Die Würde des Alltags

*Homilie, gehalten am 11. März 1960

Einmal - es ist schon sehr lange her - waren wir unterwegs durch die spanische Hochebene. Von der Straße aus sah ich in der Ferne ein Bild, das mich innerlich bewegte und mir später oft beim Gebet geholfen hat: einige Männer rammten Pflöcke in die Erde ein und spannten dann zwischen sie senkrechte Netze, um so eine Hürde zu bauen. Dann kamen die Hirten mit ihren Lämmern und Schafen heran und, indem sie diese beim Namen riefen, führten sie sie in die Hürde hinein. Dort waren sie nun, alle zusammen, geborgen.

Heute, mein Herr und Gott, erinnere ich mich wieder an jene Hirten und an jene Schafhürde, weil wir alle, die wir hier versammelt sind, um das Gespräch mit Dir zu suchen, ebenso wie viele andere Menschen in der ganzen Welt, uns auf Deiner Weide wissen. Du selbst hast es gesagt: Ich bin der Gute Hirt. Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich (Joh 10,14). Du kennst uns gut, Du weißt, daß wir immer Deiner Stimme - der Stimme des Guten Hirten - hellhörig folgen wollen, denn das ist das ewige Leben, daß sie Dich erkennen, den allein wahren Gott, und den Du gesandt hast, Jesus Christus (Joh 17,3).

Das Bild Christi mit seinen Schafen zur Rechten und zur Linken erscheint mir so liebenswert, daß ich es in der Kapelle, wo ich für gewöhnlich die heilige Messe feiere, habe darstellen lassen, und an manchen anderen Stellen habe ich die Worte des Herrn anbringen lassen: Cognosco oves meas et cognoscunt me meae (Joh 10,14). Es sind gleichsam Weckzeichen für uns, die uns an die Gegenwart Gottes erinnern und daran, daß Er uns tadelt oder ermahnt und belehrt - Er, der Hirt der Herde (Vgl. Sir 18,13). Ich habe absichtlich mit jener Erinnerung aus früheren Zeiten beginnen wollen, weil sie gut hierher paßt.

Gott will uns heilig

Wir alle, ihr und ich, sind Teil der Familie Christi, denn Gott hat uns schon vor Erschaffung der Welt auserwählt, daß wir heilig und untadelig vor Ihm seien. Aus Liebe hat Er uns nach seinem freien Willensentschluß durch Jesus Christus zu seinen Kindern vorherbestimmt, zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade (Eph 1,4-5). Die Auserwählung aus geschenkter Gnade richtet uns auf ein deutlich wahrnehmbares Ziel: auf die persönliche Heiligkeit. Paulus spricht es bündig aus: Haec est voluntas Dei: sanctificatio vestra (1 Thess 4,3), dies ist der Wille Gottes: eure Heiligung. Vergessen wir es also niemals: Wir sind in der Hürde des Herrn, damit wir dieses hohe Ziel erreichen.

Und wieder muß ich an eine Begebenheit denken, die lange zurückliegt. Eines Tages ging ich in die Kathedrale von Valencia, um dort zu beten. Als ich am Grab des Seligen Ridaura vorbeikam, erzählte man mir von diesem Priester, daß er auf die Frage nach seinem Alter - er war schon sehr alt - immer die gleiche, sehr bestimmte Antwort gab: wenige Jahre, und um deutlich zu machen, was er meinte, fügte er hinzu: Nur die Jahre, die ich im Dienste Gottes verbracht habe, zählen. Bei vielen von euch kann man noch an den Fingern einer Hand die Jahre zählen, die seit dem Tag vergangen sind, an dem ihr euch entschlossen habt, ganz Gott zu gehören und Ihm inmitten der Welt, in eurem Milieu und durch eure berufliche Arbeit dienen zu wollen. Es ist auch nicht so wichtig; wichtig ist nur, daß in uns diese Gewißheit gleichsam eingebrannt ist: die Aufforderung zur Heiligkeit, die Christus an alle Menschen ohne Ausnahme richtet, verlangt von einem jeden die Sorge um das eigene innere Leben und die tägliche Einübung in die christlichen Tugenden. Der Herr fordert nicht einen durchschnittlichen, überdurchschnittlichen oder außerordentlichen Einsatz, sondern eine Entschlossenheit, die bis zum wirklich Heroischen gehen muß.

Das Ziel, das ich euch vor Augen stelle - genauer gesagt, das Gott uns allen vor Augen stellt - ist kein Phantasiegebilde und kein unerreichbares Ideal. Ich könnte euch von so vielen ganz gewöhnlichen Männern und Frauen, wie ihr und wie ich, erzählen, die sich entschlossen haben, Christus zu folgen und in Liebe das Kreuz eines jeden Tages zu tragen (Joh 7,10), nachdem sie auf scheinbar gewöhnlichem Wege Ihm, der quasi in occulto (Vgl. Mt 16,24), wie verborgen, vorüberging, begegnet sind. In unserer Zeit, in der Sichgehenlassen und Schlaffheit oder Hemmungslosigkeit und Anarchie als Zeichen des allgemeinen Verfalls herrschen, gewinnt gerade deshalb die einfache, tiefe Erkenntnis, die mich seit Beginn meiner priesterlichen Tätigkeit verzehrt und die ich der ganzen Menschheit weitergeben möchte, immer mehr an Aktualität: Es gibt Weltkrisen, weil es an Heiligen fehlt.

