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Es gibt 7 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Arbeit, Beruf  → Apostolat, Miterlösung .

Im Weinberg

Ein Hausherr legte einen Weinberg an, umgab ihn mit einem Zaun, grub darin eine Kelter und baute einen Turm. Dann verpachtete er ihn an Winzer und ging außer Landes (Mt 21,33).

Ich möchte, daß wir die Lehren dieses Gleichnisses aus der Perspektive unseres heutigen Themas betrachten. Die christliche Überlieferung sieht darin das Schicksal des von Gott auserwählten Volkes versinnbildet; sie hebt besonders hervor, wie wir Menschen die übergroße Liebe Gottes mit Untreue und Undank vergelten.

Ich beschränke mich heute auf den einen Satz: er ging außer Landes, und verbinde ihn mit dem Gedanken, daß wir Christen den Weinberg, in den der Herr uns gestellt hat, nicht verlassen dürfen. Die Aufgaben innerhalb des umzäunten Bereiches müssen unsere ganze Kraft in Anspruch nehmen: Wir werden in der Kelter arbeiten, wir werden uns nach des Tages Mühe im Turm ausruhen. Ließen wir uns von der Bequemlichkeit leiten, dann wäre es, wie wenn wir Christus entgegneten: Nun, meine Jahre gehören mir, nicht Dir; ich denke nicht daran, mich um Deinen Weinberg zu kümmern.

Der Herr hat uns das Leben, unsere Sinne, unsere Fähigkeiten und zahllose Gnaden geschenkt; deshalb dürfen wir nicht vergessen, daß jeder von uns ein Arbeiter unter vielen anderen ist, und daß der Besitzer uns auf seinem Landgut angestellt hat, damit wir an der Aufgabe mitwirken, andere Menschen mit Nahrung zu versorgen. Der umzäunte Bereich ist der Ort unseres Wirkens; dort müssen wir arbeiten, Tag für Tag, und so zum Werk der Erlösung beitragen (Vgl. Kol 1,24).

Laß mich nochmals darauf zurückkommen: Deine Zeit gehöre dir? Deine Zeit gehört Gott! Es mag sein, daß gegenwärtig diese Art des Egoismus dir nicht zusetzt, dank der Barmherzigkeit Gottes; aber ich erinnere dich daran für den Fall, daß irgendwann einmal in deinem Herzen dein Glaube an Christus wankt. Dann bitte ich dich - besser: Gott bittet dich darum -, daß du deinen Vorsätzen treu bleibst, deinen Hochmut besiegst, deine Phantasie bändigst und dich nicht einfach aus dem Staube machst, irgendwohin, wie ein Deserteur.

Die Arbeiter auf dem Marktplatz, die den ganzen lieben langen Tag herumlungern; der Schlaumeier, der sein Talent versteckt und dann Stunde um Stunde totschlägt; der Ausreißer, der sich um die Arbeit im Weinberg nicht schert. Allen gemeinsam ist das mangelnde Empfinden für die große Aufgabe, die der Meister uns Christen anvertraut hat: daß wir uns als seine Werkzeuge wissen und - mit Ihm zu Miterlösern bestimmt - auch als solche handeln; und daß wir unser ganzes Leben dahingeben, in einem freudigen Opfer zum Wohl der Seelen.

Entschuldigt die Abschweifung. Kehren wir zu unserem Thema zurück, von dem wir uns eigentlich nicht so sehr entfernt haben. Seid sicher, daß die Berufung zum Beruf ein wesentlicher, untrennbarer Bestandteil unseres Christseins ist. Der Herr will euch heilig: dort, wo ihr seid, und in dem Beruf, den ihr gewählt habt. Welche Motive auch immer euch zu dieser Wahl bewogen haben: wenn sie nicht im Widerspruch zum Gesetz Gottes stehen, scheinen sie mir alle gut und nobel; sie lassen sich leicht auf die Ebene des Übernatürlichen heben und sie münden in den Strom der Gottesliebe ein, der das Leben eines Kindes Gottes trägt.

Mir ist unbehaglich zumute, wenn jemand mit der Miene "eines armen Opfers" über seine Arbeit spricht, die ihn so und so viele Stunden in Beschlag nimmt, während er in Wirklichkeit nicht einmal die Hälfte der Arbeitsleistung vieler seiner Berufskollegen erbringt, die sich letztlich vielleicht nur von egoistischen oder zumindest rein menschlichen Gründen leiten lassen. Wir alle, die wir hier im persönlichen Gespräch mit dem Herrn versammelt sind, haben einen bestimmten Beruf als Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftler… Denkt etwas nach über jene Kollegen, die wegen ihres beruflichen Ansehens, ihrer Verläßlichkeit, wegen ihres selbstlosen Dienstes herausragen: Widmen sie nicht viele Stunden des Tages - und sogar der Nacht - ihrer Arbeit? Haben wir von ihnen nichts zu lernen?

