen, da man viel von Frieden spricht, es aber keinen Frieden gibt: weder in den Herzen noch in den Institutionen, weder in der Gesellschaft noch unter den Völkern. Gleichheit und Demokratie sind in aller Munde, und doch stößt man laufend auf sich hermetisch abkapselnde, unzugängliche Kasten. Der Herr hat uns zu einer Zeit gerufen, da man nach Verständnis schreit, es aber kein Verständnis gibt, selbst bei solchen nicht, die aus gutem Glauben handeln und die Liebe verwirklichen wollen; denn vergeßt nicht: die Liebe besteht mehr als im Geben im Verstehen.

Wir leben in einer Zeit, in der die Fanatiker und die Intoleranten, unfähig, die Argumente anderer gelten zu lassen, sich schadlos halten und ihre eigenen Opfer als gewalttätig und aggressiv hinstellen. Der Herr hat uns schließlich zu einem Zeitpunkt gerufen, da man viel von Einheit redet, sich aber kaum eine größere Uneinigkeit vorstellen kann selbst unter den Katholiken, nicht nur generell unter den Menschen.

Ich befasse mich nicht mit Politik, denn sie ist nicht meine Aufgabe. Um als Priester die Lage unserer Welt zu schildern, genügt es mir, erneut an das Gleichnis des Herrn vom Weizen und Unkraut zu denken. Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Manne, der guten Samen auf seinen Acker säte. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging davon (Mt 13,24-25). Es ist offenkundig: der Acker ist fruchtbar und der Samen ist gut; der Herr des Ackers hat mit weitem Wurf den Samen zur rechten Zeit und mit vollendeter Kunst ausgesät; außerdem hat er die aufgehende Saat bewachen lassen. Wenn trotzdem Unkraut aufschießt, dann, weil man sich nicht an sein Wort gehalten hat, weil die Menschen - und vor allem die Christen - geschlafen und zugelassen haben, daß der Feind sich nähert.

Als die verantwortungslosen Knechte den Herrn fragen, woher das Unkraut auf seinem Acker kommt, gibt er eine einleuchtende Antwort: inimicus homo hoc fecit (Mt 13,28), das hat der Feind getan. Wir Christen, die wir darauf hätten achten müssen, daß die guten Dinge, die Gott in die Welt hineingelegt hat, sich im Dienst an der Wahrheit und am Guten entwickeln, wir haben geschlafen - welch böse Trägheit, dieser Schlaf! -, während der Feind und seine Komplizen unentwegt am Werk waren. Ihr seht ja, wie das Unkraut aufgeschossen ist, wie es überall wuchert!

Ich bin nicht zum Unglückspropheten berufen und möchte kein düsteres, hoffnungsloses Bild zeichnen. Ich will nicht über eine Zeit klagen, in der wir nach der Vorsehung des Herrn leben. Wir lieben unsere Zeit, denn in ihr müssen wir unsere persönliche Heiligung erlangen. Eine naive und sterile Wehmut bringt uns nicht weiter: Der Welt ist es niemals besser ergangen. Seit den Anfängen der Kirche, als noch die Predigt der ersten Zwölf zu hören war, hat es heftige Verfolgungen gegeben, entstanden Irrlehren, breitete sich die Lüge aus und tobte der Haß.

Es läßt sich aber nicht leugnen, daß das Böse offensichtlich zugenommen hat. Überall auf dem Acker Gottes, der die Erde ist, das Erbteil Christi, ist das Unkraut aufgeschossen: Unkraut über Unkraut! Wir können uns nicht durch den Mythos eines dauernden, unaufhaltsamen Fortschritts täuschen lassen. Der geordnete Fortschritt ist gut, und Gott will ihn. Aber höher gepriesen wird ein anderer, falscher Fortschritt, der die Augen vieler blendet, weil sie häufig nicht sehen, daß manche Schritte die Menschheit zurückwerfen und sie das Errungene wieder verliert.

Wie gesagt: der Herr hat uns die Welt zum Erbe gegeben; wir müssen unsere Seele und unseren Verstand hellwach halten, wir müssen Realisten sein und dürfen nicht mutlos werden. Doch nur ein abgestumpftes Gewissen, eine durch Routine entstandene Oberflächlichkeit, nur eine leichtfertige Gedankenlosigkeit können dazu führen, daß jemand die Welt betrachtet und das Böse nicht sieht, die Beleidigungen Gottes und den manchmal nicht wiedergutzumachenden Schaden an den Seelen. Wir müssen Optimisten sein, aber unser Optimismus darf nicht aus einer menschlichen Selbstzufriedenheit kommen noch aus eitler, dünkelhafter Selbstgefälligkeit.

Erlaubt mir, daß ich euch ein persönliches Erlebnis erzähle, das schon viele Jahre zurückliegt. Ein Freund, ein guter Mensch, aber ohne Glauben, sagte mir eines Tages, während er auf eine Weltkarte zeigte: Sehen Sie, von Norden bis Süden, von Osten bis WestenWas soll ich sehen? fragte ich ihn. Und er antwortete: Das Scheitern Christi. Seit so vielen Jahrhunderten versucht man, seine Lehre im Leben der Menschen wirksam sein zu lassen, und sehen Sie nun das Ergebnis. Zunächst überkam mich Traurigkeit; es ist wirklich schmerzlich zu sehen, wie viele Menschen Christus noch nicht kennen und wie viele, die Ihn kennen, so leben, als kennten sie Ihn nicht.