Inneres Leben: das ist die Forderung, mit der sich der Meister in der Seele eines jeden vernehmbar macht. Heilig müssen wir sein, und zwar - laßt es mich so sagen - vom Scheitel bis zur Sohle: Christen, die man für einen Heiligsprechungsprozeß vorschlagen könnte, wahr und echt; alles andere hieße, daß wir als Jünger des einzigen Meisters gescheitert wären. Bedenkt außerdem, daß Gott, indem Er auf uns blickt und uns die Gnade für den Kampf um die Heiligkeit inmitten der Welt schenkt, uns damit auch zum Apostolat verpflichtet. Denn die Sorge um die Seelen ist sogar aus menschlich-natürlicher Sicht eine logische Folge der göttlichen Auserwählung, wie ein Kirchenvater andeutet: Wenn ihr entdeckt, daß etwas euch von Nutzen gewesen ist, versucht ihr, andere dafür zu gewinnen. Deshalb müßt ihr auch wünschen, daß andere euch auf den Wegendes Herrn begleiten. Wenn ihr zum Forum oder zu den Thermen geht und einem begegnet, der nichts zu tun hat, ladet ihr ihn ein, euch zu begleiten. Übertragt diese irdische Gewohnheit auf das Geistliche und, wenn ihr zu Gott geht, geht nicht allein (Gregor der Große, Homiliae in Evangelia, 6, 6 (PL 76, 1098]).

Im Normalfall macht Christus die Wirksamkeit unseres Bemühens, andere mitzuziehen, von unserem inneren Leben abhängig. Wir sollten uns dies gegenwärtig halten, damit wir keine Zeit vergeuden mit falschen Ausreden oder mit entschuldigenden Hinweisen auf die Schwierigkeiten des Milieus, die übrigens seit Beginn des Christentums nie gefehlt haben. Die Bedingung, die Christus für eine wirksame apostolische Arbeit stellt, ist die Heiligkeit: genauer gesagt, das Bemühen um Treue, denn die Heiligkeit selbst werden wir auf Erden nie erlangen. Es erscheint unglaublich: Gott und die Menschen brauchen unsere Treue. Sie soll uneingeschränkt, unverfälscht, bis zum Letzten konsequent, ungeschwächt durch Mittelmäßigkeit und Kompromisse sein: offen für die Fülle der christlichen Berufung, die wir bejahen und liebend zu verwirklichen streben.

Es könnte jemand denken, daß ich dabei ausschließlich eine kleine Gruppe auserwählter Menschen im Blick habe. Aber laßt euch nicht so leicht durch Kleinmut und Bequemlichkeit täuschen, fühlt vielmehr in euch den göttlichen Ernst der Berufung, ein anderer Christus, ipse Christus, Christus selbst, sein zu sollen. Anders gesagt: Ihr sollt in euch das Verlangen danach spüren, das eigene Verhalten und die Anforderungen des Glaubens zur Übereinstimmung zu bringen, denn die Heiligkeit, um die wir ringen, ist keine Heiligkeit zweiter Klasse - die gibt es nicht. Die wichtigste dieser Anforderungen entspricht wesenhaft der Natur des Menschen: zu lieben, denn die Liebe ist das Band der Vollkommenheit (Kol 3,14), und zwar so zu lieben, wie es der Herr ausdrücklich gebietet: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Gemüt (Mt 22,37), das heißt: uneingeschränkt. Darin besteht die Heiligkeit.

In der Tat ist dies ein hohes Ziel, ein steiler Weg. Aber vergeßt nicht, daß niemand schon von Geburt an heilig ist: der Heilige wird, er wird im ständigen Zusammenspiel von göttlicher Gnade und menschlichem Mitwirken. Ein christlicher Schriftsteller der ersten Jahrhunderte bemerkt zu der Vereinigung mit Gott: Alles, was sich entwickelt, ist zuerst klein. Indem es immer wieder Nahrung zu sich nimmt, wächst es stetig und wird groß (Markus, Eremit, De lege spirituali, 172 (PG 65, 926]). Deshalb: Willst du konsequent als Christ leben - und ich weiß, daß du das willst, auch wenn Siege und die stetige Ausrichtung unseres armseligen Leibes auf das Höhere hin dir oft so schwer fallen -, dann mußt du mit größter Sorgfalt auf die kleinsten Dinge achten, denn die Heiligkeit, die der Herr von dir will, ist nur zu erlangen durch das Ernstnehmen der Arbeit und der alltäglichen, meistens unscheinbaren Pflichten, aus Liebe zu Gott.

