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Es gibt 5 Nummer in «Christus begegnen » deren Stichwort lautet Leid, Schmerz .

Die Arbeit begleitet notwendig das Leben des Menschen auf der Erde. Sie bringt Ermüdung, Mühsal, Erschöpfung mit sich: Äußerungen des Schmerzes und des Kampfes, die einen Teil unseres gegenwärtigen Lebens ausmachen und Zeichen der Wirklichkeit der Sünde und der Notwendigkeit der Erlösung sind. Aber die Arbeit an sich ist weder Leid noch Fluch, noch Strafe: Wer das behauptet, hat die Heilige Schrift nicht gut gelesen.

Es wird Zeit für uns Christen, laut und deutlich zu verkünden, daß die Arbeit eine Gabe Gottes ist und daß es unsinnig ist, die Menschen nach der Art ihrer Arbeit in verschiedene Gruppen einzuteilen, indem man ihre Tätigkeit je nachdem als mehr oder weniger würdig einstuft. Die Arbeit - jede Arbeit - zeugt von der Würde des Menschen und seiner Herrschaft über die Schöpfung. Sie ist ein Feld, auf dem wir unsere Persönlichkeit entwickeln. Sie verbindet uns mit den anderen Menschen, sie schafft die Mittel zum Unterhalt der eigenen Familie, sie läßt uns mithelfen an der Verbesserung der gesellschaftlichen Bedingungen und am Fortschritt der ganzen Menschheit.

Diese Sicht der Arbeit wird für den Christen noch weiter und tiefer, da für ihn die Arbeit Teilnahme am Schöpfungswerk Gottes ist. Gott erschuf den Menschen, segnete ihn und sprach: Wachset und mehret euch und macht euch die Erde untertan und herrscht über die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und alles Getier, das sich auf derErde herumtreibt (Gen 1,28). Und außerdem: da Christus die Arbeit auf sich genommen hat, erscheint sie uns als erlöste und erlösende Wirklichkeit, nicht nur als der Lebensbereich des Menschen, sondern auch als Mittel und Weg der Heiligkeit, als etwas, das geheiligt werden kann und selbst heiligt.

Die Erfahrung der Sünde darf uns daher an unserer Sendung nicht zweifeln lassen. Sicherlich können unsere Sünden es erschweren, Christus zu erkennen. Darum müssen wir gegen unsere eigenen Armseligkeiten ankämpfen und Läuterung suchen. Dieses aber in dem Bewußtsein, daß Gott uns in diesem Leben keinen endgültigen Sieg über das Böse verheißen hat, sondern von uns Kampf fordert. Sufficit tibi gratia mea (2 Kor 12,9), meine Gnade genügt dir, war die Antwort des Herrn an Paulus, der Ihn darum bat, von dem demütigenden Stachel befreit zu werden.

Die Macht Gottes offenbart sich in unserer Schwäche, und sie treibt uns an, zu kämpfen und gegen unsere Fehler anzugehen, obgleich wir wissen, daß wir auf Erden niemals einen gänzlichen Sieg erringen werden. Das christliche Leben ist ein dauerndes Beginnen und Wieder-Beginnen, eine tagtägliche Erneuerung.

Christi Auferstehung wird in uns Wirklichkeit, wenn wir zu Teilhabern seines Kreuzes und seines Todes werden. Wir müssen das Kreuz lieben, die Hingabe und die Entsagung. Christlicher Optimismus ist nicht leichtfertig und auch nicht ein bloß menschliches Vertrauen darauf, daß schon alles gut gehen wird. Er hat seine Wurzeln im Bewußtsein der Freiheit und im Glauben an die Gnade; er führt dazu, daß wir von uns selbst etwas verlangen und uns anstrengen, dem Ruf Gottes zu entsprechen.

So offenbart sich Christus nicht trotz unseres Elendes, sondern gewissermaßen durch unser Elend, durch das Leben von Menschen, die aus Fleisch und Lehm sind: Er offenbart sich in unserem Bemühen, besser zu werden, eine Liebe zu verwirklichen, die danach trachtet, rein zu sein, den Egoismus zu beherrschen und uns den anderen ganz hinzugeben, indem wir unser Leben zu einem ständigen Dienst werden lassen.

