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Es gibt 3 Nummer in «Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer» deren Stichwort lautet Ehe → Brautzeit.

Heute wird bisweilen die Auffassung vertreten, die Liebe rechtfertige alles, und daraus wird dann der Schluß gezogen, die Brautzeit sei wie eine "Ehe auf Probe" zu verstehen. Man hält es für verlogen und rückständig, nicht dem zu folgen, was man als "Forderungen der Liebe" versteht. Wie stehen Sie zu einer solchen Haltung?

Ich denke darüber wie jeder vernünftige Mensch, und vor allem, wie jeder Christ darüber zu denken hat: daß diese Haltung menschenunwürdig ist, weil sie die menschliche Liebe herabwürdigt, indem sie sie mit dem Egoismus und mit bloßer Triebbefriedigung verwechselt.

Wer nicht so denkt und handelt, sei rückständig? Rückständig ist doch wohl der, der in den Zustand eines Wilden zurückfällt und keine anderen Regungen kennt als seine Instinkte. Die Brautzeit ist eine wunderbare Gelegenheit, die gegenseitige Kenntnis und Zuneigung zu vertiefen. Sie ist wie eine Schule der Liebe und sollte daher nicht von der Genußsucht, sondern vom Geist der Hingabe, von Verständnis, gegenseitiger Achtung und Feingefühl geprägt sein. Im vergangenen Jahre habe ich der Universität von Navarra eine Statue der Mutter Gottes, der "Mutter der schönen Liebe" geschenkt, damit die Studenten und Studentinnen von ihr die Erhabenheit auch der menschlichen Liebe lernen.

Ehe auf Probe? Wie wenig versteht der von Liebe, der so spricht! Die Wirklichkeit der Liebe ist viel sicherer, realer und menschlicher; sie kann nicht wie eine Ware behandelt werden, die man je nach Lust und Laune ausprobiert, um sie dann mitzunehmen oder wegzuwerfen.

Dieser Mangel an Wertmaßstäben ist in sich bereits so bedauerlich, daß es nicht nötig erscheint, die Menschen zu verurteilen, die so denken und handeln; denn sie selbst verurteilen sich zu Unfruchtbarkeit, Trauer und trostloser Einsamkeit, die sich schon nach wenigen Jahren einstellen. Ich werde immer viel für diese Menschen beten, sie aus ganzem Herzen lieben und ihnen zu zeigen versuchen, daß auch für sie der Weg zu Christus immer offensteht und daß auch sie sich heiligen und ganze Christen sein können, wenn sie nur wollen, denn Gottes Vergebung und Gnade werden ihnen niemals fehlen. Nur dann werden sie wirklich begreifen lernen, was Liebe ist: göttliche Liebe und wahre menschliche Liebe. Und sie werden erfahren, was Friede, Freude und Fruchtbarkeit ist.

Ein wichtiges Problem ist die Lage der unverheirateten Frauen; wir meinen die Lage jener Frauen, die zwar eine Berufung zur Ehe haben, aber faktisch nicht dazu kommen zu heiraten. Sie fragen sich dann häufig, wozu sie eigentlich auf der Welt sind. Was würden Sie ihnen antworten?

Wozu sie auf der Welt sind? Um Gott aus ganzem Herzen und ganzer Kraft zu lieben und diese Liebe auf alle Geschöpfe auszudehnen. Ist das etwa wenig? Gott überläßt niemanden einem blinden Geschick. Er hat seinen Plan für jeden einzelnen, und einen jeden ruft er mit einer ganz persönlichen, auf keinen anderen übertragbaren Berufung.

Die Ehe ist ein Weg zu Gott, eine Berufung. Aber sie ist nicht der einzige Weg und nicht die einzig mögliche Berufung. Die Pläne Gottes schließen nicht für jede Frau notwendigerweise die Ehe ein. Sie haben Berufung zur Ehe, kommen aber nicht dazu zu heiraten? In dem einen oder anderen Fall mag das sicher wahr sein. Vielleicht haben Egoismus oder Eigenliebe es verhindert, daß sich dieser Ruf Gottes erfüllen konnte. In den meisten Fällen dagegen kann es als Zeichen dafür gelten, daß Gott ihnen keine wirkliche Berufung zur Ehe gegeben hat. Es ist wahr, sie sind kinderlieb und spüren, daß sie gute Mütter sein und sich treu einem Mann und ihren Kindern hingeben könnten. Aber das ist bei jeder Frau so, auch bei jenen, die - obwohl sie heiraten könnten - aufgrund einer göttlichen Berufung auf die Ehe verzichten, um sich ganz dem Dienste Gottes und ihrer Mitmenschen zu widmen.