Kleine Dinge und Leben der Kindschaft

Ich denke jetzt an die unter euch, die nach Jahren immer noch Tagträumen nachhängen und wie Tartarin de Tarascon eitel und naiv auf Löwenjagd ausziehen - in den Gängen ihres Hauses, dort, wo man bestenfalls Mäuse fängt. Euch will ich wieder einmal an einen wunderbaren, gottgewollten Weg erinnern: die gewöhnlichen Alltagspflichten erfüllen und darin jene Kämpfe austragen, die nur Er und wir kennen und die Gott wohlgefällig sind.

Seid davon überzeugt, daß ihr in der Regel keine spektakulären Taten vollbringen werdet - nicht zuletzt deshalb, weil sich die Gelegenheit dazu nur selten bietet. Gelegenheiten aber, eure Liebe zu Christus durch die kleinen, alltäglichen Dinge zu zeigen, die gibt es zur Genüge. Wie sagt doch der heilige Hieronymus: Auch im Kleinen offenbart sich der gleiche Geist (der Seelengröße). Wir bewundern die Größe des Schöpfers nicht nur am Himmel, an der Erde, am Weltmeer, an Elefanten, Kamelen, Pferden, Rindern, Panthern, Bären und Löwen. Sie offenbart sich uns auch in den kleinsten Tierchen, z. B. in der Ameise, der Schnake, der Mücke, dem Würmchen und in anderen kleinen Wesen, die wir mehr vom Sehen als dem Namen nach kennen. In ihnen allen offenbart sich uns der gleiche Reichtum des Schöpfers. Ähnlich ist auch eine Seele, die sich Christus ganz hingibt, auf die kleinen Dinge nicht minder bedacht als auf die großen (Hieronymus, Epistolae, 60, 12 (PL 22, 596]).

Wenn wir das Wort des Herrn betrachten: ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt seien (Joh 17,19), wird uns deutlich, worin unser einziges Ziel besteht: darin, uns zu heiligen; heilig zu werden, um andere zu heiligen. Hier mag sich die Versuchung eines leisen Zweifels melden: Wir, die wir zur Befolgung der göttlichen Aufforderung fest entschlossen sind, seien gar nicht so zahlreich, und außerdem als Werkzeuge gar nicht so wertvoll. Ja, im Vergleich zu der Gesamtheit der Menschen sind wir nur wenige, und als einzelne taugen wir nicht viel. Aber unser Meister sagt uns mit aller Bestimmtheit, daß der Christ Licht, Salz, Sauerteig der Welt ist, und schon ein wenig Sauerteig durchsetzt den ganzen Teig (Gal 5,9). Gerade deshalb habe ich immer wieder gesagt, daß uns alle Menschen interessieren, von Hundert alle Hundert, und keinen einzigen nehmen wir aus, denn wir wissen, daß Christus alle erlöst hat und einige wenige in seinen Dienst nehmen will, damit sie, die selbst nichts sind, sein Heil ausbreiten helfen.

Ein Jünger Christi wird niemals einen Mitmenschen geringschätzig behandeln; er wird den Irrtum beim Namen nennen, aber den Irrenden in Liebe zurechtweisen, sonst könnte er ihm nicht helfen, ihn nicht heiligen. Was not tut, ist Wohlwollen, Verstehen, Entschuldigen, brüderliches Begegnen, und in allem den Rat des heiligen Johannes vom Kreuz beherzigen: Lege Liebe dort hinein, wo es keine Liebe gibt, und du wirst Liebe finden (Vgl. Johannes vom Kreuz, Brief an Maria von der Menschwerdung, 6. 7. 1591). Auch für Dinge, die scheinbar nicht von Belang sind in der beruflichen Arbeit, im Familienleben oder im Umgang mit Bekannten, gilt dies. Uns muß also daran liegen, jede Gelegenheit, sei sie auch noch so alltäglich, wahrzunehmen: und indem wir sie heiligen, heiligen wir uns und heiligen wir jene Menschen, die mit uns die Sorgen des Alltags teilen. So werden wir in unserem Leben die milde, liebenswerte Last eines Miterlösers verspüren.

Ich möchte diese Zeit des Gesprächs vor dem Herrn mit einer Notiz fortsetzen, die ich schon vor Jahren benutzt habe und die auch heute noch aktuell ist. Damals schrieb ich mir folgenden Gedanken der heiligen Theresia von Avila auf: Alles, was vergänglich ist und Gott mißfällt, ist nichts und weniger als nichts (Theresia von Avila, Buch ihres Lebens, 20, 26). Begreift ihr, warum eine Seele keinen Frieden und keine innere Ruhe mehr findet, wenn sie sich von ihrem Ziel entfernt und vergißt, daß Gott sie für die Heiligkeit geschaffen hat? Seht also zu, daß ihr niemals die Ausrichtung auf das Übernatürliche verliert, nicht einmal in Zeiten der Entspannung oder der Erholung, die ja ebenso nötig sind wie die Arbeit.