Ich prüfe mich auch, während ich zu euch spreche, und ich muß euch gestehen, daß ich ein wenig beschämt bin und Gott sofort um Verzeihung bitten möchte, wenn ich daran denke, wie dürftig meine Antwort ausfällt und wie wenig ich der Aufgabe gerecht geworden bin, die Gott uns in der Welt anvertraut hat. Mit den Worten eines Kirchenvaters: Christus hat uns auf dieser Erde dazu bestellt, daß wir Sterne seien, daß wir als Lehrer der anderen auftreten, daß wir eine Art Sauerteig werden, daß wir wie Engel unter den Menschen wandeln, wie Männer unter kleinen Kindern, wie geistige Geschöpfe unter sinnlichen, damit diese einen Gewinn haben; dazu, daß wir Samenkörner sind, daß wir reiche Frucht tragen. Es bedürfte keiner Worte, wenn unser Leben solches Licht verbreiten würde; es bedürfte keiner Lehrer, wenn wir mit Taten predigen würden; es gäbe keine Heiden, wenn wir alle richtige Christen wären (Johannes Chrysostomus, In Epistolam I ad Timotheum homiliae, 10, 3 (PG 62, 551]).

Ein vorbildliches Berufsleben

Es wäre ein Irrtum zu meinen, das Apostolat beschränke sich auf ein Zeugnisgeben durch einige fromme Übungen. Du und ich - wir sind Christen, aber gleichzeitig und untrennbar damit verbunden auch Staatsbürger und arbeitende Menschen mit ganz bestimmten Pflichten; wenn wir uns wirklich heiligen wollen, müssen wir sie vorbildlich erfüllen. Christus selbst drängt uns: Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch kein Licht an, um es unter den Scheffel zu stellen, sondern auf den Leuchter: dann leuchtet es allen im Haus. So leuchte euer Licht vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen (Mt 5,14-16).

Die berufliche Arbeit - gleichgültig, um welche es sich handelt - wird zu einer Leuchte, die euren Berufskollegen und Freunden Licht spendet. Deshalb sage ich oft denen, die sich dem Opus Dei anschließen - und das gilt ebenso für euch alle, die ihr jetzt hier seid -: Was habe ich davon, wenn ich höre, der Soundso sei ein guter Sohn von mir und ein guter Christ, aber ein schlechter Schuster? Bemüht er sich nicht um Sachkenntnisse und um Sorgfalt in seinem Beruf, dann wird er diesen Beruf nicht heiligen und Gott nicht anbieten können. Und gerade die Heiligung der gewöhnlichen Arbeit ist für uns, die wir mitten in der Welt entschlossen den Umgang mit Gott suchen, die Achse echter Spiritualität.

Possumus! (Mt 20,22)Wir können es! Mit der Hilfe des Herrn können wir auch diese Schlacht gewinnen. Glaubt mir, es ist gar nicht so schwierig, die Arbeit in einen Dialog des Gebetes zu verwandeln. Indem wir sie dem Herrn aufopfern und uns ans Werk machen, hört Gott uns schon, hilft Er uns schon. Inmitten unserer täglichen Arbeit nehmen wir so die Lebensweise beschaulicher Seelen an. Die Gewißheit, daß Gottes Blick auf uns ruht, erfüllt uns mehr und mehr; vielleicht erbittet der Herr jetzt eine Überwindung von uns, ein kleines Opfer, vielleicht das Lächeln für einen Menschen, der ungelegen kommt, oder daß wir eine weniger angenehme, aber dringendere Aufgabe in Angriff nehmen, oder daß wir auf Ordnung achten und beharrlich eine kleine Pflicht erfüllen, die man leicht vernachlässigen könnte, oder daß wir die Arbeit von heute nicht auf morgen verschieben… Alles das, um Gott, unseren Vater, zu erfreuen! Vielleicht legst du auf deinen Arbeitstisch oder an einen unauffälligen Platz ein Kruzifix, das dich mahnt, den Geist der Kontemplation lebendig zu erhalten; denn der Gekreuzigte ist für dich schon gleichsam zum Buch geworden, aus dem du mit Herz und Verstand lernst, was Dienen heißt.