Das Fest der Himmelfahrt des Herrn zeigt uns noch eine andere Wirklichkeit: Derselbe Christus, der uns die Welt als Aufgabe übertragen hat, erwartet uns im Himmel. Mit anderen Worten: das Leben hier auf Erden, das wir lieben, ist nicht das endgültige; wir haben ja hier keine bleibende Heimat, sondern suchen die zukünftige (Hebr 13,14) dauernde Wohnstatt.

Hüten wir uns jedoch, das Wort Gottes aus einem verengten Blickwinkel heraus zu deuten. Der Herr will nicht, daß wir während dieser Wanderschaft unglücklich sind und Trost allein im Jenseits erhoffen. Gott will, daß wir bereits hier glücklich sind, aber voller Verlangen nach der endgültigen Erfüllung in jener anderen Glückseligkeit, die nur Er ganz geben kann.

Das Betrachten der übernatürlichen Wirklichkeiten, das Wirken der Gnade in unserer Seele, die Liebe zum Nächsten als köstliche Frucht der Liebe zu Gott geben uns schon hier einen Vorgeschmack des Himmels, einen Anfangsgrund, der von Tag zu Tag zunehmen wird. Wir Christen führen kein Doppelleben: Unser Leben bildet eine Einheit, die all unser Tun trägt und durchdringt.

Christus erwartet uns. Laßt uns bereits jetzt wie Bürger des Himmels leben (Phil 3,20), indem wir vollkommen als Bürger der Erde leben inmitten von Schwierigkeiten, Ungerechtigkeit und Unverständnis, aber auch inmitten der Freude und Gelassenheit, die aus dem Wissen kommen, daß Gott uns als seine Kinder liebt. Harren wir aus im Dienst unseres Gottes, und wir werden erleben, wie dieses friedbringende christliche Heer, dieses zur Miterlösung bestimmte Volk an Zahl und Heiligkeit zunimmt. Seien wir Menschen des Gebetes, die immer wieder mit dem Herrn Zwiesprache halten, indem wir vom ersten Gedanken des Tages bis zum letzten des Abends fortwährend unser Herz bei Ihm haben. Durch Maria, unsere Mutter, kommen wir zu Ihm und durch Ihn zum Vater und zum Heiligen Geist.

Wenn aber trotz allem die Himmelfahrt des Herrn in unserem Herzen einen Nachgeschmack von Bitternis und Traurigkeit zurücklassen sollte, dann wollen wir uns an seine Mutter wenden wie damals die Apostel: Sie kehrten nach Jerusalem zurück… und verharrten einmütig im Gebet mit Maria, der Mutter Jesu (Apg 1,12-14).

Den anderen Menschen die Liebe Christi bringen

Gott sagt nicht: Statt eures Herzens gebe ich euch den Willen eines reinen Geistes. Nein, Er gibt uns ein Herz: ein Herz aus Fleisch, wie das Herz Christi. Ich habe nicht zwei Herzen, eines, um Gott zu lieben, und ein anderes, um die Menschen zu lieben. Mit demselben Herzen, mit dem ich meine Eltern geliebt habe und meine Freunde liebe, liebe ich Christus und den Vater und den Heiligen Geist und die Jungfrau Maria. Man kann es gar nicht oft genug bedenken: Wir müssen sehr menschlich sein, denn sonst können wir nicht göttlich werden.

Die menschliche Liebe, die Liebe hier auf Erden gibt uns, wenn sie echt ist, sozusagen einen Vorgeschmack der göttlichen Liebe: Durch sie ahnen wir etwas von dieser Liebe. Wir ahnen die Liebe, mit der wir Gott genießen werden und die unter uns herrschen wird im Himmel, wenn der Herr alles in allem (1 Kor 15,28) sein wird. Dieses beginnende Begreifen der göttlichen Liebe wird uns drängen, mit Beharrlichkeit mitfühlender, großherziger und selbstloser zu sein.

Wir müssen weitergeben, was wir empfangen, und weiterlehren, was wir gelernt haben: Schlicht und ohne Überheblichkeit müssen wir die anderen an der Erkenntnis der Liebe Christi teilhaben lassen. Eure Arbeit und euer Beruf können und müssen zu einem Dienst werden: Eine gut verrichtete Arbeit, die selbst voranschreitet und zum Fortschritt beiträgt, die sich die Errungenschaften von Kultur und Technik zunutze macht, erfüllt eine große Aufgabe, nützt der ganzen Menschheit, sofern wir uns nur von Großzügigkeit leiten lassen und nicht von Egoismus, das Wohl aller, nicht den eigenen Vorteil, im Auge haben, kurz, sofern wir unsere Arbeit aus einer christlichen Lebenssicht verrichten.