Daß ihr zu hohem Ansehen in eurer beruflichen Arbeit kommt - ausgezeichnet; daß ihr bei eurem Engagement in weltlichen Angelegenheiten - immer in voller Freiheit - Erfolge feiert - ausgezeichnet. Aber wenn ihr darüber den Sinn für das Übernatürliche verliert, der all euer Schaffen prägen muß, dann habt ihr trotzdem den Weg traurig verfehlt.

Erlaubt mir in diesem Zusammenhang ein paar Randbemerkungen, die mir hier passend erscheinen. Niemals habe ich jemanden, der zu mir kommt, gefragt, wie er politisch denkt: das interessiert mich überhaupt nicht! Mit meiner Zurückhaltung möchte ich etwas deutlich machen, was wesentlich zum Opus Dei gehört, dem ich mich dank der Gnade und der Barmherzigkeit Gottes im Dienst an der heiligen Kirche ganz gewidmet habe. Dieses Thema der Politik interessiert mich nicht, weil ihr als Christen im politischen, kulturellen und im gesellschaftlichen Leben vollkommene Freiheit mit der entsprechenden persönlichen Verantwortlichkeit besitzt. Nur das Lehramt der Kirche kann da Grenzen ziehen. Und nur dann, wenn ihr diese Grenzen überschrittet, wäre ich besorgt, und zwar um das Wohl eurer Seele; erst dann müßte ich euch auf den Widerspruch zwischen dem Glauben, den ihr bekennt, und den Werken, die ihr tut, mahnend hinweisen. Manche Leute können solch eine Hochachtung für eure eigenständige Urteilsbildung, wenn sie euch dem Gesetz Gottes nicht entfremdet, nicht verstehen; sie verkennen den wahren Begriff der Freiheit, die Christus für uns am Kreuz errungen hat, qua libertate Christus nos liberavit (Gal 4,31), der Freiheit, mit der uns Christus befreit hat. Ihr sektiererisches Denken treibt sie in zwei verschiedene Richtungen: die einen maßen sich an, ihre Meinungen in weltlichen Angelegenheiten als Glaubenssätze hinzustellen, und die anderen entwürdigen den Menschen, indem sie den Glauben den verwegensten Fehlinterpretationen ausliefern, als ob er irgendetwas Beliebiges wäre.

Kehren wir zum Thema unserer Betrachtung zurück. Ich sagte, daß selbst die größten gesellschaftlichen oder beruflichen Erfolge letztlich nur klägliches Scheitern sind, wenn ihr euch im inneren Leben gehen laßt und euch vom Herrn abwendet. In den Augen Gottes - und das ist das entscheidende - ist derjenige ein Sieger, der um eine echt christliche Lebensführung kämpft; da gibt es keinen Mittelweg. Wie viele Menschen begegnen uns, die sich nach menschlichen Maßstäben glücklich preisen müßten und die doch gehetzt und verbittert dahinleben. Man möchte meinen, sie griffen mit vollen Händen in die Freude, aber schon bei oberflächlichem Kennenlernen wird ihre Bitterkeit offenkundig, schlimmer als Galle. Uns wird es nicht so ergehen, wenn wir bemüht sind, in allem den Willen Gottes zu tun, Ihn zu ehren und zu rühmen und sein Reich überallhin auszubreiten.

Ein konsequent christliches Leben

Ich höre manchmal, was mich besonders schmerzt, von katholischen Christen - Kindern Gottes, durch die Taufe dazu berufen, ein anderer Christus zu sein -, die ihr Gewissen mit einer formalen Frömmigkeit beruhigen und mit einer Art religiösen Gefühls einlullen: von Zeit zu Zeit beten sie, je nach dem subjektiven Bedarf; sie sehen in der heiligen Messe eine nicht übertrieben ernstzunehmende Sonntagspflicht - ihren Magen aber befriedigen sie mit sorgsamer Regelmäßigkeit -, sie sind bereit, ihren Glauben gegen ein Linsengericht einzutauschen, damit ihnen nur ja keine Nachteile für ihre Stellung entstehen… Aber auf der anderen Seite scheuen sie sich nicht, ohne Rücksicht auf ein mögliches Ärgernis, das christliche Namensschild zum eigenen Nutzen zu verwenden. Nein! Bloße Namensschilder sollen uns nicht genügen! Ich möchte, daß ihr ganze Christen seid, Christen aus einem Guß. Aber dazu ist es nötig, daß ihr konsequent nach der rechten geistlichen Nahrung sucht.

Ihr wißt aus eigener Erfahrung, daß das innere Leben darin besteht, jeden Tag immer wieder von neuem zu beginnen. Ich habe euch das oft gesagt, um einer möglichen Mutlosigkeit vorzubeugen. Und wir alle, ihr und ich, spüren im Herzen, daß es nötig ist, beharrlich zu kämpfen. Ihr werdet bei eurer Gewissenserforschung bestimmte immer wiederkehrende Rückschläge festgestellt haben, die an sich geringfügig sind, euch aber fast übergroß erscheinen, weil ihr in ihnen den Mangel an Liebe, an Hingabe, an Opfergeist, an Feingefühl erkennt. Auch mir ergeht es so. Entschuldigt diesen neuerlichen Hinweis auf meine Person, aber auch ich bespreche, während ich mit euch rede, mit dem Herrn die Fragen meiner Seele. Bereut in solchen Situationen aufrichtig, habt den festen Wunsch zu sühnen, aber verliert den Frieden nicht.