So sehen sie aus, die Wege der Kontemplation mitten in deiner gewöhnlichen Arbeit, ohne Verstiegenheiten und ohne daß du die Welt verlassen müßtest. Wenn du den Willen hast, sie zu gehen, dann fühlst du dich sogleich als Freund des Meisters und mit der göttlichen Sendung beauftragt, allen Menschen die Wege Gottes auf Erden zu erschließen. Ja, in der Tat, mit deiner Arbeit trägst du dazu bei, daß sich das Reich Christi über die ganze Welt ausbreitet. Immer wieder wirst du die Arbeitsstunden aufopfern: für ferne Länder, in denen der Glaube wächst, für die Völker des Ostens, denen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit brutal vorenthalten wird, für die Länder alter christlicher Tradition, in denen das Licht des Evangeliums zu verlöschen scheint und die Seelen ins Dunkel der Unwissenheit versinken… Wie wertvoll wird auf diese Weise eine solche Stunde Arbeit! Wie wertvoll dieses Ausharren: noch eine Weile, noch ein paar Minuten, bis die Arbeit vollendet ist. Aus der Beschauung ist dann Apostolat geworden, ganz natürlich und einfach dem Drang eines Herzens gehorchend, das nunmehr gemeinsam schlägt mit dem liebenswürdigsten und barmherzigen Herzen Jesu.

Apostolat im Alltag

Betrachten wir jetzt den anderen Fischfang, den, der nach Leiden und Tod Christi geschah. Petrus hatte den Meister dreimal verleugnet und dann Tränen demütiger Reue vergossen. Der Hahnenschrei hatte ihn an die Mahnungen des Herrn erinnert, und aus der Tiefe seiner Seele stieg die Bitte um Vergebung auf. Während er zerknirscht auf die verheißene Auferstehung wartet, arbeitet er in seinem Beruf, er geht fischen. Man pflegt in Hinsicht auf diesen Fischfang der Jünger zu fragen, warum Petrus und die Söhne des Zebedäus zu dem zurückkehrten, was sie früher getan hatten, ehe sie vom Herrn berufen wurden; sie waren nämlich Fischer, als Er zu ihnen sprach: "Folget mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen". Wen das beunruhigt, dem ist zu sagen, daß es den Aposteln nicht verboten war, durch die Ausübung ihres legitimen und rechtschaffenen Berufes ihr Brot zu verdienen (Augustinus, In Ioannis Evangelium tractatus, 122, 2 (PL 35, 1959]).

Das Apostolat, nach welchem es den gewöhnlichen Christen so sehr verlangt, läuft nicht beziehungslos neben der alltäglichen Arbeit her: Es verschmilzt mit dieser Arbeit, die uns Anlaß zur persönlichen Begegnung mit Christus wird. Gerade durch diese Arbeit, im gemeinsamen Bemühen Seite an Seite mit unseren Berufskollegen, unseren Freunden oder unseren Verwandten, können wir diesen helfen, daß sie zu Christus kommen, der am Ufer des Sees auf uns wartet. Fischer vor der Berufung zum Apostel und Fischer nach der Berufung zum Apostel: die gleiche berufliche Tätigkeit vorher und nachher.

Und außerdem: Wer hat gesagt, daß man Absonderliches oder Auffallendes tun müsse, um von Christus zu sprechen und seine Lehre zu verbreiten? Führe ein normales Leben wie alle. Arbeite da, wo dein Platz ist; sei bemüht, deine Standespflichten gut zu erfüllen und deine berufliche Arbeit zu vervollkommnen, wachse darin, steigere dich jeden Tag. Sei loyal und verständnisvoll den anderen gegenüber und anspruchsvoll mit dir selbst. Suche die Abtötung, lebe die Freude. Das wird dein Apostolat sein. Du wirst es dir nicht erklären können, weil du dich so armselig siehst: und doch werden deine Mitmenschen dich und das Gespräch mit dir suchen, natürlich und unkompliziert, nach der Arbeit, im Kreis der Familie, im Bus, auf einem Spaziergang, überall. Ihr werdet von der Unruhe sprechen, die jeder in der Seele trägt, auch wenn manche es nicht wahrhaben wollen. Und sie werden diese Unruhe besser begreifen, wenn sie einmal angefangen haben, Gott wirklich zu suchen.

Bitte Maria, Regina apostolorum, die Königin der Apostel, um Entschlossenheit, damit du das Verlangen teilst, das im Herzen ihres Sohnes lebt: ein Verlangen nach Aussaat und nach Fischfang. Beginne nur, und - ich versichere dir - du wirst wie jene Fischer aus Galiläa ein Boot an Land ziehen, das übervoll ist. Und du wirst Christus am Ufer stehen sehen, der auf dich wartet. Denn die Menge der Fische ist sein.

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