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Wir müssen uns bei der Beurteilung aller Ereignisse die göttlichen Maßstäbe zu eigen machen und dürfen niemals den übernatürlichen Blick für die Dinge verlieren; wir müssen davon überzeugt sein, daß Jesus sich auch unserer Erbärmlichkeiten bedient, damit seine Herrlichkeit erstrahlt. Wenn ihr also spürt, daß sich in euer Inneres Eigenliebe, Ermüdung, Mutlosigkeit einschleichen, oder wenn euch das Joch der Leidenschaften drückt, dann reagiert sofort und hört auf den Meister, ohne Angst zu haben vor jener traurigen Realität, der jeder von uns unterworfen ist; denn solange wir leben, werden unsere persönlichen Schwächen uns begleiten.

Das ist der Weg des Christen. Wir empfinden das Bedürfnis, Gott mit festem und demütigem Glauben immer wieder anzurufen: Herr, verlaß Dich nicht auf mich! Wohl aber will ich mich auf Dich verlassen. Wenn wir dann in unserer Seele ahnen, mit welcher Liebe, welchem Mitgefühl, welcher Zartheit Jesus uns ansieht, und wie Er uns niemals aufgibt, dann begreifen wir die Worte des Apostels in ihrer ganzen Tiefe: Virtus in infirmitate perficitur (2 Kor 12,9), die Kraft kommt in der Schwachheit zur Vollendung. Im Glauben an den Herrn werden wir trotz unserer Armseligkeit - ja, gerade durch sie - Gott, unserem Vater, treu sein. Seine Kraft wird erstrahlen und uns in unserer Schwachheit tragen.

Verzeichnis der Schriftstellen
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