Zu Beginn der vierziger Jahre mußte ich oft nach Valencia reisen. Materielle Mittel fehlten mir damals gänzlich. Ich, ein armer Priester, und die, die - wie ihr jetzt - zu mir kamen, wir versammelten uns zum Gebet, wo immer wir konnten. Manchmal an einem abgelegenen Strand - wie die ersten Freunde des Meisters… Erinnerst du dich? Lukas erzählt, wie Paulus und er, die unterwegs nach Jerusalem waren, Tyrus verließen: Alle gaben uns mit Frauen und Kindern das Geleit bis vor die Stadt hinaus. Am Strande knieten wir nieder und beteten (Apg 21,5).

Einmal, als nach einem herrlichen Sonnenuntergang der Abend schon dämmerte, sahen wir, wie sich ein Boot dem Strand näherte. Die Fischer - kräftige Gestalten, mit entblößtem Oberkörper, dunkel wie aus Bronze, durchnäßt - stiegen aus. Sie machten sich daran, das Netz mit den vielen silbern glänzenden Fischen, das hinten am Boot befestigt gewesen war, an Land zu ziehen. Sie zogen mit Kraft und Schwung, und ihre Füße sanken tief in den Sand ein. Plötzlich kam ein Kind, braungebrannt wie sie; es näherte sich dem Seil, faßte es mit seinen kleinen Händen und begann mitzuziehen, so gut es konnte. Die Fischer, die ziemlich derb und ungehobelt erschienen, waren wohl darüber gerührt, denn sie schickten das Kind, das ja eher störte, nicht fort, sondern ließen es mithelfen.

Ich mußte an euch und an mich denken; an euch, die ich damals noch nicht kannte, und auch an mich, an unser aller Mitziehen, jeden Tag und in tausenderlei Dingen. Wenn wir wie jenes kleine Kind vor Gott hintreten, von der eigenen Hilflosigkeit überzeugt und doch für seine Absichten offen, dann werden wir leichter das Ziel erreichen, wir werden das Netz - ein volles Netz - an Land ziehen, weil die Macht Gottes selber unserer eigenen armen Plackerei zu Hilfe kommt.

Aufrichtig in der geistlichen Leitung

Ihr kennt eure Pflichten als Christen gut genug, um den Weg zur Heiligkeit ruhig und beständig gehen zu können; ebenso seid ihr vor den meisten Schwierigkeiten schon auf der Hut, denn sie werden bereits am Anfang des Weges erkennbar. Nun möchte ich euch ans Herz legen, daß ihr die Hilfe und Anleitung durch einen Seelenführer sucht und ihm alles anvertraut: den Wunsch nach Heiligkeit, die alltäglichen Fragen eures inneren Lebens, die Siege und die Niederlagen.

Bei der geistlichen Leitung sollt ihr immer sehr aufrichtig sein: Sagt alles, öffnet die Seele ganz, unumwunden und ohne Angst. Sonst wird der anfangs ebene und gerade Weg immer verschlungener, und was erst nur eine Kleinigkeit war, wird schließlich zu einem erstickenden Brocken. Ist jemand zu Fall gekommen, wäre es ein Irrtum zu meinen, daß dieser Fall urplötzlich geschah. Nein, er war in einer Täuschung über sich befangen und begann schon aus verkehrten Grundsätzen, oder er überließ sich so lange einer geistigen Laxheit, bis nach und nach die Lauterkeit des Herzens dahinschwand und er am Ende unter dem Gewicht der allmählich wachsenden Laster zusammenbrach () Auch ein Haus fällt nicht plötzlich, mir nichts dir nichts zusammen, sondern zuerst dringen entweder infolge alter Mängel oder durch die Nachlässigkeit der Bewohner nur ein paar Tropfen in die Ritzen ein, bis so ganz allmählich das Dach verrottet, und wenn nun seine Löcher nicht geflickt werden, dann regnet es schließlich in Strömen hinein (Cassian, Collationes, 6, 17 (PL 49, 667-668]).

Erinnert ihr euch an die Geschichte von dem Zigeuner, der beichten ging? Natürlich ist sie erfunden, denn über eine wirkliche Beichte würde man niemals sprechen, und außerdem habe ich die Zigeuner sehr gern. Der arme Kerl! Er bereute wirklich…: Herr Pfarrer, ich bekenne, daß ich einen Strick gestohlen habe… - nun, das ist nicht viel… und daran hing ein Maultierund daran noch ein Strick…und daran noch ein Maultier… Und das zwanzigmal. Meine Kinder, auch mit uns ist es so: Lassen wir den einen Strick durchgehen, dann folgt ein ganzer Zug böser Neigungen und Erbärmlichkeiten, die uns erniedrigen und beschämen. Ähnlich ist es im Umgang mit den anderen: Es beginnt mit einer kaum wahrnehmbaren Lieblosigkeit, und am Ende steht die eisige Gleichgültigkeit dessen, der seinen Mitmenschen den Rücken kehrt.