Wenn sie nicht zum Heiraten gekommen sind, dann müssen sie eben, wie bisher, als Unverheiratete den Willen Gottes erfüllen. Sie sollten sich noch mehr Christus zuwenden, der niemanden im Stich läßt. Er ist treu und begleitet uns auf unserem Lebensweg, um sich uns schon jetzt für immer zu schenken.

Außerdem kann die Frau auch ohne eigene Familie durchaus ihre spezifische Aufgabe erfüllen, indem sie ihre fraulichen Fähigkeiten und speziell ihre mütterliche Sorge an anderer Stelle, etwa in anderen Familien, in der Schule, in der Fürsorge oder bei tausend sonstigen Gelegenheiten einsetzt. Die Gesellschaft ist oft sehr hart und ungerecht mit denen, die sie abschätzig als "alte Jungfern" bezeichnet. Viele unverheiratete Frauen verstehen es, sich großherzig und wirksam dem Dienst am Nächsten hinzugeben, und verbreiten um sich eine Atmosphäre der Freude und des Friedens. In einem geistigen Sinne könnte man sie mit größerem Recht Mutter nennen als viele, die nur eine physiologische Mutterschaft kennen.

Und jetzt erlaubt mir, daß ich mich einen Augenblick bei einem anderen Aspekt des alltäglichen Lebens aufhalte, der mir ganz besonders am Herzen liegt. Ich meine die menschliche Liebe, die lautere Liebe zwischen Mann und Frau in Brautstand und Ehe. Seit über vierzig Jahren werde ich nicht müde, in Wort und Schrift zu wiederholen, daß diese heilige menschliche Liebe keineswegs etwas nur Erlaubtes oder Geduldetes am Rande der wahren Werte des Geistes ist, wie der falsche Spiritualismus meinen könnte, den ich vorhin erwähnte. Heute beginnen das endlich auch diejenigen zu begreifen, die bisher kein Verständnis dafür aufbrachten.

Die Liebe, die zu Ehe und Familie führt, kann zugleich ein Weg Gottes, ein herrlicher Weg der Berufung und der rückhaltlosen Hingabe an den Herrn sein. Versucht, eure Arbeit so vollkommen wie möglich zu tun, sagte ich vorhin; erfüllt mit Liebe die kleinen Dinge des Alltags, entdeckt - ich wiederhole es - jenes göttliche Etwas, das im Kleinen verborgen liegt. Hier, in diesem so lebendigen Bereich der menschlichen Liebe, gewinnt diese Lehre eine ganz besondere Bedeutung.

Professoren, Studenten und die ihr sonst eure Arbeit der Universität von Navarra widmet: Ihr wißt, daß ich Maria, der "Mutter der schönen Liebe", eure Liebe anempfohlen habe. Dort steht jene kleine Kapelle, die wir zu ihrer Ehre auf dem Universitätsgelände errichtet haben, damit sie euer Gebet und die Darbringung eurer lauteren Liebe annehme und segne.

Wißt ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott empfangen habt, und daß ihr nicht mehr euch selbst angehört? (1 Kor 6,19) Wie oft werdet ihr vor dieser Statue Mariens, der Mutter der schönen Liebe, mit einem freudigen Ja auf die Frage des Apostels antworten: Ja, wir wissen es, und mit deiner mächtigen Hilfe, Jungfrau und Mutter Gottes, wollen wir es so leben!

Und ihr werdet den Wunsch verspüren zu beten, jedesmal wenn ihr diese eindrucksvolle Wirklichkeit bedenkt: Etwas so Materielles wie meinen Leib hat sich der Heilige Geist erwählt, um darin Wohnung zu nehmen… ich gehöre nicht mehr mir selbst… mein Leib und meine Seele - mein ganzes Sein - ist Eigentum Gottes… Und dieses Gebet wird reich an praktischen Folgen sein, die sich alle aus dem ergeben, was Paulus sagt: Verherrlicht also Gott in eurem Leibe (1 Kor 6,20).

Verzeichnis der Schriftstellen