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Es gibt 5 Nummer in «Freunde Gottes » deren Stichwort lautet Vertrauen → und Gotteskindschaft.

Aus Gründen, die hier nicht hingehören - Jesus, der vom Tabernakel aus auf uns herabschaut, kennt sie gut - bin ich in meinem Leben zu einem besonders tiefen Bewußtsein der Gotteskindschaft geführt worden. Ich habe das Glück erfahren, mich im Herzen meines Vaters bergen zu dürfen, um von dort aus - auf dem Fundament seiner Liebe und meiner Demütigung - manches zu begradigen, mich zu läutern, dem Herrn zu dienen, alle Menschen zu verstehen und zu entschuldigen.

Deshalb möchte ich jetzt den Nachdruck auf die Notwendigkeit unserer inneren Erneuerung legen: Es ist nötig, daß wir, ihr und ich, diese Schlafschwere aus Schwäche, die uns so leicht überkommt, abschütteln und uns von neuem tiefer und unmittelbarer als Kinder Gottes erkennen.

Das Beispiel Jesu, wie Er das Heilige Land durchzog, kann uns helfen, daß wir von der Wirklichkeit der Gotteskindschaft ganz durchdrungen werden. In der Lesung des heutigen Sonntags heißt es: Wenn wir das Zeugnis von Menschen annehmen, so steht doch das Zeugnis Gottes höher (1 Joh 5,9). Und worin besteht dieses Zeugnis Gottes? Wieder antwortet uns der heilige Johannes: Seht, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat: wir heißen Kinder Gottes und wir sind es. (…)Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes (1 Joh 3,1-2).

Ich habe mir Mühe gegeben, mich im Laufe der Jahre immerfort auf diese frohmachende Wirklichkeit zu stützen. Immer ist mein Gebet dasselbe geblieben, nur der Ton war je nach den Umständen etwas verschieden. Immer habe ich zum Herrn gesagt: Herr, Du hast mich hier hingestellt, Du hast mir dies und jenes anvertraut, und ich verlasse mich auf Dich. Ich weiß, daß Du mein Vater bist. Ich habe immer gesehen, daß ein kleines Kind sich seines Vaters sicher ist. Meine priesterliche Erfahrung hat mir bestätigt, daß dieses Sich-den-Händen-Gottes-Überlassen in der Seele eine starke, tiefe und heitere Frömmigkeit wachsen läßt, die dazu führt, daß alles, was man tut, in lauterer Absicht geschieht.

Das Beispiel Jesu Christi

Quasi modo geniti infantes…, nach Art der kleinen Kinder. Mit Freude habe ich überall diese Denkweise von kleinen Kindern Gottes zu verbreiten gesucht. Im Lichte dieser Denkweise erscheinen uns die Worte, die wir auch in den liturgischen Texten der heutigen Messe finden, besonders erfrischend: Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt (1 Joh 5,4), beseitigt die Hindernisse, läßt uns im gewaltigen Kampf um den Frieden der Seelen und der menschlichen Gesellschaft siegen.

Unsere Weisheit und unsere Stärke liegen gerade im Bewußtsein, daß wir klein und in den Augen Gottes ein Nichts sind; aber gleichzeitig ist Gott selbst es, der will, daß wir mit unerschütterlichem Vertrauen tätig sind und Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, verkündigen; und dies trotz unserer eigenen Fehler und Armseligkeiten, immer vorausgesetzt, daß es nicht an Kampf fehlt, der zu ihrer Überwindung führen soll.

Ihr wißt, daß ich oft den Rat der Heiligen Schrift wiederhole: Discite benefacere (Jes 1,17), lernet Gutes tun; denn es ist wirklich so: wir müssen lernen und lehren, wie man Gutes tut. Das muß bei uns beginnen, indem wir alles daransetzen zu entdecken, welches Gut für uns, für unsere Freunde, für alle Menschen erstrebenswert ist. Ich kenne keinen besseren Weg zur Betrachtung der Größe Gottes als diesen, der von der unsagbar einfachen Erkenntnis ausgeht, daß Er unser Vater ist und wir seine Kinder sind.