Fangt uns die Füchse, diese jungen Füchse, die die Weinberge verwüsten, ja unsere Weinberge, welche in Blüte stehen (Hld 2,15). Seid treu, sehr treu im Kleinen! Das Streben danach wird uns auch kindliches Vertrauen zu unserer Mutter Maria lehren. Habe ich euch nicht zu Beginn gesagt, daß wir alle klein sind, weil nur die Jahre zählen, die seit unserem Entschluß, Gott ganz nahe zu sein, vergangen sind? Deshalb ist es nur vernünftig, wenn wir in unserem Elend und in unserer Ohnmacht die Nähe der erhabenen, heiligen Reinheit der Mutter Gottes, die auch unsere Mutter ist, suchen.

Hört eine andere Geschichte, die wirklich geschehen ist und die ich erzählen darf, weil sie schon viele, viele Jahre zurückliegt und in ihrer derben Unmittelbarkeit hilfreich sein kann. Ich hielt Besinnungstage für Priester aus verschiedenen Diözesen. Jeden einzelnen suchte ich auf, freundlich und anteilnehmend, damit sie sich mit mir aussprechen könnten; denn auch wir Priester brauchen einen brüderlichen Ratgeber und Helfer. Im Gespräch mit einem, der etwas ungeschliffen, aber gerade und ehrlich war, hatte ich mich bemüht, wenn auch schonend, so doch nachdrücklich die offene Aussprache herbeizuführen, um die möglichen Wunden seines Herzens zu heilen. Plötzlich unterbrach er mich und sagte: Wie beneide ich meinen Esel; er hat in sieben Pfarreien gedient, und kein Mensch hat etwas an ihm auszusetzen. Hätte ich doch gedient wie er!

Prüfe dich gründlich… Vielleicht verdienen auch wir nicht das Lob dieses Landpfarrers für seinen Esel. Wir haben viel gearbeitet, hier und dort Verantwortung getragen, in dieser und jener Sache Erfolge gehabt… Aber, vor dem Angesicht Gottes, findest du da nichts, was zu beklagen ist? Hast du wirklich immer versucht, Gott und deinen Mitmenschen, deinen Brüdern, zu dienen? Oder hast du dich zuviel um deinen Egoismus, dein Ansehen, deinen Ehrgeiz, deine rein irdischen, hoffnungslos flüchtigen Erfolge gekümmert?

All dies sage ich euch ganz ungeschminkt, denn ich will jetzt von neuem Gott um Vergebung bitten und möchte auch euch dazu anleiten. Vor unserem Blick steht unsere mangelnde Treue, stehen all die Fehler, Erbärmlichkeiten, Schlaffheiten; jeder kennt da seine eigene Geschichte. Sprechen wir also zum Herrn aus vollem Herzen das Reuegebet des Petrus: Domine, tu omnia nosti, tu scis qui amo te! (Joh 21,17) Herr, Du weißt alles, Du weißt, daß ich Dich liebe!

Trotz meiner Erbärmlichkeiten! Ja, ich nehme mir heraus, es so abzuwandeln: Du weißt, daß ich Dich gerade wegen meiner Erbärmlichkeiten liebe, denn sie bringen mich dazu, daß ich mich auf Dich stütze, der Du meine Stärke bist: quia tu es, Deus, fortitudo mea (Ps 42,2). Und dann, nach diesem Reueakt, beginnen wir von neuem.

Die Gegenwart Gottes suchen

Inneres Leben. Heiligkeit in den gewöhnlichen Aufgaben, Heiligkeit in den kleinen Dingen, Heiligkeit in der beruflichen Arbeit, in den Sorgen eines jeden Tages… Heiligkeit, damit wir andere heiligen können. Ich kenne jemanden - und doch kenne ich ihn eigentlich bis heute noch nicht richtig -, der einmal träumte, er flöge mit einem Flugzeug in großer Höhe, aber er befand sich nicht in der Kabine, sondern draußen, auf einer der Tragflächen hockend. Wie schauderte es ihn, welche Angst stand der Ärmste aus! Es war, als wollte der Herr ihm klarmachen, daß es so den Menschen mit apostolischem Drang ergeht, die kein inneres Leben haben oder es vernachlässigen, dabei aber den Höhenflug ins Göttliche wagen: schwankend und verstört, voll Ungewißheit, gequält und ständig der Gefahr des Absturzes ausgesetzt.