Diese Arbeit in der Gesellschaft muß für euch der Anlaß sein, die Liebe Christi in eurer Freundschaft, im Verständnis, in der Aufmerksamkeit füreinander und im Frieden greifbar werden zu lassen. Wie Christus in Palästina umherzog und Wohltaten spendete (Apg 10,38), so müßt ihr auf allen Wegen der Menschen - in der Familie, in der Gesellschaft, in eurem Beruf, im Bereich der Kultur, in eurer Freizeit - eure Saat des Friedens breit ausstreuen. Dies wird der beste Beweis dafür sein, daß das Reich Gottes in euren Herzen ist: Daran erkennen wir, daß wir aus dem Tode zum Leben gekommen sind, weil wir die Brüder lieben, schreibt der Apostel Johannes (1 Joh 3,14).

Aber niemand vermag diese Liebe zu leben, der nicht durch die Schule des Herzens Jesu geht. Nur wenn wir Christi Herz anschauen, wird es uns gelingen, unser Herz von Haß und Gleichgültigkeit frei zu machen, nur so werden wir angesichts des Leidens und des Schmerzes anderer christlich reagieren.

Erinnert euch an die Schilderung im Lukasevangelium, die uns Christus vor den Toren Naims zeigt (Lk 7,11-17). Jesus sieht die Not jener Menschen, denen Er auf seinem Weg begegnet. Er hätte vorübergehen oder auch erst auf einen Ruf oder eine Bitte hin reagieren können. Aber Er geht weder vorbei, noch wartet Er ab. Er ergreift die Initiative, bewegt vom Leid einer Witwe, die das letzte, was sie besaß, verloren hatte: ihren Sohn.

Der Evangelist Lukas berichtet, daß Jesus Mitleid fühlte. Vielleicht war Er auch äußerlich bewegt, wie damals beim Tode des Lazarus. Christus blieb und bleibt nicht teilnahmslos angesichts des Leidens, das aus der Liebe kommt, Er möchte nicht, daß Kinder von ihren Eltern getrennt werden. Er überwindet den Tod, um Leben zu spenden, damit jene, die einander lieben, sich nahe seien, aber vorher und gleichzeitig verlangt Er von den Menschen, daß sie den Vorrang der göttlichen Liebe anerkennen, der ein echt christliches Dasein prägen muß.

Christus weiß sich umgeben von einer Menschenmenge, die staunend die Kunde von diesem Wunder in der ganzen Gegend verbreiten wird. Aber sein Tun ist keine Pose für die Zuschauer. Er ist einfach ergriffen vom Schmerz jener Frau und kann nicht umhin, sie zu trösten. Er geht auf sie zu mit den Worten: Weine nicht (Lk 7,13), als ob Er ihr zu verstehen geben möchte: Ich will dich nicht in Tränen sehen, denn ich bin gekommen, Freude und Frieden auf die Erde zu bringen. Dann geschieht das Wunder, ein Zeichen der Macht des Gottes Jesus Christus. Aber ihm ging die Ergriffenheit seiner Seele voraus, ein klares Zeichen der Sanftmut des Herzens des Menschen Jesus Christus.

Der Frieden Christi

Noch etwas möchte ich euch zu bedenken geben: daß wir unverzagt kämpfen müssen, um das Gute zu tun, gerade weil wir wissen, wie schwer es uns Menschen fällt, mit allem Ernst Gerechtigkeit zu üben. Wir sind sehr weit entfernt von einem menschlichen Zusammenleben, das von der Liebe bestimmt ist und nicht von Haß oder Gleichgültigkeit. Aber auch wenn es uns gelingen sollte, eine gerechtere Verteilung der Güter und eine bessere Gesellschaft zu erreichen, würde das Leiden nicht aufgehoben sein, das der Schmerz und die Krankheit, das Unverständnis und die Einsamkeit, der Tod geliebter Menschen und die Erfahrung der eigenen Begrenztheit erzeugen.

