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Natürlichkeit und Einfachheit sind zwei wunderbare Tugenden, die den Menschen für die Botschaft Christi empfänglich machen. Und umgekehrt, alles Gewundene und Komplizierte, dies Kreisen und Immer-wieder-Kreisen um das eigene Ich wird zu einer Mauer, die die Stimme des Herrn nicht hindurchläßt. Erinnert euch daran, daß Christus den Pharisäern dies zum Vorwurf macht: Sie bewegen sich in einer verschlungenen Welt, in der der Zehnte von Minze, Anis und Kümmel, aber nicht die wichtigsten Forderungen des Gesetzes, Gerechtigkeit und Treue, zählen; sorgfältig sieben sie alles, was sie trinken, damit nur keine Mücke durchrutscht, und verschlucken ein Kamel (Vgl. Mt 23,23-24).

Nein. Weder das Leben eines guten Menschen, der schuldlos Christus nicht kennt, noch das Leben eines Christen muß etwas Sonderbares, Fremdartiges an sich haben. Die natürlichen Tugenden, die wir heute betrachten, zeigen es uns: wahrhaft menschlich ist, wer sich bemüht, wahrhaftig, loyal, aufrichtig, starkmütig, zuchtvoll, großzügig, gelassen, gerecht, arbeitsam, geduldig zu sein. Sich darum zu bemühen, mag schwierig sein, aber es ist nicht sonderbar. Nur die wundern sich darüber, deren Blick von dumpfer Feigheit und Weichheit getrübt ist.

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