Aber dieses Gefühl dauerte nur einen Moment und wich dann der Liebe und Dankbarkeit, denn Jesus hat in seinem Erlösungswerk den Menschen als Mitarbeiter in Freiheit haben wollen. Er ist nicht gescheitert: Jesu Lehre und Leben befruchten immerfort die Welt, und die Erlösung - sein Werk - ist ausreichend und überfließend.

Gott will keine Sklaven, sondern Kinder, und Er respektiert so unsere Freiheit. Die Erlösung hört nicht auf, und wir nehmen an ihr teil; nach dem Willen Christi müssen wir an unserem Fleisch, an unserem Leben das ausfüllen, was an seinem Leiden noch fehlt, wie uns Paulus mit starken Worten sagt - und zwar pro Corpore eius, quod est Ecclesia, zugunsten seines Leibes, der die Kirche ist (VgI. KoI 1,24).

Es lohnt sich, das Leben aufs Spiel zu setzen, sich ganz hinzugeben, um so der Liebe und dem Vertrauen zu entsprechen, die Gott uns geschenkt hat. Vor allem lohnt es sich, daß wir uns entschließen, unseren christlichen Glauben ernst zu nehmen. Wenn wir das Credo beten, bekennen wir unseren Glauben an Gott, den allmächtigen Vater, an seinen Sohn Jesus Christus, der gestorben und auferstanden ist, und an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebensspender. Wir bekennen, daß die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche der Leib Christi ist, vom Heiligen Geist beseelt. Wir bekennen freudig den Nachlaß der Sünden und die Hoffnung auf das ewige Leben. Aber: dringen diese Wahrheiten bis ins Herz, oder bleiben sie an den Lippen hängen? Die göttliche Botschaft des Pfingstfestes, die Sieg, Freude und Frieden verkündet, muß das unverbrüchliche Fundament im Denken, im Handeln, im ganzen Leben jedes Christen sein.

Ein neues Leben

Es ist der einfache und feierliche Augenblick der Einsetzung des Neuen Bundes. Jesus setzt das alte Gesetz außer Kraft und offenbart uns, daß Er selbst der Inhalt unseres Gebetes und unseres Lebens ist.

Seht die Freude, die heute die Liturgie durchdringt: Lob erschalle laut und freudig (Sequenz Lauda Sion). Es ist der christliche Jubel, der das Anbrechen einer neuen Zeit besingt: Das Pascha des Alten Bundes ist beendet, das neue beginnt, das Neue ersetzt das Alte, die Wahrheit vertreibt die Schatten, das Licht die Nacht (Ebd.).

Es ist ein Wunder der Liebe. Wahrhaft ist´s der Kinder Brot (Ebd.): Jesus, der Erstgeborene des Ewigen Vaters, bietet sich uns als Nahrung an. Und derselbe Jesus Christus, der uns hier stärkt, wartet auf uns, seine Mahlgenossen, Miterben und Vertrauten (Ebd.) im Himmel, denn jene, die Christus als Nahrung empfangen, werden wohl den irdischen, zeitlichen Tod erfahren, aber sie werden in Ewigkeit leben, da Christus das unvergängliche Leben ist (Augustinus, In Ioannis Evangelium Tractatus, 26,20 [PL 35, 1616]).

Für den Christen, der sich mit dem endgültigen Manna der Eucharistie stärkt, beginnt das ewige Glück schon jetzt. Das Alte ist vergangen: Legen wir alles Vergängliche beiseite; alles soll für uns neu werden: die Herzen, die Worte und die Werke (Hymnus Sacris solemnis).

Das ist die frohe Botschaft, die gute Nachricht. Sie ist wirklich Nachricht, denn sie ist neu, sie spricht zu uns von der Tiefe einer Liebe, die wir vorher nicht einmal ahnen konnten. Sie ist gut, denn nichts ist besser, als uns innigst mit Gott, dem allerhöchsten Gut, zu vereinigen. Das ist die frohe Botschaft, die gute Nachricht, weil sie schon jetzt auf unsagbare Weise die Ewigkeit vorwegnimmt.

Wirksamkeit der Eucharistie

Als der Herr beim Letzten Abendmahl die heilige Eucharistie einsetzte, war es Nacht: Das deutete darauf hin, sagt der heilige Johannes Chrysostomus, daß die Zeit sich erfüllt hatte (Johannes Chrysostomus, In Matthaeum homiliae, 82,1 [PG 58, 700]). Es wurde Nacht in der Welt, weil die alten Riten, ehrwürdige Zeichen der unendlichen Barmherzigkeit Gottes gegenüber den Menschen, vor ihrer Erfüllung standen und in die wahre Morgendämmerung einmündeten: in das neue Pascha. Die Eucharistie wurde in der Nacht eingesetzt, sie bereitete den Morgen der Auferstehung vor.

Auch in unserem Leben müssen wir diese Morgendämmerung vorbereiten. Alles Vergängliche, alles Schädliche, alles Untaugliche - Mutlosigkeit, Mißtrauen, Traurigkeit, Feigheit - müssen wir von uns werfen. Die heilige Eucharistie erfüllt die Kinder Gottes mit neuem Leben aus Gott, und wir müssen darauf in novitate sensus (Röm 12,2), mit einer Erneuerung unseres ganzen Empfindens und unseres ganzen Tuns antworten. Uns ist eine neue Quelle der Kraft gegeben, eine starke Wurzel, die in Christus eingesenkt ist. Wir können nicht mehr zum alten Sauerteig zurückkehren, denn wir besitzen für heute und für immer das Brot.

Verzeichnis der Schriftstellen
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