Vor diesem bedrückenden Bild findet der Christ nur eine einzige, aber entscheidende Antwort: Christus am Kreuz, Gott, der leidet und stirbt; Gott, der sein Herz hingibt für uns, aus Liebe zu allen Menschen von der Lanze durchbohrt. Der Herr verabscheut die Ungerechtigkeit und verurteilt den, der sie tut; aber Er läßt sie zu, weil Er die Freiheit jedes einzelnen achtet. Gott verursacht nicht das Leid der Geschöpfe, aber Er duldet es, weil es nach der Erbsünde zum menschlichen Dasein gehört. Ihm hat es aber gefallen, auf Antrieb seines liebenden Herzens mit dem Kreuz auch unsere Leiden, unsere Trübsal und Angst, unseren Hunger und Durst nach Gerechtigkeit auf sich zu nehmen.

Die christliche Lehre über den Schmerz ist kein billiger Trost. Zuallererst fordert sie die Annahme des Leidens, das tatsächlich vom menschlichen Leben nicht zu trennen ist. Aber dort, wo das Kreuz ist, da ist auch Christus, die Liebe; da ich mich bemüht habe, danach zu leben, sage ich euch jetzt nicht ohne Freude, daß der Schmerz auch in meinem Leben nicht gefehlt hat, und daß ich mehr als einmal nahe daran war zu weinen. Manchmal habe auch ich die wachsende Abscheu vor der Ungerechtigkeit und dem Bösen auskosten müssen sowie das Unbehagen, trotz allen guten Wollens und aller Anstrengungen machtlos dazustehen und nicht helfen zu können.

Wenn ich vom Schmerz spreche, so rede ich nicht von einer Theorie. Ich gebe nicht eine fremde Erfahrung weiter, wenn ich euch jetzt einschärfen möchte, daß ihr, wenn ihr die Härte des Leidens und die Erschütterung der Seele spürt, auf Christus schauen sollt. Das ist das Heilmittel, denn das Bild des GoIgotha verkündet allen Menschen, daß Sorgen und Kummer geheiligt werden müssen, wenn wir eins mit dem Kreuz leben wollen.

Unsere Bedrängnis wird, christlich gelebt, zur Sühne und Wiedergutmachung, zur Teilnahme am Schicksal und am Leben Jesu, denn Er hat freiwillig und aus Liebe zu den Menschen alle nur denkbaren Schmerzen, alle Art von Qualen erfahren wollen. Er wurde arm geboren, Er lebte und starb arm; Er wurde angefeindet, verhöhnt, verschmäht, verleumdet und ungerecht verurteilt; Er wurde verraten und von seinen Jüngern im Stich gelassen; Er bekam die Einsamkeit, die Bitternis der Strafe und des Todes zu spüren. Jetzt noch leidet Christus immerfort in seinen Gliedern, in der ganzen Menschheit, die die Erde bevölkert, und deren Haupt, Erstgeborener und Erlöser Er ist.

Der Schmerz hat einen Platz in den Plänen Gottes: auch wenn es uns schwerfällt, dies zu begreifen, so wie es Christus als Mensch schwerfiel: Vater, wenn du willst, laß diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein Wille geschehe, sondern der deine (Lk 22,42). In dieser Spannung zwischen Pein und Hinnahme des Willens des Vaters geht Jesus dem Tod entgegen, gelassen und denen verzeihend, die Ihn kreuzigen.

Gerade diese übernatürliche Annahme des Leidens ist wahrhaft eine Eroberung. Christus besiegt den Tod, indem Er am Kreuze stirbt, Gott läßt aus dem Tod Leben erstehen. Die Haltung eines Kindes Gottes ist nicht die des Sichabfindens mit einem tragischen Geschick, sondern die Freude eines Menschen, der sich des Sieges gewiß ist. Im Namen der siegreichen Liebe Christi müssen wir Christen überall auf der Erde mit unserem Wort und unserem Tun Frieden und Freude säen. Wir müssen kämpfen - den Kampf des Friedens - gegen das Böse, gegen die Ungerechtigkeit, gegen die Sünde, und auf diese Weise verkünden, daß der gegenwärtige Stand des Menschen nicht der endgültige ist, daß die Liebe Gottes, die sich im Herzen Christi zeigt, auch unter den Menschen einen herrlichen geistigen Triumph davontragen wird.