Genau so, scheint mir, ist es tatsächlich: Die Gefahr, in die Irre zu geraten, ist groß für die, die sich der Tat an sich verschreiben - dem Aktivismus - und die dabei die Hilfen verschmähen, die ihre Frömmigkeit festigen müßten: den regelmäßigen Empfang der Sakramente, das betrachtende Gebet, die Gewissenserforschung, die geistliche Lesung, den vertrauten Umgang mit der Mutter Gottes und mit den heiligen Schutzengeln… All das verhilft außerdem dazu, ja ist geradezu unersetzlich, um den Alltag eines Christen liebenswert zu machen: aus dem inneren Reichtum fließen dann Milde und Frieden Gottes wie Honig aus der Wabe.

Ob in der Intimität des Persönlichen oder im Handeln nach außen, ob im Umgang mit den anderen oder in der eigenen Arbeit: jeder muß bestrebt sein, sich ständig in der Gegenwart Gottes zu erhalten und das Gespräch - den Dialog - mit Ihm zu pflegen; nach außen bleibt diese Zwiesprache unhörbar, weil sie sich nicht im gesprochenen Wort artikuliert, aber dennoch wird sie wahrnehmbar in der Art, wie wir unsere Aufgaben, mögen sie groß oder klein sein, erfüllen: ausdauernd, liebevoll, gewissenhaft. Mangelte es uns an solcher Zähigkeit, so wäre das ein Zeichen dafür, daß wir unsere Gotteskindschaft wenig konsequent lebten und die Chancen verspielten, die Gott uns in seiner Vorsehung bietet, um uns zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Alters Christi (Eph 4,13)gelangen zu lassen.

Während des spanischen Bürgerkrieges habe ich viel reisen müssen, um zahlreiche junge Menschen an der Front priesterlich zu betreuen. Einmal hörte ich, in der Nähe von Teruel, Gesprächsfetzen aus einem Schützengraben, die sich mir tief eingeprägt haben. Ein junger Soldat sagte von einem anderen, der anscheinend etwas unentschlossen und kleinmütig war: Der ist nicht aus einem Guß! Traurig wäre es, könnte man auch von uns zu Recht sagen, wir wären halbherzig: Menschen also, die einerseits versichern, sie möchten echte Christen sein und sich wirklich heiligen, und die andererseits die Mittel dazu verschmähen, da sie sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht immer wieder in kindlicher Liebe Gott zuwenden. Stünde es mit dir und mit mir so, dann wären auch wir keine Christen aus einem Guß.

Bemühen wir uns darum, in der Tiefe unseres Herzens ein starkes, überwältigendes Verlangen nach Heiligkeit zu erwecken, auch wenn unsere Elendigkeit uns noch so klar vor Augen steht. Seid deswegen ohne Sorge; die persönlichen Fehler werden um so deutlicher, je mehr man auf dem Weg des inneren Lebens fortschreitet. Dies rührt daher, daß die Gnade Gottes wie ein Vergrößerungsglas wirkt und Winziges - ein Staubpartikel oder ein Sandkorn - riesengroß erscheinen läßt; denn die Seele erlangt ein hohes Feingefühl für das Göttliche, und das Gewissen, das nur die Reinheit Gottes stillen kann, stößt sich bereits am leisesten Schatten… Sage jetzt dem Herrn aus deinem tiefen Herzensgrunde: ja, Herr, ich will heilig werden, ich will Dein würdiger Jünger sein und Dir bedingungslos folgen. Und nimm dir zugleich vor, die herrlichen Ideale, die du in diesem Augenblick empfindest, jeden Tag zu erneuern.

Jesus, wenn wir, die wir in Deiner Liebe versammelt sind, doch beharrlich wären! Wenn es uns doch gelänge, die Sehnsucht, die Du in uns erweckst, in Taten zu verwandeln! Fragt euch sehr oft: Wozu bin ich auf Erden? Denn dann werdet ihr bestrebt sein, die Aufgaben eines jeden Tages liebevoll zu meistern und auf die kleinen Dinge zu achten. Wir werden auf das Beispiel der Heiligen blicken: Sie waren Menschen aus Fleisch und Blut wie wir, mit Schwächen und Armseligkeiten, aber aus Liebe zu Gott siegreich, indem sie sich selbst besiegten. Wir werden ihr Leben betrachten, und nach der Art der Bienen, die den Nektar aus vielen verschiedenen Blüten saugen, werden wir aus dem Kampf der Heiligen lernen. Aber auch von den Tugenden vieler Menschen in unserer Umgebung werden wir lernen: Beispiele der Arbeitsamkeit, der Opferbereitschaft, der Freude… Wir werden nicht zuviel auf ihre Fehler achten, sondern nur dann, wenn es nötig ist und wir ihnen mit einer brüderlichen Zurechtweisung helfen können.

Im Boot Christi

Unser Herr Jesus Christus sprach oft und gern von Booten und Netzen, und auch ich tue das gern, damit wir gerade aus diesen Szenen des Evangeliums feste und klare Vorsätze entnehmen können. Lukas erzählt von einigen Fischern, die am Ufer des Sees Genezareth ihre Netze waschen und ausbessern. Jesus geht auf die Boote zu, die am Ufer liegen, und steigt in den Kahn des Simon. Wie selbstverständlich steigt der Herr in dein, in mein Boot ein! Und manche Leute stöhnen dann: Er macht unser Leben so kompliziert… Euch und mir ist Er auf dem Weg begegnet, Er hat unser Leben komplizierter gemacht durch seine einnehmende Liebe.

