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Christliches Herrschen

Der Herr sucht Herzen, die großzügig und wirklich losgelöst sind. Dem werden wir entsprechen können, wenn wir die Taue oder die feinen Fäden, die uns an unser Ich fesseln, mit Entschiedenheit durchschneiden. Ich verschweige euch nicht, daß dieser Entschluß ständigen Kampf verlangt; immer wieder muß man die Pläne des eigenen Dafürhaltens und Wollens zurückstellen und um eine Art des Verzichtens ringen, die - kurz gesagt - mühseliger ist als der Verzicht auf die verlockendsten materiellen Güter.

Jene Losgelöstheit, die Christus gepredigt hat und die Er von allen Christen erwartet, findet notwendigerweise auch ihren sichtbaren Ausdruck. Jesus Christus coepit facere et docere (Apg 1,1), Er begann zu tun und zu lehren, Er verkündete seine Lehre zuerst durch Taten, dann mit dem Wort. Wie oft habt ihr den Herrn als Neugeborenen im Stall betrachtet, habt auf Ihn geblickt, wie Er da in äußerster Armut auf dem Stroh schläft und in einer Krippe seine ersten irdischen Träume hat. Ihr habt auch die Zeit danach vor Augen, da Jesus auf seinen apostolischen Wanderungen so viele Belehrungen zuteil werden läßt, wie zum Beispiel jene eindeutige Warnung für einen Mann, der Ihm als Jünger folgen wollte: Die Füchse haben Höhlen, die Vögel des Himmels Nester. Der Menschensohn aber hat keine Stätte, wohin Er sein Haupt legen könnte (Lk 9,58). Und nicht zuletzt wird euch die Erzählung des Evangelisten wieder einfallen, da er von den Aposteln berichtet, die an einem Sabbat unterwegs waren, Hunger hatten und anfingen, von den Ähren eines Kornfeldes zu pflücken (Vgl. Mk 2,23).

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