Frömmigkeit, Kindschaft

Die Frömmigkeit, die aus der Gotteskindschaft stammt, ist eine zutiefst in der Seele verwurzelte Haltung, die schließlich das ganze Dasein eines Menschen erfaßt; sie ist gegenwärtig in jedem Gedanken, in jedem Wunsch, in jeder Gemütsregung. Habt ihr nicht bemerkt, wie in einer Familie die Kinder, wenn auch unbewußt, die Eltern nachahmen und ihre Gebärden, Gewohnheiten und Verhaltensweisen übernehmen?

Im Verhalten eines guten Kindes Gottes geschieht etwas ganz Ähnliches. Auch hier gelangt man zu einer wunderbaren Vergöttlichung, ohne zu wissen, wie und auf welchem Weg. Sie hilft uns, alle Ereignisse aus der übernatürlichen Perspektive des Glaubens her zu beurteilen. Man liebt dann alle Menschen so, wie unser Vater im Himmel sie liebt, und - das ist wohl das wichtigste - in der Seele entsteht ein neuer Schwung im täglichen Bemühen um die Nähe Gottes. Unsere Armseligkeiten zählen dann nicht mehr - ich möchte es noch einmal betonen -, denn wir werfen uns in die liebenden Arme Gottes, die uns aufnehmen.

Vielleicht ist euch schon aufgefallen, wie groß der Unterschied zwischen dem Sturz eines Kindes und dem Sturz eines Erwachsenen ist. Für ein Kind bedeutet ein Sturz in den meisten Fällen nicht viel, es fällt ja so oft hin. Wenn es losweinen möchte, sagt ihm sein Vater: Männer weinen nicht! Das Kind gibt sich dann Mühe, seinem Vater zu gefallen, und alles ist gut.

Wie ist es aber, wenn ein Erwachsener das Gleichgewicht verliert und plötzlich am Boden liegt? Fühlte man nicht Mitleid, so fände man das nur komisch, einen Anlaß zum Lachen. Hinzukommt, daß der Sturz eines Erwachsenen unter Umständen ernste Folgen nach sich zieht, oder bei einem älteren Menschen einen unheilbaren Bruch verursacht. Es ist gut für uns, im inneren Leben quasi modo geniti infantes zu sein: wie diese kleinen Kinder, die - man könnte meinen, sie seien aus Gummi - lachend fallen und sogleich wieder aufstehen und weiter herumtollen und außerdem, wenn es nötig ist, von ihren Eltern getröstet werden.

Versuchen wir, uns wie sie zu verhalten, dann werden die Schläge und Mißerfolge - die übrigens unvermeidlich sind - uns niemals verbittern. Wir werden mit Schmerz, aber nicht entmutigt reagieren, ja, wir werden sogar lächeln; denn ein solches Lächeln ist wie das klare Wasser, das aus der Freude entspringt, uns als Kinder des unfaßbar großen, weisen, barmherzigen Gottes, unseres Vaters, zu wissen. Im Verlauf meiner Jahre im Dienste des Herrn habe ich gelernt, wie ein kleiner Sohn Gottes zu sein. Und auch euch bitte ich darum, daß ihr quasi modo geniti infantes seid: Kinder, die nach dem Wort Gottes, nach dem Brot Gottes, nach der Nahrung Gottes, nach der Stärke Gottes verlangen, um uns dann wie reife Christen zu verhalten.

Daß ihr richtige Kinder werdet! Je mehr, um so besser. Dies sage ich euch mit der Erfahrung eines Priesters, der sehr oft im Laufe von sechsunddreißig Jahren hat aufstehen müssen - wie lang und wie kurz kommen sie mir vor! -, in denen er einen ganz präzisen Auftrag des göttlichen Willens zu verwirklichen sucht. Es hat mir immer geholfen, daß ich Kind bleibe und immer wieder den Schoß meiner Mutter und das Herz Christi, meines Herrn, aufsuche.