Nachdem Jesus vom Boot des Petrus aus gepredigt hat, sagt Er zu den Fischern: Duc in altum, et laxate retia vestra in capturam (Lk 5,4), fahrt hinaus, werft die Netze zum Fang aus! Sie verlassen sich auf sein Wort, sie gehorchen und erleben einen wunderbaren Fischfang. Und der Herr sagt zu Petrus, der, wie Jakobus und Johannes, staunend dasteht: "Fürchte dich nicht, von nun an sollst du Menschenfischer sein". Da zogen sie die Boote ans Land, ließen alles zurück und folgten Ihm nach (Lk 5,10-11).

Dein Boot: deine Fähigkeiten, deine Pläne, deine Erfolge - all das zu nichts nutze, es sei denn, du stellst es Christus zur Verfügung, du läßt Ihn ungehindert einsteigen; du verzichtest darauf, aus deinem Nachen einen Götzen zu machen. Du allein, du mit deinem Boot und ohne den Meister, eilst dem sicheren Schiffbruch entgegen. Nur wenn du die Nähe des Herrn suchst und Ihm das Steuer überläßt, wirst du die Stürme und Klippen des Lebens heil bestehen. Gib alles in die Hände Gottes: Laß deine Gedanken, deine schönen Phantasieflüge, deine edlen menschlichen Bestrebungen, die reinen Sehnsüchte deiner Liebe durch das Herz Jesu hindurchgehen. Denn sonst wird all dies - früher oder später - mit deinem Egoismus zugrunde gehen.

Läßt du aber Gott über dein Boot bestimmen, nimmst du Ihn als den Schiffspatron an - welche Sicherheit gewinnst du dann!… auch wenn Er einmal abwesend zu sein oder zu schlafen scheint, oder wenn es so aussieht, als zöge mitten in der finsteren Nacht ein Unwetter auf, und Er sei fern. Markus berichtet, wie die Apostel sich einmal in einer ähnlichen Lage befanden: wie sie beim Rudern sich abmühten, weil sie Gegenwind hatten. Auf einmal - es war um die vierte Nachtwache - kam Jesus, auf dem See wandelnd, auf sie zu (…) Da redete Er sie an: "Habt Vertrauen! Ich bin es, fürchtet euch nicht." Er stieg zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich (Mk 6, 48;50-51).

Meine Kinder, was geschieht nicht alles auf der Welt…! Ich könnte euch so vieles erzählen: von Menschen, die leiden, die betrübt sind, die mißhandelt oder gemartert - ja, wirklich gemartert - werden. Ich könnte euch von der heroischen Stärke vieler Seelen erzählen. Vor unseren Augen und in unserem Verstand entsteht manchmal der Eindruck, als schliefe Jesus und hörte uns nicht; aber Lukas erzählt, wie der Herr an den Seinigen handelt: Die Jünger stießen vom Lande ab. Während sie dahinfuhren, schlief Er ein. Da erhob sich ein Sturm auf dem See. Die Wogen brachen über sie herein, und sie schwebten in Gefahr. Da traten sie an Ihn heran, weckten Ihn und riefen: "Meister, Meister, wir gehen unter!" Er erhob sich und gebot dem Wind und dem tobenden Meer; sie legten sich, und es trat Stille ein. Darum sagte Er zu Ihnen: "Wo ist euer Glaube?" (Lk 8,23-25)

Wenn wir uns hingeben, dann gibt Er sich uns hin. Wir müssen unser ganzes Vertrauen auf Ihn setzen, uns rückhaltlos auf Ihn verlassen und in unserem Tun zeigen, daß Ihm das Boot gehört und daß wir uns Ihm zu eigen geben.

lch schließe damit, daß wir der Fürsprache unserer Mutter Maria folgende Vorsätze anvertrauen: aus dem Glauben zu leben; beharrlich zu sein in der Hoffnung; uns ganz nah an Christus zu halten; Ihn wirklich und wahrhaftig und ganz zu lieben; und dieses Liebesabenteuer als in Gott verliebte Herzen mit Begeisterung und Wonne zu bestehen. Bitten wir unsere Mutter, daß sie uns helfe, Christus in unser armseliges Boot einsteigen zu lassen, damit Er, unser Eigentümer und Herr, von unserer Seele Besitz ergreife. Sie möge uns Mut machen, dem Herrn aufrichtig zu sagen, daß wir versuchen wollen, Tag und Nacht in seiner Gegenwart zu leben, weil Er uns zum Glauben gerufen hat: Ecce ego quia vocasti me! (1 Sam 3,9) Hier bin ich, weil Du mich gerufen hast. Und so werden wir endlich, vom Ruf des Guten Hirten angezogen und in der Gewißheit, allein bei Ihm das wahre Glück, das irdische wie das ewige, zu finden, in seine Hürde eingehen.

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