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Der Weg des Glaubens ist ein Weg des Opfers. Die christliche Berufung entfernt uns nicht von unserem Platz, aber sie fordert von uns, alles das aufzugeben, was der Liebe zu Gott im Wege steht. Das aufgehende Licht ist nur der Anfang. Wir müssen ihm folgen, wenn wir wollen, daß sein Schein für uns zum Stern, ja zur Sonne selbst werden soll. Der heilige Chrysostomus schreibt: Solange die Weisen noch in Persien waren, sahen sie nichts weiter als einen Stern. Als sie jedoch ihre Heimat verließen, sahen sie die Sonne der Gerechtigkeit selbst. Man kann sagen, sie hätten den Stern nicht weiter gesehen, wenn sie in ihrem Land geblieben wären. Auch wir wollen uns beeilen! Und wenn uns alle daran hinderten, wir wollen zum Haus dieses Kindes laufen (Johannes Chrysostomus, In Matthaeum homiliae, 6,5 [PG 57, 78]).

Festigkeit in der Berufung

"Wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten." Als der König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem (Mt 2,2-3). Noch heute wiederholt sich dieses Geschehen. Angesichts der Größe Gottes, angesichts der mit menschlichem Ernst und tiefer christlicher Überzeugung getroffenen Entscheidung, den eigenen Glauben konsequent zu leben, gibt es immer wieder Leute, die sich darüber wundern, ja, die empört und fassungslos sind. Man könnte sagen, sie kennen keine andere Wirklichkeit als jene, die in ihren beschränkten Horizont paßt. Wenn sie das großzügige Verhalten anderer, die den Ruf des Herrn vernommen haben, wahrnehmen, lächeln sie abschätzig, erschrecken oder richten - dies in Fällen, die geradezu pathologisch anmuten - ihr ganzes Bemühen darauf, einen Menschen, der sich in seinem Gewissen frei für eine heilige Sache entschieden hat, an seinem Weg zu hindern.

Ich selbst habe gelegentlich so etwas wie eine allgemeine Mobilmachung gegen jene erlebt, die sich entschlossen haben, ihr ganzes Leben in den Dienst für Gott und den Nächsten zu stellen. Manche meinen, der Herr dürfe nicht berufen, wen Er wolle, ohne vorher ihre Erlaubnis eingeholt zu haben. Obendrein sind sie noch der Überzeugung, der Mensch sei nicht der vollkommenen Freiheit fähig, die Liebe mit einem Ja aufzunehmen oder auch zurückzuweisen. Für jene, die so denken, ist das übernatürliche Leben einer Seele völlig zweitrangig. Zwar sind auch sie der Meinung, man müsse sich darum kümmern, jedoch unter der Voraussetzung, daß Annehmlichkeiten und die Befriedigung der Bedürfnisse des menschlichen Eigennutzes garantiert sind. Was würde wohl, wäre das richtig, vom Christentum noch übrigbleiben? Sollen wir die liebevollen und zugleich fordernden Worte Jesu nur hören, oder sollen wir sie hören und verwirklichen? Er sagte: Seid also vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist! (Mt 5,48)

Unser Herr richtet sich an alle Menschen, damit sie Ihn suchen, damit sie heilig seien. Er ruft nicht nur die Könige aus dem Morgenland, die weise und mächtig waren. Vorher bereits hatte Er zwar keinen Stern, doch einen seiner Engel zu den Hirten gesandt (Vgl. Lk 2,9). Aber alle, ob arm oder reich, ob weise oder weniger weise, müssen in ihrer Seele die demütige Bereitschaft wachhalten, auf die Stimme Gottes zu hören.

Seht doch, wie es Herodes erging: Er war einer der Mächtigen dieser Erde und konnte sich die Mitarbeit von Gelehrten zunutze machen: Er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und legte ihnen die Frage vor, wo der Messias geboren werden sollte (Mt 2,4). Aber seine Macht und sein Wissen sind für sein verhärtetes Herz nur Mittel zum Bösen: zum sinnlosen Wunsch, Gott zu vernichten, zur Verachtung des Lebens einer Handvoll unschuldiger Kinder.

Im Evangelium lesen wir weiter: Sie antworteten ihm: "Zu Bethlehem in Judäa. Denn so steht beim Propheten geschrieben: Du, Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter Judas Fürstenstädten. Denn aus dir soll hervorgehen der Fürst, der mein Volk Israel regieren wird" (Mt 2,5-6). Wir dürfen diese Details der göttlichen Barmherzigkeit nicht übersehen: Der die Welt erlösen wollte, wird in einem entlegenen Dorf geboren. Und, wie die Schrift nachdrücklich wiederholt, bei Gott gibt es kein Ansehen der Person (Vgl. 2 Chr 19,7; Röm 2,11; Eph 6,9; Kol 3,25 usw.). Um einen Menschen zu einem Leben in Übereinstimmung mit dem Glauben zu berufen, achtet Er weder auf Reichtum noch auf Herkommen, noch auf Wissenschaft. Die Berufung geht jeglichem Verdienst voraus. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, zog vor ihnen her, bis er schließlich über dem Ort stehenblieb, wo das Kindlein war (Mt 2,9).

Die Berufung ist das erste; bevor wir überhaupt wissen, wie wir uns an Ihn wenden können, liebt Gott uns schon und schenkt uns die Liebe, mit der wir Ihm antworten können. Gottes väterliche Güte kommt uns entgegen (Ps 78, 8). Unser Herr ist viel mehr als nur gerecht: Er ist barmherzig. Er wartet nicht, bis wir zu Ihm kommen. Er kommt uns zuvor mit untrüglichen Erweisen seiner väterlichen Liebe.

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