Die gewaltigen Stürze, die beträchtliche, gelegentlich kaum heilbare Zerstörungen in der Seele anrichten, haben immer ihren Ursprung in dem Stolz, sich für erwachsen und selbständig zu halten. In diesen Fällen waltet in der Seele eine Art Unvermögen, den, der helfen kann, um Hilfe zu bitten: nicht nur Gott gegenüber, auch gegenüber dem Freund oder dem Priester. Und diese arme Seele, in ihrem Unglück sich selbst überlassen, verliert jegliche Orientierung und gerät auf Abwege.

Bitten wir Gott - gleich jetzt -, Er möge niemals erlauben, daß wir uns gesättigt fühlen. Er möge in uns die Sehnsucht nach seinem Beistand, seinem Wort, seinem Trost, seiner Stärke vermehren: rationabile, sine dolo lac concupiscite, laßt in euch den Hunger, die Begierde wachsen, wie Kinder zu sein. Überzeugt euch davon, daß diese die beste Art ist, den Stolz zu besiegen. Zweifelt nicht daran, daß dies das einzige Mittel ist, damit unser Tun gut, großartig, Gottes würdig sei. Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen (Mt 18,3).

Wieder kommen mir jene Erinnerungen aus meiner Jugend in den Sinn. Welch herrliches Zeugnis des Glaubens gaben jene Männer! Es ist, als ob ich noch den liturgischen Gesang hörte, den Duft des Weihrauchs atmete. Ich sehe noch die Tausende von Männern, jeder mit seiner großen Kerze, die wie ein Sinnbild der eigenen Armseligkeit ist, aber mit dem Herzen eines Kindes, das es vielleicht kaum vermag, die Augen zum Antlitz des Vaters zu erheben. Erkenne und sieh, wie bitterböse es ist, daß du den Herrn, deinen Gott, verließest (Jer 2,19). Erneuern wir den festen Entschluß, uns niemals wegen irdischer Erwartungen von unserem Herrn zu trennen. Lassen wir, indem wir konkrete Vorsätze fassen, unseren Durst nach Gott noch brennender werden: wie Kinder, die ihre eigene Not sehen und den Vater ohne Unterlaß suchen und rufen.

Aber ich möchte auf das zurückkommen, was ich früher sagte: Man muß lernen, wie ein Kind zu sein; man muß lernen, ein Kind Gottes zu sein. Gleichzeitig werden wir unseren Mitmenschen diese Denkweise vermitteln, die uns in unserer menschlichen Schwäche fortesin fide (1 Petr 5,9), stark im Glauben macht, fruchtbar in den Werken und sicher auf unserem Weg. Dann erheben wir uns immer wieder ohne Zögern, auch wenn wir den abscheulichsten Fehler begangen haben, und finden so auf den Hauptweg der Gotteskindschaft zurück, der uns in die weit geöffneten Arme Gottes, unseres Vaters, führt.

Wer von euch erinnert sich nicht an die Arme seines Vaters? Sicherlich waren sie nicht so zärtlich und mitfühlend wie die Arme unserer Mutter; aber sie waren kräftig und stark, einer stürmischen, beschützenden Umarmung fähig. Danke, Herr, für Deinen mächtigen Arm. Danke für Deine starke Hand. Danke für die Festigkeit und Milde Deines Herzens. Beinahe hätte ich Dir auch für meine Fehler gedankt, aber Du willst sie nicht! Und doch verstehst Du sie, entschuldigst Du sie, verzeihst Du sie.

Dies ist die Weisheit, die Gott von uns im Umgang mit Ihm erwartet. Es ist echte Mathematik: Erkennen, daß wir eine Null links vor dem Komma sind… Aber unser Vater Gott liebt uns so, wie wir sind: so, wie wir sind! Ich bin nur ein armer Mensch und ich liebe euch, wie ihr seid; stellt euch dann vor, wie die Liebe Gottes sein wird! Aber diese Liebe will auch, daß wir kämpfen und alles daransetzen, damit unser Leben auf dem Weg eines gut gebildeten Gewissens verläuft.

Verzeichnis der Schriftstellen
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